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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Südafrikanerin, die von Kindheit auf ein Leben zwischen Swimming-Pool, Tennisplatz und Golfplatz geführt hatte, blond, braun gebrannt, durchtrainiert. Allerdings trug sie keinerlei Schmuck und nur eine billige Uhr.
    Jill wechselte ein paar belanglose Worte mit ihnen, machte dann weiter ihre Runde. In den nächsten Tagen würde sie sicherlich Zeit finden, länger mit den einzelnen Gästen zu sprechen. Heute gab es zu viel für den morgigen Tag vorzubereiten. Als sie endlich völlig erledigt ins Bett fiel, war es weit nach Mitternacht.

12
    D er große Tag stieg strahlend hell über den Horizont, die Luft war süß, und der kristallblaue Himmel über ihr erstreckte sich bis in die Ewigkeit. Mit der aufgehenden Sonne besuchte Jill die Gräber, saß unter Christinas Tibouchina und blickte hinaus über das erwachende Land, das, von den ersten Strahlen vergoldet, ihr zu Füßen lag. Ihr Land. Das trockene Gras duftete staubig süß, zwei Lerchen erhoben sich aus dem Meer von goldenen Halmen, stiegen jubilierend hoch, wurden kleiner und kleiner, zu winzigen Punkten, lösten sich in dem unendlichen Blau auf. Ihr Lied wurde vom Wind davongetragen. Es war so still, dass Jill meinte, den Flügelschlag eines Schmetterlings hören zu können. Alle Erdgebundenheit fiel von ihr ab. Für einen schwerelosen Moment war sie frei, ihr Herz klopfte. »Mein Land«, flüsterte sie, »unser Land.«
    Unser Land, wisperten die Blätter, unser Land, antworteten die Felsen. Dein Land, raschelte das Gras.
    Sie konnte Johann und Catherine sehen, ihre Mutter tanzte dort über die flirrenden Grasspitzen, Martin stand lachend da, und sie sah ein elfengleiches Wesen, flüchtig wie ein zartes Wölkchen, mal hier, mal da, nie lange genug, um es zu erkennen, aber sie wusste, dass es das Wesen Christinas war. »Wünscht mir Glück«, flüsterte sie, küsste ihre Fingerspitzen und legte sie auf Martins Grab und dann an den Stamm des Tibouchina. Einen kurzen Augenblick verharrte sie dort mit geschlossenen Augen, spürte, dass sie nicht allein war. Dann wandte sie sich ab. Es war Zeit, den Tag zu beginnen.
    *
    Nils Rogge und Axel Hopper, die sich am Tag vorher, wie die Krusens auch, nach dem Rundgang im Gelände in ihren Bungalow zurückgezogen hatten und nur ab und zu unter lautem Platschen in den Swimming-Pool sprangen, erschienen um acht Uhr auf der Terrasse zum Frühstück. »Guten Morgen, Gräfin, gut geschlafen?«, grüßte Nils Rogge mit ironischem Zwinkern. Er trug ein schwarzes T-Shirt und ausgeblichene Jeans und hatte beeindruckende Muskeln. Und breite Schultern. Und unglaublich blaue Augen. Gletscherblau.
    Jill rief sich zur Ordnung, sank mit spöttischem Lächeln in einen angedeuteten Hofknicks. »Guten Morgen, Mylord, wünschen Mylord Frühstück?«
    »Touché«, antwortete der Journalist breit grinsend, blankes Vergnügen leuchtete ihm aus dem Gesicht.
    »Oh, meine Güte, eine Gräfin! Das wusste ich nicht. Meinst du, wir können sie trotzdem Jill nennen?«, tuschelte Iris Krusen im Theaterflüsterton ihrem Mann ins Ohr.
    »Hören Sie nicht auf Herrn Rogge, er scheint gern zu scherzen«, lächelte Jill und schaute sich dabei zufrieden auf der Terrasse um. Fünf der sechs Tische waren besetzt, die Mischung der Gäste schien harmonisch, schon ergaben sich untereinander Kontakte. Die Deutschen, ein attraktives Ehepaar um Ende vierzig namens Barkow, sprachen Englisch offenbar so gut wie Deutsch, was die Unterhaltung in Fluss hielt. Auch Krusens sprachen Englisch, aber nicht so fehlerfrei wie Barkows. Sie sah auf die Uhr. Um fünf Uhr nachmittags war offizielle Eröffnung. Das ließ ihr noch zweieinhalb Stunden, die Gäste herumzuführen.
    Im Geiste hakte sie ab, was sie noch zu tun hatte. Mit Nelly und Ellen, Titas legendärer Herrscherin über alles Kulinarische, noch einmal das Essen besprechen. Das Personal von Angelicas Restaurant, das sie ihr für heute ausgeliehen hatte, in den Service einweisen. Mit Ben musste sie, stellvertretend für die anderen Farmarbeiter, abstimmen, wann sie mit ihrem Beitrag beginnen würden. Tänze waren geplant, Gesänge, eine Begrüßungszeremonie mit selbst gebrautem Hirsebier und ein Stockkampf zwischen den beiden besten Kämpfern der Region. Es hatte einige Überredungskunst gebraucht, Ben und die Seinen davon abzuhalten, ein rauschendes Fest zu veranstalten. Selbstverständlich würden alle Mitglieder aller Familien erscheinen. Nach Zulusitte wurde das erwartet, auch, dass sich der Gastgeber hocherfreut

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