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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Söhne in einem Zustand zurück, den er, milde ausgedrückt, für unausgeglichen hielt, und sie redeten schlecht von Herodes Antipas. Da Isaak, den ihre Aggressivität aus der Fassung gebracht hatte, ihnen nichts entgegensetzen konnte, ließen sie sich von ihrem Unmut hinreißen, und sie ergingen sich in wüsten Verfluchungen, bis ihnen Schaum vor dem Mund stand.
    »Genug!« schrie der Rabbi außer sich und schlug mit der Faust so heftig auf den Tisch, daß er die Kelche umwarf und seine Frau ganz blaß aus der Küche herbeigelaufen kam.
    Er entdeckte, daß die Verwünschungen seiner Söhne nur das Echo der Flüche des Jokanaan gegen den Tetrarchen waren, die sie am selben Nachmittag gehört hatten. Der Grund für des Täufers Zorn schien in dem Umstand zu liegen, daß Herodes die Frau seines eigenen Bruders Philippus geheiratet hatte, nachdem er sie verführt hatte.
    »Geht euch das etwas an?« schrie Isaak. »Haben wir keine Richter und Priester in Samarien? Wissen die nicht besser als ihr über das, was in den Königsfamilien vorgeht, Bescheid? Seid ihr ganz sicher, daß nicht Philippus Herodias verstoßen hat? In diesem Fall hätte Herodes guten Grund, diese Frau zu heiraten. Auf jeden Fall möchte ich unter meinem Dach solche Reden nicht mehr hören.«
    Das andere Ereignis, das Isaaks Stimmung veränderte, war der Besuch, den ihm zwei Mitglieder der Tempelpolizei von Jerusalem abstatteten. Wie die meisten Samariter kümmerte sich Isaak nicht groß um die Diener des Tempels; doch in diesem Fall waren sie Überbringer einer Anordnung des Prokurators von Samarien, die ihnen die Vollmacht gab, wen immer sie wollten über gewisse Punkte zu befragen. Und welches waren diese Punkte? Die Häscher wollten wissen, ob der Rabbi anstößige Worte gehört habe, die ein gewisser Jokanaan über den Tetrarchen von Galiläa geäußert habe. Eine große Sache: Der Tetrarch hatte also die Tempelpolizei und den Prokurator von S-marien mobilisiert. Der Rabbi konnte nur antworten, er habe sehr wohl gehört, daß der Täufer unanständige Beschuldigungen die Ehe des Tetrarchen Herodes betreffend vorgebracht habe und noch immer vorbringe. Er fügte hinzu, daß er nichts dagegen unternehmen könne, da der Täufer ein wilder Mensch sei. Nun, der Rabbi war nicht böse bei dem Gedanken, daß man diesen Täufer zum Schweigen bringen und sich in Änon die Aufregung legen könne. All das, die neuen Riten, die Predigten, die Verwünschungen, die rätselhaften Erklärungen und die Prophezeiungen ohne jegliche Garantie, überschritt längst die Grenzen des Erlaubten.
    Also war Isaak neugierig. Am Tag nach dem Besuch der Häscher nahm er sein Maultier und ritt zum Täufer. Er traf am Ufer des Flusses auf eine Menschenmenge, die viel größer warals die, dieerbei seinen früheren Ausflügen zu Jokanaan gesehen hatte. Ein außergewöhnliches Ereignis schien in der Luft zu liegen, und so kam es auch: Jokanaan empfing einen Mann, der berühmt zu sein schien, einen schönen Mann mit blonden Haaren und stolzem Wuchs, der von einem großen Gefolge begleitet wurde. Isaak erkundigte sich nach ihm. Manche antworteten, sein Name sei Apollos, andere, Apollonios, aber alle sagten übereinstimmend, er sei ein großer Philosoph. Isaak kannte weder den Namen Apollonios, noch wußte er, was ein großer Philosoph war. Er war ganz Ohr und Auge und sah zu, wie Apollonios sich auszog und, athletisch und gebräunt, in den Jordan stieg, um mit seinen Schülern die geheimnisvolle Taufe zu empfangen. Isaak zählte sie: Es waren fünfzehn. Als alle wieder trocken waren, begann Jokanaan seine Predigt.
    »Heute werde ich vom Fisch reden«, fing er an, »vom Fisch, der die beste Nahrung ist, wenn er frisch ist, doch ein schreckliches Gift, wenn er verdorben ist. Woher weiß man, daß ein Fisch verdorben ist? An seinem Geruch, werden manche von euch sagen. Doch es ist bekannt, daß unehrliche Köche den Geruch mit Hilfe von Gewürzen überdecken. Sie bereiten den Fisch mit Lorbeer, Koriander und Essig zu, und man braucht eine feine Nase, um den Betrug zu entdecken. Aber man weiß, daß ein Fisch verdorben ist, wenn man den Kopf mühelos ablösen kann.« Er warf einen Blick in die Runde. Alle hörten ihm aufmerksam zu. »Manche Länder sind wie ein Fisch«, fuhr er fort. »Sie stinken vom Kopf her. Was ist der Kopf eines Landes? Sein Herrscher. Wir wissen zum Beispiel, daß Galiläa verdorben ist. Warum? Weil sein König, Herodes Antipas, Sohn eines Tyrannen, jenes Mannes, der

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