Ein koestliches Spiel
hier sein. Sie würde das Gespräch mit Lord Carradice rasch hinter sich bringen müssen, denn sie glaubte nicht, dass sie es ertrüge, wenn er bei Phillips Ankunft hier wäre.
Sie strich sich übers Haar und glättete ihre Kleider. In ihr war ein hohler Schmerz. Die Aufregung, sagte sie sich. Sie holte tief Luft und betrat den Raum.
Lord Carradice kam sogleich auf sie zu, viel zu nahe für ihr Wohlbefinden. „Sie sind wirklich blass!“, rief er. „In Ihren Wangen ist ja gar keine Farbe! “
„Daran kann ich nichts ändern“, erwiderte sie steif und machte einen Schritt zurück. Wenn er sie berührte, würde sie zusammenbrechen. Sie musste ihre Kraft bewahren.
Er folgte ihr, blieb so dicht bei ihr stehen, dass sie sein Rasierwasser riechen konnte. Seine Miene war sorgenvoll. „Nein, ich weiß. Es ist meine Schuld. Oh Prudence, entschuldigen Sie, dass ich Sie so bedrängt habe, über Ihre Vergangenheit zu sprechen -es tut mir leid, dass es schmerzhaft war, meine ich. Ich kann nicht bedauern, dass ich es erfahren habe, aber ..."
„Es freut mich, dass Sie es erbaulich fanden“, antwortete sie kühl und machte noch einen Schritt zurück.
„Erbaulich?“ Er runzelte die Stirn. „Ein seltsames Wort. Aber stören Sie sich jetzt nicht dar...“
„Das tue ich nicht.“
Er warf ihr einen merkwürdigen Blick zu, dann kam er wieder näher. „Prudence, es ist nicht wichtig ...“
Sie wich zur Seite aus. „Ich denke schon.“
Er folgte ihr und fasste sie an den Schultern. „Ja, natürlich ist es wichtig, aber ich meinte, dass es für mich keinen Unterschied macht. Ich will Sie! Lassen Sie zu, dass ich mich um Sie kümmere. Lassen Sie sich von mir beschützen. Ich ..."
Das war es, was sie sich so sehr gewünscht hatte. Ein Teil von ihr platzte schier vor Freude und Glück, dass er das sagte. Dass dieser Mann sie wollte ...
Aber sie war ja noch verlobt. Sie war Phillip versprochen. Wie konnte sie mit diesem Mann über Liebe sprechen, ehe sie ihre Verlobung gelöst hatte. Wenn sie das überhaupt konnte ...
Sie musste es.
„Während ich noch verlobt bin, kann ich Ihnen darauf nichts antworten!“ Sie schob ihn von sich und wich wieder zurück, schwer atmend.
„Otterbottom kann Ihnen nichts bedeuten! Sie lieben ihn nicht! Sie können doch unmöglich einen Kerl lieben, der Sie in einer solchen Lage im Stich gelassen hat und vier lange Jahre weggeblieben ist, Sie der Gnade eines ... “
„Phillip ist zurück.“
Ungläubig starrte er sie an. „Zurück?“ Seine schwarzen Brauen zogen sich zusammen. „Wo ist er dann? Wann ist er in England angekommen?“
Das war die entscheidende Frage, dachte sie, sagte aber nur: „Er ist hier in Bath. Er wird in sie schaute zur Uhr auf dem Kaminsims, „... in zwanzig Minuten hier sein.“
„In Bath!“ Er wirkte erschüttert, fasste sich dann aber und erklärte drängend: „Sie können doch nicht einfach da wieder weitermachen, wo Sie aufgehört hatten, Prudence. Sie haben ihn nicht mehr gesehen, seit Sie sechzehn waren. Wenn Sie ihn jemals geliebt haben sollten, dann war das eine Backfischschwärmerei, das ist alles, und selbst, wenn nicht - hätte man Ihnen erlaubt, sich normal in der Gesellschaft zu bewegen, bezweifle ich, dass Sie ihm auch nur eine Minute Ihrer Zeit geschenkt hätten! Von dem, was Sie und Ihre Schwestern so erzählen, hat Ihr Großvater Sie mehr oder weniger wie Gefangene gehalten. Ich habe gehört, dass Gefangene manchmal sogar Freundschaft mit Ratten und Mäusen schließen, so einsam sind sie. Otterboots ist Ihre Ratte, das ist alles, und jetzt sind Sie aus Ihrem Gefängnis entkommen und ..."
„Otterb... Phillip ist nicht meine Ratte. Er ...“
„Nur eine Ratte würde Sie im Stich lassen, nachdem Sie gemerkt haben, dass Sie ein Kind erwarten, Prudence“, fuhr er erbarmungslos fort.
Eine kleine Stille entstand. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
Sie musste mit Phillip sprechen. Ihren Eid zu brechen, jetzt, ohne Phillip erst erklärt zu haben ...
Nein. Sie hatte ihm ihr Versprechen gegeben. Das Mindeste, was sie ihm schuldete, war ein Gespräch, ehe sie in die Arme eines anderen Mannes sank.
So begehrenswert ... so unwiderstehlich diese Arme auch waren ...
Irgendwie gelang es ihr, die Achseln zu zucken und zu sagen: „Aber er ist nun einmal zurück.“ Und sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte.
„Das ist keine Entschuldigung“, erwiderte er. „Ich wäre zurückgekommen - nein, das wäre ich nicht, ich hätte Sie
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