Ein Kuss für die Ewigkeit
fassen kriegen. Wenn er gejagt wird, ist er wie ein Aal im Wasser. Das einzige Mal, dass es eng wurde … aber darüber sollte ich wohl auch besser schweigen.“
Warum nicht? Warum sollte sie nicht mehr über den Mann erfahren, der behauptete, er wolle sie in irgendein Kloster bringen? „Bei diesem einzigen Mal ist er letztlich doch davongekommen, nicht wahr? Aus eigener Kraft, oder habt Ihr ihm geholfen?“
Garreth sah stolz zu Keldra. „Ja, ich habe ihm geholfen. Ich schoss auf ihn.“
„Ihr habt auf ihn geschossen?“, wiederholte Lizette ungläubig.
„Richtig, ich schoss ihm einen Pfeil in den Fuß, weil er sonst Wimarcs Männern gefolgt wäre. Und dann hätten sie nicht nur Ryder, sondern auch ihn gefangen genommen.“
Er zupfte an der Sehne seines Bogens, als wäre er ein Minnesänger, der eine Melodie spielen wollte. „Verratet ihm bitte nicht, dass ich Euch das erzählt habe, Mylady. Ich glaube nämlich, es würde ihm nicht gefallen, und Ihr wollt ihn gewiss nicht wütend erleben.“
Nein, sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie das wollte. „Ich werde nichts sagen.“
Wieder sah er Keldra an. „Und Ihr bitte auch nicht, ja?“
„Ich will überhaupt nicht mit ihm reden. Und ich werde ganz bestimmt nichts von dem wiederholen, was Ihr zum Besten gebt!“, erklärte Keldra mürrisch.
Um die angespannte Atmosphäre etwas zu aufzulockern, erkundigte sich Lizette nach Garreth selber, während sie sich wieder setzte. „Und was ist mit Euch, Garreth? Woher kommt Ihr?“
Der junge Mann zuckte mit den Schultern. „Wo ich geboren bin, weiß ich nicht so genau. London, glaube ich. In meiner frühesten Erinnerung renne ich durch die Straßen, habe einen warmen Brotlaib unter dem Arm, und jemand ruft mir nach, ich sei ein Dieb.“ Er machte eine verbissene Miene, als er Lizette anblickte. „Ihr müsst mich deshalb nicht bemitleiden, Mylady. Ich war nicht der einzige Junge, der auf der Straße lebte. Wir waren wie eine Familie, jedenfalls die meiste Zeit. Und manchmal hatten wir auch unseren Spaß.“
Von jugendlicher Tapferkeit angetrieben, berichtete er von einigen seiner Erlebnisse und war sichtlich stolz darauf, wie knapp er jedes Mal ungeschoren davongekommen war. Ihr war klar, dass jedes seiner Abenteuer ihm ein Ende am Galgen hätte bescheren können. Aber er konnte auch von anderen Begebenheiten berichten, von Kameradschaft, Freundschaft und Loyalität, die deutlich machten, warum Finn ihn in seine Obhut genommen hatte und warum er ihn trotz seines jugendlichen Alters als vertrauenswürdigen Freund und Verbündeten betrachtete.
Sogar Keldra konnte ein gewisses Interesse nicht verbergen, als er in seinen Schilderungen an dem Punkt angelangt war, da Finn ihn rettete. „Aber die Geschichte kennt Ihr ja bereits“, schloss er.
„Ich hoffe, du hast nicht bis zur Bewusstlosigkeit auf die Dame eingeredet.“
Lizette blieb vor Schreck fast das Herz stehen. Finn war wie aus dem Nichts aufgetaucht. Obwohl sie nichts Unrechtes getan hatte, errötete sie, erhob sich und strich ihre Röcke glatt, damit sie einen Moment Zeit hatte, sich wieder zu sammeln.
„Ich darf davon ausgehen, dass Ihr gegessen und Euch lange genug ausgeruht habt“, fuhr Finn fort und wandte sich zum Weitergehen ab. „Und selbst wenn nicht, können wir hier nicht länger bleiben. Wimarcs Männer sind zwar noch weit entfernt, aber im Gegensatz zu uns verfügen sie über Pferde.“
Garreth schnappte sich seinen Beutel und eilte Finn nach, während er es den Frauen überließ, ihnen zu folgen.
„Ich habe ihnen nichts Wichtiges gesagt“, beschwichtigte er Finn, als er ihn eingeholt hatte.
„Das habe ich auch nicht angenommen“, erwiderte der Ire. „Aber hüte dich vor schönen Frauen, Garreth. Sie können einen Zauber wirken, der einen Mann dazu verleitet, ihnen all seine Geheimnisse anzuvertrauen.“
Lady Jane de Sheddlesby kniete in der kleinen Kirche vor der Gedenktafel ihrer Mutter. Es war eine teure Tafel, in die der Name und die Lebensdaten mit viel handwerklichem Können tief eingraviert worden waren, ganz so, wie ihre Mutter es vor ihrem Tod angeordnet hatte.
„Ich möchte, dass es für immer leserlich bleibt“, hatte sie bestimmt, als könnte sie damit sicherstellen, dass sie im Gedenken der Menschen ewig weiterlebte.
Das würde sie ohnehin, jedenfalls in den Erinnerungen ihrer Tochter, wenn auch nicht unbedingt in der Art, die sich die Verstorbene erhofft hatte. Lady Ethel de Sheddlesby war für ihre
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