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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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Schweigend sah ich zu, wie Endo die Speisen wie ein Wolf in sich hineinschlang, nur kurz unterbrochen durch vorsichtige Blicke in die Runde, als würde er einen Hinterhalt befürchten.
    Dann, nach einer erstaunlich kurzen Zeit, waren meine Vorräte verschwunden. Mit dem vollen Magen schien auch etwas mehr Vertrauen in unsere guten Absichten zurückgekehrt zu sein. Jedenfalls machte der Junge keine Anstalten, nach Speis und Trank sogleich das Weite zu suchen.
    »Wer seid Ihr?«, sagte er leise. Ein wohltuender Kontrast zum Geschrei vorher. Ich belohnte diese Verhaltensänderung mit einer ehrlichen Antwort.
    »Ich bin der Baron von Tulivar, der neue Herr der Baronie und damit auch Felsdoms.«
    Endo sah mich mit neu erwachtem Interesse an. Die Feindseligkeit war aus seiner Haltung fast vollständig verschwunden.
    »Es gibt einen neuen Baron?«
    »So ist es.«
    »Ihr kommt zu spät.«
    Ich hatte das vor Kurzem bereits gehört und reagierte genauso gelassen wie damals.
    »Offenbar nicht zu spät für dich«, meinte ich. »Du bist nicht geflohen.«
    Endo senkte den Kopf. »Ich weiß nicht, wohin. Ich war auf der Jagd für meinen Vater. Ich kam nach zwei Tagen zurück und niemand war mehr da. Ich habe mich versteckt, als Eure Leute Felsdom betreten haben.«
    Er zögerte. »Wisst Ihr, wo meine Familie ist?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Alle Häuser sind leer. Du bist der Einzige, den wir gefunden haben.«
    Ich sah, dass der Junge etwas mit den Tränen kämpfte. Ich fühlte mich hilflos. Woldan beugte sich zu ihm herab, drückte die schmalen Schultern. Endo schaute hoch und versuchte ein Lächeln. Woldan war gut mit Kindern. Er hatte einst selbst welche gehabt.
    »Was könnte deine Leute dazu gebracht haben, Felsdom zu verlassen?«, fragte ich.
    Endo sah in Richtung der Berge. »Das ist doch klar. Die Gebirgsstämme müssen wieder gekommen sein.«
    »Wieder?«
    Endo zuckte mit den Schultern. »Sie kommen alle drei oder vier Jahre, sagt mein Vater. Aus den Tälern des Nordgebirges. Sie gucken, ob es was zum Plündern gibt, oder erpressen Geld, immer nur so viel, damit es sich im nächsten Jahr auch wieder lohnt. Früher haben sie sich das nicht getraut , aber seit dem Krieg gibt es hier niemanden mehr, der sie davon abhält.«
    »Sind es viele? Hat man keine Bürgerwehr aufgestellt?«
    »Weiß nicht. Als sie das letzte Mal kamen, war ich noch klein. Aber Bürgerwehr? So viele sind wir hier doch gar nicht mehr. Viele sind aus Felsdom weggezogen. Die Stadt ist sowieso halb leer. Einige haben sich sogar den Gebirgsvölkern angeschlossen, weil die es besser haben als wir.«
    »Besser?«
    »Die mussten nicht in den Krieg ziehen. Sie wurden auch nie angegriffen. Im Frühling und Sommer sind die Täler sehr fruchtbar. Und sie sind dünn besiedelt, sagt mein Vater. Er hat auch schon überlegt, dorthin überzusiedeln. Aber meine Mama mag die Berge nicht so. Und außerdem kann sich dort niemand niederlassen, der nicht vom Hetman der Gebirgsvölker dazu die Erlaubnis erhielt.«
    Ich horchte auf. Ein Hetman deutete auf eine neue Hierarchie im Norden hin, etwas, das es meines Wissens vorher nicht gegeben hatte. Die kleinen Völkchen, die die Täler bewohnten, galten traditionell als sehr zerstritten und uneins und waren allein deswegen kaum eine Gefahr. Wenn es dort jetzt eine neue Einigkeit gab und wenn dieser Hetman beschließen sollte, dass Tulivar ein leichtes Opfer für seine Krieger sei, könnte sich dies als fatal für mich erweisen.
    »Der Hetman regiert die Bergvölker«, meinte Endo. »Er ist vor etwa zehn Jahren aus dem Norden gekommen, sagt man.«
    »Im Norden ist doch nichts mehr«, erwiderte ich verwundert. »Ein kleiner Küstenstreifen jenseits der Berge und dann das Meer.«
    Endo wirkte ratlos. »Man sagt es.«
    »Und hat dieser Hetman einen Namen?«
    Endo schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Einfach Hetman, so nennen wir ihn.«
    Ich würde nicht sehr viel mehr darüber von ihm erfahren.
    »Wohin könnten deine Leute geflohen sein?«, fragte Woldan. »Gibt es ein übliches Versteck?«
    Für einen kurzen Moment flackerte neues Misstrauen in den Augen des Jungen, doch dann nickte Endo und er zeigte grob in südliche Richtung.
    »Es gibt eine große Erdhöhle, die wir ständig erweitern und ausbauen, einen halben Tag Fußmarsch von hier. Das ist unser Versteck. Aber letztes Jahr ist sie eingestürzt, weil die Balken morsch waren. Sie können dort nicht sein, nicht diesmal.«
    »Wir werden es uns trotzdem anschauen«,

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