Ein Mann wie Mr Darcy
meinem Buch zu.
»Über seinen Charakter war das Urteil gefällt: Er war der hochmütigste, unangenehmste Mann der Welt, und alle hofften, er werde nie wieder an einem Fest teilnehmen.«
Draußen hörte ich eine Autotür zuschlagen, laut genug, um sie beinahe aus den Angeln zu reißen. Ich bin halb versucht, wieder hinzusehen, beherrsche mich aber. Jetzt kann ich die Frau ebenfalls hören, wenn ich auch nicht verstehe, was sie sagt, weil sie ihn auf Französisch anschreit.
Wieder und wieder lese ich dieselbe Zeile.
Ich gebe meiner Neugier nach und sehe aus dem Fenster, gerade noch rechtzeitig, um den Renault mit Vollgas und gequält aufjaulendem Getriebe wenden zu sehen. Er schleudert herum, bremst, schießt nach vorn und rast aus dem Parkplatz.
Meine Güte, was war denn da los?
Ich sehe wieder zu dem Mann. Er steht da, die Ledertasche und Aktenmappe auf dem Boden, den Laptop über die Schulter gehängt, während sein abgewetztes Cord-Jackett im Wind flattert. Er fährt sich mit den Fingern durch sein zerzaustes blondes Haar und starrt dem Renault nach, als könnte er kaum glauben, dass er mitten auf einem Parkplatz stehen gelassen worden ist – im Regen. Beim Anblick seiner traurigen Gestalt überkommt mich Mitleid.
Andererseits hat er eine Frau angeschrien. Er ertappt mich dabei, wie ich ihn anstarre. Eilig wende ich den Blick ab. Wahrscheinlich hat er es nicht anders verdient.
Nachdem das Drama beendet ist, wende ich mich wieder meinem Buch zu, aber kaum habe ich die Stelle gefunden, wo ich geendet habe, höre ich, wie sich die hydraulischen Türen des Busses öffnen und Applaus aufbrandet. Halleluja. Der letzte Passagier muss eingetroffen sein.
Ich höre, wie Maeve mit der Zunge schnalzt. »Neugieriges Volk. Was soll denn der Wirbel?« – sagt die Frau, die ihren Kopf im rechten Winkel auf den Gang hinausstreckt.
Ich lese weiter. Maeve kommt offensichtlich aus irgendeinem verschlafenen irischen Dörfchen, wo nichts passiert. Wahrscheinlich ist dies das Spannendste, was sie seit langem erlebt hat. Ganz im Gegensatz zu mir, die im täglichen Gewimmel einer pulsierenden Metropole wie New York lebt, der Stadt, die niemals schläft. Ich sehe jeden Tag bei weitem aufregendere Dinge als so etwas, deshalb ist es keine große Sache.
Emily, wem willst du etwas vormachen? Die Stadt, die niemals schläft? Pulsierende Metropole? Du bist genauso neugierig wie Maeve.
Ich lege die Hände um die Kopfstütze vor mir und ziehe mich hoch, um einen Blick auf die kleine alte Dame zu erhaschen. Nur dass die Reisende keine kleine alte Dame ist.
Er ist es. Der Typ aus dem Renault.
Ich spüre, wie sich etwas in mir regt. Wüsste ich es nicht besser, würde ich sagen, es ist Aufregung. Das ist doch nicht … Ich meine, das kann nicht sein … das kann doch auf keinen Fall der Passagier sein, auf den wir noch warten, richtig? Falsch. Inzwischen spricht er mit Miss Staene, unserer Reiseleiterin, die mit vorwurfsvollem Blick auf ihre Uhr tippt. Mit weit ausholenden Gesten redet er wie ein Wasserfall auf sie ein, während er versucht, sein widerspenstiges Hemd in die Hose zu stopfen, das sich weigert, in seinem Hosenbund zu bleiben.
Dann scheint er plötzlich Ernie, unseren Fahrer, zu bemerken und hält mitten im Satz inne, um ihm einen wütenden Blick zuzuwerfen. Oho, der Typ hat wohl ziemlich schlechte Laune. In diesem Moment kommt er den Gang hinuntergepoltert, wobei er die anderen Reisenden auf ihren Plätzen mit seinem Laptop und seiner Aktentasche anrempelt. Plötzlich schaut er mir direkt in die Augen, und ich lächle höflich.
Er erwidert mein Lächeln mit einem stockfinsteren Blick.
Was soll das denn?
Ich bin empört.Was für ein Arschloch! Ich versuche doch nur nett zu ihm sein. Wütend starre ich zurück. Er geht an mir vorbei nach hinten und lässt sich auf den leeren Platz fallen. Aufgebracht setze ich mich wieder hin. Der Fahrer lässt den Motor an, und während wir langsam den Parkplatz verlassen, beschließe ich, ihn ab sofort zu ignorieren.
Obwohl er ein gut aussehender Fremder ist, meldet sich eine leise Stimme in meinem Kopf.
Für den Bruchteil einer Sekunde gerate ich ins Schwanken, aber nur für den Bruchteil. Und wenn schon? Das ändert gar nichts. Er ist und bleibt ein Arschloch, und ich werde ihn trotz allem ignorieren. Absolut und gnadenlos. Die ganze Woche. Ihr werdet schon sehen.
Fünf
I ch muss eingenickt sein, denn mit einem Mal schrecke ich hoch und stelle fest, dass wir den Freeway –
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