Ein koestliches Spiel
„Wir hatten viele Faustkämpfe um die Ehre meiner Mutter, bis Edwards Hausvorsteher uns sagte, dass es stimmte - Mama war wirklich mit Onkel Frederick fortgelaufen.“
Prudence war entsetzt. Zwei arme kleine Jungen, die in Unwissenheit gehalten wurden und sich selbst überlassen blieben. Und solch grässliche Nachrichten auf so brutale Weise erfahren mussten ... „Und dann, nehme ich an, wurden Sie beide nach Hause geschickt.“
Er warf ihr einen ironischen Blick zu. „Nein, warum denn auch? Wer würde schon zwei unglückliche Jungen zu so einer Zeit im Weg haben wollen? Wir blieben bis Weihnachten in der Schule.“
Prudence drückte ihn fester. Wenn so etwas geschah, brauchte man seine Familie um sich - aber sie wusste natürlich selbst sehr gut, dass man sich nicht immer auf die Familie verlassen konnte. Es war leicht, die Bedürfnisse von Kindern in der Stunde der Not zu übersehen ...
„Es muss schrecklich für Sie beide gewesen sein.“
„Mehr für Edward als für mich. Er verabscheute natürlich das Aufsehen um uns. Das Gerede und die Spötteleien haben ihm sehr zugesetzt - Jungs in dem Alter können sehr grausam sein, und er ist wesentlich empfindlicher als ich.“
Das bezweifelte Prudence. Manche Leute ließen sich ihre Empfindsamkeit anmerken, andere taten so, als mache es ihnen nichts aus.
„Er war ein Narr. Er ließ sie sehen, wie sehr ihr Spott ihn reizte, wissen Sie - er hat dauernd die Beherrschung verloren. Wenn man ihn sich ansieht, würde man es nie für möglich halten, aber der ruhige, sanfte Edward kann zum Tiger werden, wenn man ihm genug zusetzt. Wenigstens konnte er das früher. Er hat sich mit jedem Einzelnen von der Bande geschlagen! Was fatal war. Und natürlich habe ich an seiner Seite gekämpft, obwohl ich wusste, dass es vollkommen sinnlos war.“
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe ihm wieder und wieder gesagt, er sollte sie nicht beachten, versuchen, es mit einem Lachen abzutun ... Zeig einer Gruppe Jungen, dass dir etwas wichtig ist, und es wird zu einer Einladung, es mit Füßen zu treten. Edward litt. Er litt wirklich ... Es wurde so schlimm, dass er monatelang mit niemandem außer mir sprechen wollte. Nicht, dass wir es je diskutiert hätten. Das tut man nicht ... Und schließlich ... wurde es Weihnachten ...“
„Sie durften nach Hause ...“
Er unterbrach sie: „Zwei Tage, bevor ich nach Hause kam, erschoss Papa sich.“
Prudence entschlüpfte ein leises Keuchen. Zwei Tage vor Weihnachten. Er musste gewusst haben, dass sein Sohn kam. Armer, armer kleiner Junge, zu so etwas heimzukehren. „Was haben Sie dann getan? Hat die Mutter des Dukes ...?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein. Es ging ihr immer schlechter, sodass sie fast ein Jahr lang ihr Bett nicht verlassen hat.“
Eine Weile herrschte Schweigen, einzig unterbrochen von dem Klappern der Hufe und dem Knarren des Phaetons, während er über die Straße rollte. Gideon schüttelte den Kopf und bemerkte mit leicht bebender Stimme: „Als ich zur Schule fuhr, war Vater den Tag über unterwegs; meine Mutter und die Dienstboten haben mich verabschiedet. Als ich das nächste Mal nach Hause kam, waren Mutter, Vater und Onkel Frederick alle ... alle tot, und die Dienstboten haben mich mit, Master angesprochen.“
Er zuckte die Achseln und fügte in kräftigerem Ton hinzu: „Es gab eine Menge zu erledigen, weil Vater den Besitz vernachlässigt hatte, während er Mutter folgte.“
Seine Worte berührten sie tief. Sie konnte es genau vor sich sehen. Der junge Lord Carradice, vierzehn Jahre alt, traf zu Hause ein, verwirrt und am Boden zerstört, weil ihm beide Eltern jäh genommen worden waren, zudem unter Umständen, die ein Junge seines Alters nicht begreifen konnte. Seine nächste Verwandte, seine Tante, war von ihrer hilflosen Trauer wie gelähmt, und sein Cousin hatte sich ganz in sich zurückgezogen. Und währenddessen tratschte die vornehme Welt genüsslich über die Tragödie, als wäre es der köstlichste Klatsch.
Der Phaeton fuhr schwankend um eine Kurve. Wolken schoben sich vor den Mond.
Die Dienstboten hatten einen trauernden Jungen „Master“ genannt und sich um Anweisungen an ihn gewandt. Niemand hatte ihn getröstet, niemand hatte ihn in die Arme geschlossen oder ihn weinen lassen, dem Schicksal zürnen, wie es einem trauernden Jungen erlaubt sein sollte.
Und so war aus einem gebrochenen, empfindsamen Jungen ein sorgloser, leichtfertiger und lachender Mann geworden, entschlossen, der Welt zu
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