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Ein magischer Walzer

Titel: Ein magischer Walzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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Garderobenschrank? Das hat doch Spaß gemacht, oder?“ Eine längere Pause entstand. Schließlich fragte er: „Warum hast du eigentlich nicht deine Hutnadel benutzt?“
    Sie schaute weg und biss sich auf die Lippe.
    „Du könntest sie jetzt nehmen, wenn du magst.“
    Mit zittriger Stimme sagte sie: „Mr. Bemerton, warum tun Sie das? Sie können mich unmöglich begehren! Warum also machen Sie sich über mich lustig?“
    „Elinore, glaub mir, ich mache mich nicht über dich lustig.“ Giles drückte sie sachte nach hinten und küsste sie zart auf die bebenden Lippen. „Und du hast keine Ahnung, was möglich ist und was nicht.“ Er küsste sie wieder, weniger zart.
    Sie machte ein Geräusch tief in der Kehle. Ihre Hand zuckte, glitt zu ihrem Oberteil, verharrte zitternd, dann weiter zu seinem Nacken. Von dort aus schob sie sie schließlich in sein dickes, goldenes Haar.

16. KAPITEL
    Hope stand auf dem Dach und blickte auf London, das vom silbernen Licht des abnehmenden Mondes und dem der Gaslaternen auf den Straßen beleuchtet wurde. Sebastian nahm ihren Samtmantel und hüllte sie in die weichen Falten. Sie schien unter dem Gewicht zusammenzusacken, obwohl er gar nicht so schwer war.
    Sie drehte sich um, ihr Gesicht blass; sie schaute ihn an. Er war darauf gefasst, dass die Reaktion einsetzte, sie in Tränen ausbrach, doch sie überraschte ihn.
    „Ich muss mich entschuldigen“, erklärte sie mit gefasster Stimme, in der nur noch der Anflug eines Zitterns zu hören war. Sie sah unaussprechlich schön und traurig aus.
    Sebastian schluckte. „Weswegen?“
    Sie hob eine Augenbraue und erklärte sarkastisch: „Weil ich Angst hatte, als ich in einem Schrank eingesperrt war? Ein schlichter, harmloser Besenschrank. Noch nicht einmal mit Spinnen! “ Sie sagte das wie auswendig gelernt. In ihrer Antwort lag ein Grad an Selbstverachtung, der ihn schockierte.
    Er goss Brandy in ein Glas und gab es ihr. „Manchmal sind unsere Ängste stärker als wir, egal, wie sehr wir uns bemühen. Deswegen muss man sich nicht schämen. Jetzt trink das. Danach wird es dir besser gehen.“
    Sie nahm das Glas und starrte ihn an: „Ein Wandschrank! Was für ein Feigling hat Angst vor einem schlichten Schrank?“ Angewidert schloss sie die Augen. „Und ich war noch nicht einmal allein. Was muss Lady Elinore von mir denken?“
    „Sie hat sich dabei nichts zu denken!“, knurrte Sebastian. „Mach dir deswegen keine Sorgen, hörst du? Jetzt trink den Brandy!“
    Einen Moment schaute sie ihn stumm an, dann verschwand der bittere Ausdruck aus ihren Augen. Sie lächelte reuevoll. „Vermutlich wirst du ihr einfach befehlen, nicht schlecht von mir zu denken.“
    „Nein.“ Sebastian schüttelte den Kopf. Er hatte sie angefahren wie ein Vorarbeiter in der Fabrik! Kein Wunder, dass sie meinte, er würde einer Dame vorschreiben, was sie zu denken habe. „Lady Elinore hat ein gutes Herz. Sie wird es verstehen.“
    „Ja, das stimmt. Aber wer kann schon die Furcht vor einem Schrank verstehen?“, fragte sie so traurig, dass er sie wieder in seine Arme schließen wollte. Sie wandte sich von ihm ab, stellte ihr unberührtes Glas auf die Balustrade und schaute auf die Straße unten. Sebastian musterte sie hilflos. Am liebsten hätte er sie fest an sich gedrückt, gezwungen, seinen Trost anzunehmen. Er hasste diesen Ausdruck von Scham und Elend in ihren Augen. Was sollte er nur tun?
    Ihr Umhang glitt ihr von der Schulter. Er trat vor und legte ihn wieder um sie. Seine Arme blieben um ihre Taille gelegt, stützten sie. Noch konnte er die schwachen Schauer spüren, die sie durchliefen. Er zog sie an seine Brust, bot ihr seine Wärme und Stärke an. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen ihn, starrte betrübt über die Dächer Londons. Ihr Haar war unordentlich und leicht feucht. Er atmete ihren Duft ein. Sie schien untröstlich.
    Er sagte die ersten Worte, die ihm in den Sinn kamen. „Ich kannte einmal einen Mann in der Weberei, ich war selbst noch ein Junge. Er hieß Reuben Davy, ein großer, kräftiger Kerl. Reuben konnte alles tragen. Ich hielt ihn für den stärksten Mann der Welt. Er kämpfte auch, war Meister der Grafschaft.“
    Sie verriet durch nichts, ob sie ihm zuhörte. Eine leichte Brise wehte ihre Locken durcheinander. Unten schob ein Mann in einer Schubkarre seine Waren nach Hause, eine Kutsche fuhr vorüber; die Hufe der Pferde klapperten laut auf dem Kopfsteinpflaster.
    „Eine Sache aber gab es, die Reuben auf keinen Fall tat: in

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