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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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noch?«
    »Wie ich: Sohn des Josef.«
    »Du bist der Bruder von Simon, Sohn des Josef?«
    »Kennst du ihn etwa?«
    »Meinem Vater gehört das Haus, in dem er wohnt. Aber ich wußte nicht, daß er noch einen so jungen Bruder hat.«
    »Ich bin ein Kind aus zweiter Ehe.«
    Jonathan schien nachdenklich. »Hast du letzte Nacht dort geschlafen?« fragte er mit einem skeptischen Blick.
    »Nein.«
    »Wo dann?«
    »An der Mauer des Königspalastes.«
    Jonathan schien nun noch nachdenklicher. »Wenn du willst, kannst du mit mir kommen und mit uns, das heißt meinem Vater und meiner Familie, heute abend das Passah-Mahl teilen«, sagte er. »Das ist sicherlich besser, als unter der Aufsicht der Wachsoldaten zu schlafen. Und du kannst dann auch ein Bad nehmen.« Er warf einen kurzen Blick auf Jesus’ Aufmachung. »Mein Vater heißt auch Josef. Er ist aus Arimathäa, aber er hat ein Haus in Jerusalem, in dem ich mit dem Rest der Familie wohne.«
    »Wir haben nur einen Vater«, rezitierte Jesus.
    »Das ist ein Zitat aus dem Buch Maleachi«, bemerkte Jonathan. Gemeinsam verzehrten sie noch das restliche Brot und die Feigen, die Jesus übriggeblieben waren. Am frühen Nachmittag machten sie sich dann auf den Rückweg.
     

IX.
     
    Gespräch zweier Griechen in Jerusalem
     
    »Hier dürfen wir nicht mehr weiter«, sagte ein Mann auf griechisch und zeigte mit dem Finger auf die Tafel mit der griechischen Inschrift, die an der den Vorhof der Heiden abschließenden Mauer befestigt war.
    »Vielleicht sollten wir einem der Priester eine Münze in die Hand drücken«, schlug der andere vor.
    »Laß dir das nur nicht einfallen! Man würde uns steinigen.«
    »Wir sind also eigens aus Athen hierher gekommen, um vor dieser Mauer umzukehren?« ereiferte sich sein Begleiter.
    Er war etwa um die Dreißig und trug einen rotblonden, sehr gepflegten Bart. Sein Gesprächspartner hingegen mußte bereits auf die Sechzig zugehen. Er war kahlköpfig, und sein Bart war grau.
    »Du kannst nicht behaupten, daß man uns nicht gewarnt hat«, meinte der Ältere. »Zudem wissen wir ohnehin sehr gut, was sich dort drinnen abspielt.«
    »Opferzeremonien.«
    »Ja, Opferzeremonien. Man kennt das von den meisten anderen Religionen.«
    »Von allen Religionen.«
    »Nein, ganz bewußt habe ich von >den meistern gesprochen. In Asien beispielsweise verzichten die Chinesen und Hindus auf Tieropfer.«
    »Nicht aber die Griechen, und die Römer auch nicht. Warum?«
    »Du kannst den Göttern danken, daß wir wenigstens keine Menschenopfer mehr darbringen.«
    Sie kehrten um und schoben sich durch die Menschenmenge zurück zum Tor der Pracht, wobei sie tüchtig mit den Ellbogen nachhalfen. »Was ist eigentlich die tiefere Bedeutung der Opferungen?« fragte der jüngere der beiden Griechen. »Welchen Sinn soll es haben, Fleisch, Milch und Wein für einen Gott verderben zu lassen, der sie nicht genießen kann?«
    »Mein lieber Ion, nimm dich in acht, denn du riskierst recht gotteslästerliche Worte! Selbst wir Griechen dürfen religiöse Sitten nicht in der Öffentlichkeit anzweifeln, ohne Gefahr zu laufen, zu Staatsfeinden erklärt zu werden. Doch um deine Frage zu beantworten: Opfer sind dazu bestimmt, unsere Angst vor den Göttern zu bannen. Natürlich — aber wenn du das weitererzählst, werde ich einfach behaupten, du habest geträumt — , natürlich glaube ich, daß die Götter viel zu intelligent sind, um sich darum zu kümmern, ob wir nun zum einen oder anderen Anlaß unsere Opfer dargebracht haben oder nicht. Nur wir Menschen sind eben nicht so intelligent.«
    »Verzeih, Eukrates, ich kann dir nicht recht folgen.«
    »Ich wollte ganz einfach sagen, daß wir in ständiger Angst vor den Göttern leben. Wir haben Angst vor dem Blitz, vor Überschwemmungen, Hungersnot, Erdbeben, Bränden und vor einem frühzeitigen Tod. Da wir den Grund für diese unheilvollen Schicksalsschläge nicht kennen, schreiben wir sie launischen Mächten zu. Und nachdem wir uns diese Mächte nach unserem eigenen Bild vorstellen, halten wir sie für habgierig genug, einen Teil unserer Nahrung für sich zu beanspruchen, den wir ihnen dann anbieten, um uns ihr Wohlwollen zu verdienen.«
    Sie schritten die letzten Stufen des Tempelaufgangs hinunter und standen nun auf der Straße, die schwarz von Menschen war.
    »Wie primitiv das doch alles ist!« entfuhr es Ion, der stehengeblieben war, um ein kleines Malheur zu beobachten: Eine Steige voll Granatäpfel, die ein Mann auf seinem Kopf getragen hatte,

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