Ein Mann von Ehre
jedoch nicht, das Parkett zu verlassen.
Ihre Bereitschaft zu tanzen war bemerkt worden. Etliche Herren, die ihren Namen auf der Tanzkarte eingetragen wissen wollten, umringten Rosalyn, und sie musste auf deren Wünsche eingehen, um keinen schlechten Eindruck zu machen.
Es überraschte sie etwas, wie begehrt sie war. Nach ihrem gesellschaftlichen Debüt war sie nicht besonders erfolgreich gewesen. Da sie nicht eitel war, konnte sie nicht wissen, wie prächtig sie sich seither entwickelt hatte. Als Mädchen war sie schlaksig und schweigsam gewesen, doch nun zog ihre strahlende Schönheit gleichermaßen jüngere und ältere Herren an. Und dank ihrer Schlagfertigkeit und ihres gewinnenden Wesens hatte sie viele Bewunderer.
Trocken lächelnd beobachtete Damian sie. Natürlich konnte er nicht davon ausgehen, dass andere Männer nicht das sehen würden, was ihm schon bei der ersten Begegnung mit ihr aufgefallen war. Sie strahlte Sinnlichkeit und Charme aus und stellte alle anderen hübschen jungen Damen in den Schatten. Sie vereinte in sich alles, was ein Mann sich bei einer Frau nur wünschen konnte. Diese Ausstrahlung fand man nicht sehr oft bei noch unverheirateten Frauen, eher bei einer Frau, die bereits mehrere Jahre mit einem von ihr ungeliebten Mann vermählt und willens war, sich einen Liebhaber zu nehmen.
Für eine Dame ihres Standen hatte Rosalyn ein seltsames Leben geführt. Sie hatte Stil, war schön und intelligent und obendrein sehr unabhängig. An diesem Abend mischten sich ihre Vorzüge zu einem unwiderstehlichen Ganzen, das jeden noch ledigen Mann im Ballsaal unweigerlich anzog.
Damian erkannte einige der Männer, die von ihrer Aura betört waren, und furchte die Stirn. Die jungen Herren tat er als unwichtig ab, doch es gab zumindest drei ältere, die einen mehr oder weniger untadeligen Ruf hatten und aus sehr angesehenen Familien stammten.
In der Jugend war Davenport ein ziemlicher Frauenheld gewesen. Jetzt war er fast vierzig Jahre alt und trachtete danach, sesshaft zu werden. Marksby hatte erst vor Kurzem den Titel des Earls of Salter geerbt und war angeblich auf der Suche nach einer zweiten Gattin. Seine erste Frau war gestorben, ohne ihm den erwünschten Stammhalter geboren zu haben. Sir Edward Foster war ein anständiger Mensch, der jedoch ein leicht wichtigtuerisches Auftreten hatte. Aber alle diese Männer konnten Rosalyn eine gesicherte Zukunft bieten und eine beneidenswerte gesellschaftliche Stellung. Das war sehr viel mehr, als Damian ihr offerieren konnte.
Plötzlich überkamen ihn Zweifel, und er fragte sich, was er hier wollte, wieso er sich gedacht hatte, er habe das Recht, Rosalyn für sich zu beanspruchen. Er war ein Narr und hätte daran denken müssen, dass es Wichtigeres für ihn zu erledigen galt. Er wandte sich ab. Es war an der Zeit, das Haus zu verlassen, um den verschiedenen Hinweisen auf Bernard Harrington nachzugehen, die der Freund ihm zuvor gegeben hatte.
„Du willst doch wohl nicht schon fort?“, fragte Hugh, als Damian ihm beim Eingang zum Ballsaal begegnete. „Ich dachte, du amüsierst dich gut mit Miss Eastleigh. Sie ist eine Schönheit, nicht wahr? Ich begreife nicht, warum sie sich in all diesen Jahren versteckt hat. Würde ich meine Frau nicht so lieben, käme ich gewiss auf den Gedanken, Miss Eastleigh den Hof zu machen.“
„Ja, sie ist sehr hübsch“, erwiderte Damian ruhig. „Aber jeder andere Mann ist besser für sie als ich, Hugh. Welches Recht habe ich, Sie zu meinen Lebensumständen zu zwingen?“
„Du denkst schon wieder an dieses Duell. Aber das ist lange her, Damian. Du kannst Helen nicht zum Leben erwecken. Vergiss deine Rachepläne und heirate die hübsche Amazone.“
„Du meinst, ich soll wieder meinen angestammten Platz in der Gesellschaft einnehmen?“ Damian lachte harsch auf. „Seit ich in der Stadt weile, bin ich nur von dir eingeladen worden. Welche Art Leben wäre dieser Zustand für eine Dame wie Miss Eastleigh? Sieh sie dir doch an! Sie hat es verdient, glanzvoller Mittelpunkt zu sein. Sie hat jemanden wie Foster oder Davenport verdient.“
„Du willst sie dazu verdammen, zwischen einem Frauenhelden und einem Langweiler zu wählen?“ Erbost schaute Hugh den Freund an. „Schäme dich, Damian! Du bist eine bessere Partie, als jeder der beiden es für sie wäre. Überlass es ihr zumindest, sich selbst zu entscheiden. Ich bin überzeugt, dazu ist sie sehr gut imstande.“
„Vielleicht hast du recht.“ Damian entspannte sich
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