Ein koestliches Spiel
eine unbekümmerte Miene auf. Mit feuchten Händen strich sie über den Stoff ihres Kleides. Sie würde es durchstehen.
Als der letzte Schlag verklang, läutete unten in der Halle die Türglocke. Schon als junger Mann hatte Phillip großen Wert auf Pünktlichkeit gelegt. Es war eine seiner Tugenden.
Shoebridge, der Butler, ging gemächlich zur Eingangstür, blieb stehen, um ein Blumenarrangement zu ordnen, dann, als die Glocke erneut betätigt wurde, öffnete er würdevoll die Tür. Prudence spähte über das Geländer. Die Eingangstür konnte sie nicht sehen, aber sie vernahm leises Stimmengemurmel, dann Schritte auf dem polierten Parkettboden, ehe Phillip schließlich in ihr Sichtfeld trat.
Er hatte sich umgezogen, bemerkte sie, als Shoebridge ihm den hohen Biberhut, den schwarz-silber gemusterten Gehstock und den Mantel abnahm, bevor er ihn in den Salon führte. Sein Haar war sorgfältig gelockt und im neuesten Stil mit Pomade frisiert. Seine glänzend polierten Stiefel zierten kleine Bommeln. Sein Rock war eng geschnitten, an den Schultern wattiert und zur Mitte hin tailliert. Phillip war modisch auf dem neuesten Stand.
Sie schluckte. Das Finale zu einem viereinhalbjährigen Vorspiel. Sie holte tief Luft und stieg langsam die Treppe hinab. Auf der Straße war sie überrascht und unvorbereitet gewesen. Diesmal würde sie es besser machen.
Jahrelang hatte sie sich Phillips Rückkehr ausgemalt. Jetzt aber konnte sie nur an Gideon denken und die Worte, die ihr Herz zum Singen brachten - allerdings verspätet. Wie merkwürdig, dass sie, als er sie ausgesprochen hatte, einzig an Phillip und das bevorstehende Gespräch mit ihm denken konnte.
Sie rief sich sein Gesicht in Erinnerung, als sie ihn gebeten hatte, zu gehen. Ihre Sorge hatte sie ungeschickt gemacht; trotzdem - er hätte warten können, nein, warten sollen, bis sie frei war, zu ihm zu kommen. Frei, Ja zu sagen. Aber sie würde es wiedergutmachen.
Seine wunderbar romantischen Worte barg sie in ihrem Herzen.
Komm, leb mit mir und lass dich lieben
Und uns wird alle Lust beschieden.
Sie hatte keinen Zweifel, dass, wenn irgendjemand dafür sorgen konnte, dass ihnen alle Lust beschieden war, es Gideon war. Sie erschauerte, als sie daran dachte. Weitere Zeilen aus dem Gedicht fielen ihr wieder ein, während sie die Stufen hinunterging.
Dann mach ich dir ein Bett aus Rosen,
Blüten, süß duftend und frisch gesprossen.
Ein Bett aus Rosen. Es würde hie und da einen Dom geben, kein Zweifel, aber mit Gideon - wer würde ihn bemerken? Oder daran Anstoß nehmen?
Pantöffelchen mit Pelz beschlagen
Und darauf setz ich goldene Spangen.
Sie brauchte keine goldenen Spangen auf ihren Pantoffeln - eine alberne Extravaganz. Und auch noch absurd altmodisch. Und außerdem würde sie, wenn sie erst einmal frei war, auch barfuß zu ihm gehen.
Vor dem Salon hielt sie kurz inne. Es war an der Zeit, den Traum von Liebe ohne Preis oder Vorwürfe, von Lust und Betten aus Rosen mit einem dunkeläugigen, lachenden Mann darin beiseitezuschieben. Erst musste sie sich dem stellen, was sie bisher aus ihrem Leben gemacht hatte. Und dann konnte sie weitersehen.
„Phillip“, begrüßte sie ihn, als sie eintrat.
„Meine liebe Prue!“ Phillip durchquerte den Raum, legte ihr die Hände auf die Schultern und küsste sie auf die Wangen.
Sie verfolgte alles leidenschaftslos, als stünde sie neben sich. Er roch nach ... einem exotischen Duft - Patschuli und Moschus vielleicht? Es erinnerte sie irgendwie an den Butler des Duke of Dinstable. Wie seltsam. Hier war sie, wurde von ihrem fast schon verloren geglaubten Verlobten umarmt, und sein Duft erinnerte sie an einen Butler.
Endlich ließ er sie los. „Ach, Prudence, Prudence“, rief er. „Wie erwachsen du geworden bist!“ Er schaute sie einen Moment an, dann küsste er sie auf den Mund.
Prudence, die sich schuldig fühlte, ließ es steif über sich ergehen. Es war nicht so wie früher, wenn er sie geküsst hatte. Seine Lippen waren fordernd, begehrten mehr. Aber sie hielt ihre fest geschlossen.
Seine Leidenschaft war beunruhigend. Damit hatte sie nicht gerechnet, obwohl sie es hätte tun sollen. Soweit es Phillip betraf, waren sie schließlich immer noch verlobt.
Er lockerte seinen Griff, und Prudence machte rasch einen Schritt zurück.
„Immer noch ein schüchternes kleines Mäuschen, wie ich sehe.“
Sie versuchte zu lächeln, um ihre Abweisung abzumildern. „Es ist so lange her, Phillip. Ich ... es tut mir
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