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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Studentenschaft sauber in der Mitte gespalten, reihenweise jahrelange Freundschaften in offene Feindschaften verwandelt. Sie vermutete, dass die Schädel noch immer Seite an Seite in der Tiefkühltruhe neben ausgeweideten Haikadavern lagerten.
    Eine Viertelstunde später hatte sie alle Bilder, die sie brauchte, verabschiedete sich mit einem Winken und flüchtete. Als sich die Glastüren hinter ihr schlossen, umfing sie die weiche Wärme des Frühsommertages. Der Seewind fächelte sanft, die Palmen raschelten, die Zuckerrohrfelder wogten in grünen Wellen den langen Hang hinab, ein Schwarm winziger brauner Vögel saß zirpend in einem Hibiskusbusch. Im Norden, über den Hügeln, hinter denen Inqaba lag, stand eine schwarzviolette Wolkenwand. Blitze sprangen von Wolke zu Wolke, ein grauer Regenschleier lag über dem Land. Nelly hatte Recht behalten. Aber was sollte schon passieren?
    Die Besuche beim Schneider und im Blumenladen verliefen kurz und problemlos. Danach rief sie Tommy an. Das Telefon klingelte und klingelte, doch nur der Anrufbeantworter schaltete sich ein. »Tommy, geh dran, ich bin’s, Jill …« Sie lauschte. Nichts. »Na, die muss ja verdammt hübsch sein … und verdammt gut«, diktierte sie und legte enttäuscht auf. Sie sah auf die Uhr. Es war erst drei, genug Zeit, um kurz bei Lina vorbeizufahren.
    Lina und Marius Konning waren außer Angelica und Alastair Farrington die besten Freunde, die sie hatte. Lina stand kurz vor ihrem Examen als Zahnärztin, Marius war frisch gebackener Chirurg, dabei, sich auf Herzchirurgie zu spezialisieren. Sie bewohnten ein Haus in La Lucia, ganz in der Nähe der Baustelle, wo sie Martin abholen musste. Es stammte aus den sechziger Jahren und war ausgesprochen hässlich. Alle Wasserleitungen liefen außen an den Mauern entlang, es war zwar geräumig, aber der Grundriss war einfallslos und unpraktisch.
    »Ihr solltet den Kasten abreißen lassen«, hatte Martin ihnen geraten, als sie eingezogen waren, »das Haus ist Schrott.« Wichtigtuerisch rammte er seinen Autoschlüssel in marode Fensterrahmen, rüttelte an Türrahmen, kratzte brüchigen Mörtel zwischen den Steinen heraus. Dann inspizierte er die Nachbarhäuser rechts und links, prüfte den Meerblick über dem grün glasierten Ziegeldach des vorderen Nachbarn, das unter dem Niveau von Linas Garten lag. »Das Grundstück ist in Ordnung, würde sich lohnen, ein richtig schönes Haus draufzusetzen. Ich mach euch einen guten Preis.«
    Marius hatte nur gelacht, allerdings ohne Fröhlichkeit, und Jill versank in Scham. Die Konnings hatten sich unsterblich in das Grundstück verliebt, sich bis zum Stehkragen überschuldet, um es kaufen zu können. Sie sagte das Martin leise.
    »Das heißt fünfmal in der Woche Spaghetti, einmal Pfannkuchen, sonntags Hühnersuppe und Rauchen aufgeben, das bringt’s«, grinste er angeberisch, »so bin ich bei meinem Architekturstudium in Deutschland über die Runden gekommen.«
    Jill hätte ihn treten können. Jetzt parkte sie unter dem Hibiskusbaum, der im rosa Blütenflor prangte. Ein schwarzköpfiger gelber Webervogel pickte eine Blüte nach der anderen von hinten auf, um den Nektar zu trinken, riss sie dann ab und ließ sie auf die Erde segeln. Jill ging über den Blütenteppich und klingelte.
    Das große Eisentor fuhr mit rostigem Quietschen auf. Lina, die dunkelbraunen Haare zu einem schwingenden Pferdeschwanz gebunden, kam im Bikini um die Ecke. »Hi, Jilly, welch nette Überraschung«, rief sie aus, »komm rein, schieb die Sachen da vom Liegestuhl und hau dich hin. Ich sag Annabel Bescheid, dass sie uns Kaffee macht. Bin gleich da.« Mit diesen Worten verschwand sie durch die Vordertür im Haus.
    Zu Lina fielen Jill immer nur Verben ein, die Bewegung beschrieben. Tanzen, springen, wirbeln, flattern. Ruhe und Gelassenheit waren Gegenpole zu Lina. Jill folgte der Aufforderung und ging ums Haus nach vorn. Zwei Liegestühle standen auf dem Rasen unter niedrigen Palmen und Blütenbüschen, ganz vorn am Abhang über dem Vorderhaus, und als sie sich vorlehnte, konnte sie sogar die Brandung sehen. Notizen und Bücher stapelten sich, mit einem Stein beschwert, auf dem leeren Stuhl. Sie schob sie zur Seite und setzte sich, plötzlich froh über die Pause. Sie achtete darauf, dass der Wind den Trangeruch aus ihrer Kleidung wegtrug.
    Die Palmen über ihr knatterten im Seewind, es war diesig, und eine diffuse Sonne schien durch milchige Wolken, über dem Horizont türmten sich schieferblaue

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