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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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schließlich nicht grundlos. Diese Zeichen...«
    »Du wirst uns hier doch jetzt nicht alle Zeichen aufzählen wollen, die für die Anerkennung der Schechina erforderlich sind«, fuhr ihm Hannas unvermutet dazwischen. »Mich würde vielmehr interessieren, ob unser Ratsmitglied Josef von Arimathäa an eine bestimmte Person denkt.«
    »Ja«, antwortete Josef, »an Jesus.«
    Sandalen scharrten auf der Tribüne, ein Hüsteln und Räuspern ging durch die Reihen. Der ganze Sanhedrin lag auf der Lauer.
    »Glaubst du wirklich, daß diesem Mann, Jesus von Galiläa, möglicherweise die Schechina verliehen wurde?« erkundigte sich der Hohepriester. »Und wenn ja, was bringt dich auf diesen Gedanken?«
    »Er heilt Menschen, verlangt aber kein Geld dafür. Und in den fünf Provinzen wie auch in Jerusalem glauben nun schon Tausende, daß er der Messias ist.«
    »Na, hör mal!« rief Esra höhnisch. »Wird von diesem Jesus nicht behauptet, er sei der Sohn eines verstorbenen Priesters, Josef ben Jakob, aus Bethlehem?«
    »Genau der ist er auch«, antwortete Gedalja. »Die Geschichte seiner Geburt war allerdings recht außergewöhnlich. Seine Mutter, die der Obhut Josefs, eines geachteten Nazareners, anvertraut worden war, wurde unter mysteriösen Umständen schwanger, ohne indessen verheiratet zu sein. Und Josef ben Jakob mußte auf Anweisung des damaligen Hohenpriesters Simon das Mädchen heiraten. Das Kind erkannte er als sein eigenes an.«
    »Sollen wir etwa glauben, daß einem Menschen, der möglicherweise sogar ein Bastard ist, die Schechina zuteil wurde?« brauste Esra plötzlich auf. Er erhob sich und schrie mit puterrotem Kopf: »Träume ich das alles nur, oder ist dieser Jesus wirklich derselbe Mann, der vergangenes Jahr an diesem heiligen Ort einen Skandal verursacht hat, indem er sich mit den Händlern des Bazars prügelte? Denkst du an ebendiesen Mann, Josef von Arimathäa? Wenn dem so ist, dann fordere ich eine Entschuldigung von dir!«
    »Eine Entschuldigung wirst du von mir nicht zu hören bekommen, Esra«, gab Josef zurück. »Mehrere meiner hier anwesenden Amtsbrüder sind nämlich auch der Meinung, daß es mit dem Handel im Tempel nicht so weitergehen kann, und jedermann hat schließlich das Recht, eine Frage zum Gesetz zu stellen.«
    »Die Frage wurde gestellt, und es ist nun unsere Aufgabe, eine Antwort darauf zu finden«, meinte Levi ben Pinhas. »Du hast gesagt, Josef, daß er Menschen heilt und kein Geld dafür nimmt. Diese Tatsache«, fuhr er fort, indem er sich Esra zuwandte, »genügt meiner Ansicht nach, um Josefs Frage als berechtigt zu erachten, und zwar ungeachtet dessen, was über Jesus’ Herkunft berichtet wurde. Wenn ihr mir erlaubt, meine persönliche Meinung kundzutun, so würde ich sagen, daß die Heilung von Kranken — gesetzt den Fall, der Mann ist weder Magier noch Arzt — in der Tat als Beweis einer besonderen Macht angesehen werden kann, die nur ein Mensch besitzt, dem Gott der Allmächtige herausragende Gaben verliehen hat.«
    »Er ist weder Magier noch Arzt«, erklärte Josef.
    »Wir haben ihn noch niemanden heilen sehen«, gab Schemaja, eines der jüngsten Ratsmitglieder, zu bedenken. »Und was seinen Beruf betrifft, so kennen wir nur Josef von Arimathäas persönliche Meinung dazu, die durchaus respektabel ist, aber für sich allein noch nicht genügt.«
    »Alles, was für eine göttliche Auszeichnung spricht, ist nur auf Gerüchten begründet«, bemerkte Hannas, »aber alles, was dagegen spricht, ist wohlbekannt und erwiesen. Dieser Jesus scheint mir ein gefährlicher Aufwiegler zu sein, und ich sehe mich gezwungen, die Aufmerksamkeit dieser Versammlung auf einige Fakten zu lenken, die unser Bruder Gedalja gesammelt hat. Der Mann verkehrt mit leichten Mädchen und unverheirateten Frauen, und mindestens einer seiner Gefolgsleute, ein junger Mann, war ebenfalls Prostituierter. Zudem hat er in zahlreichen Synagogen im ganzen Land, vor allem aber in Galiläa, für Aufruhr gesorgt und einmal sogar die Synagoge seiner Heimatstadt Kafarnaum besetzt, und zwar gegen den Willen des dortigen Rabbi. Diese beklagenswerten Umtriebe passen nur allzugut zu seinem ungehörigen Benehmen, das er letztes Jahr in diesem Tempel unter Beweis stellte. Dieser Jesus ist ein ehemaliger Schüler der Essener, die ihn aus Qumran verjagten, weil er dort einen Aufstand schürte. Dies«, erklärte Hannas mit Nachdruck, »ist uns allen nur vom Hörensagen bekannt. Schon etliche Klagen von Rabbis aus verschiedenen

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