Ein Mann von Ehre
führte sich sehr viel unangenehmer auf. Feindselig betrachtete sie ihn und fragte: „Wer ist das? Seine Haut ist so braun!“
„Er kommt aus Indien, Sarah, wo die Sonne sehr viel heißer als bei uns vom Himmel brennt“, sagte Rosalyn hastig.
„Hat er keinen Sonnenschirm?“
„Mein Vater hat eintausend Sonnenschirme“,antwortete Jared verächtlich. „Manche von ihnen sind sogar größer als dieses Zimmer. Du bist ein dummes, unwissendes Kind. Die Menschen bei uns sind alle dunkelhäutig. Für uns sind Europäer seltsame Wesen, weil sie eine so helle Haut haben, die leicht in der Sonne verbrennt.“
Sarah schnappte nach Luft. Noch nie hatte jemand in dieser herablassenden Weise mit ihr geredet, und sie wusste nicht, wie sie darauf reagieren solle. Der fremde Junge strahlte jedoch etwas Gebieterisches aus, sodass sie sich entschied, nichts zu erwidern.
Die Tante und Rosalyn schauten sich an und bemühten sich, nicht zu lachen. Maria hingegen war sichtlich schockiert.
Jared richtete den Blick auf die zu seinen Füßen liegende Hündin, und das brachte Rosalyn auf den Einfall, ihm vorzuschlagen: „Geh doch mit Sarah und Sheba in den Park, Jared. Meine kleine Cousine war noch nie dort. Du könntest ihn ihr zeigen.“
„Ja, mein Kind“, fiel Susan ein. „Ein wenig frische Luft kann dir nicht schaden.“
„Na, dann komm!“, befahl Sarah dem Jungen. „Ich will den Park sehen.“
Einen Moment lang wirkte Jared verärgert, doch dann schaute er Miss Eastleigh an. „Da Sie es wünschen, Madam, werde ich mit dem … Kind in den Park gehen.“
Er war vierzehn und Sarah nur ein halbes Jahr jünger. Aber da er ein Mann war, fühlte er sich natürlich dem Mädchen überlegen.
Sheba folgte den beiden, als sie den Salon verließen. Kaum waren sie außer Hörweite, schauten die Tante und Rosalyn sich belustigt an und brachen dann in Lachen aus.
Da die Terrassentüren geöffnet waren, vernahm man von Zeit zu Zeit das Gelächter der Kinder, in das sich das Gebell des Hundes mischte.
Eine halbe Stunde später kehrten Sarah, Jared und der Hund zurück. Das Mädchen hatte rosige Wangen, und die Kleidung sah etwas unordentlich aus.
„Morgen gehe ich zu Jared zum Tee!“, verkündete Sarah. „Das darf ich doch, nicht wahr, Großmama?“
„Du solltest Rosalyn fragen“, antwortete Mrs. Buckley. „Ich reise morgen ab.“
Sarah richtete die großen Augen auf Rosalyn. „Bitte, erlaub es mir. Jared hat mir versprochen, mir viel zu zeigen.“
„Nun, wenn er dich eingeladen hat, sehe ich keinen Grund, warum ich dir den Besuch bei ihm verbieten sollte“, erwiderte Rosalyn. „So, und nun bringe ich dich nach Haus, Jared.“
Sogleich verlangte Sarah, mitkommen zu dürfen. Ihre Großmutter lehnte dieses Ansinnen jedoch nachdrücklich ab.
Nachdem er sich verabschiedet hatte, verließ Rosalyn mit Jared das Haus. Es war ein schöner, sonniger Nachmittag, und sie freute sich, doch noch einige Zeit ungestört mit dem Jungen verbringen zu können.
„Du hast dich sehr nett zu Sarah benommen“, meinte sie, während sie sich auf den Weg nach Orford Hall machten. „Manchmal kann sie sehr anmaßend sein. Leider wird sie von ihrer Mutter sehr verzogen. Daher fände ich es gut, wenn sie sich, solange sie hier ist, mit jemandem abgeben kann, der in ihrem Alter ist.“
„Im Haus meines Vaters hätte kein Kind es gewagt, so wie sie mit mir zu reden. Aber ich kann sie ertragen“, setzte Jared großmütig hinzu. „Für ein Mädchen ist sie ganz in Ordnung.“
Rosalyn hielt es für richtiger, sich nicht nach seinem Zuhause zu erkundigen. Er musste von sich aus dazu bereit sein, sich ihr anzuvertrauen.
„Vielleicht kannst du ihr bessere Manieren beibringen“, schlug sie vor. „Sie ist wirklich ein ziemlich verwöhntes Kind.“
Schweigend ging man weiter und war fast beim Haus angekommen, als Rosalyn plötzlich Mr. Wrexham sich in Reitgarderobe nähern sah. Sofort machte ihr Herz einen Sprung.
„Guten Tag, Miss Eastleigh“, begrüßte Damian sie. „Ich bin früher als erwartet nach Haus zurückgekommen. Darf ich Sie auf eine Erfrischung zu mir bitten?“
„Nein, vielen Dank, Sir. Ich kann leider nicht verweilen. Meine Tante ist bereits eingetroffen. Da sie schon morgen abreist, muss ich mich um sie kümmern.“
„Dann gestatten Sie mir wenigstens, Sie ein Stück des Wegs zu begleiten.“ Damian schaute den Prinzen an. „Wir sehen uns später, Jared. Du hast heute deine Schulaufgaben vernachlässigt und musst
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