Ein Milliardär entdeckt die Liebe
der fünfjährige Harry kamen angerannt und vertrieben Jess’ düstere Gedanken. Die beiden sahen herzallerliebst aus – Emma in ihrem rosa Kleidchen als Blumenmädchen und Harry in seinem kleinen Frack. Leondra, die Mutter, hatte Jess’ jüngeren Bruder geheiratet, als sie mit achtzehn schwanger geworden war. Sie freute sich darüber, Brautjungfer zu sein, auch wenn sie sich bitterlich darüber beklagt hatte, dass Jess ihren Junggesellinnenabschied nicht groß mit allen Freundinnen gefeiert hatte. Jess hatte es nicht über sich gebracht, ihrer Schwägerin zu gestehen, dass sie damit rechnete, bald schon wieder Single zu sein.
„Wenn er dich jetzt sehen könnte“, murmelte ihr Vater bewundernd, während Leondra sich um die Kinder kümmerte. „Er würde sich für jede Minute ärgern, die er dich nicht gekannt hat.“
„Das glaube ich kaum.“ Jess erinnerte sich noch sehr gut an die Zurückweisung, die sie im jungen Alter von neunzehn erfahren und die sie damals fast entzweigerissen hatte. Damals hatte sie ihre Lektion gelernt: Baue nie Luftschlösser, sie könnten von einer Minute auf die andere zerfallen! Lieber den Teufel, den man kennt, als den, der unbekannt ist, dachte sie. Und sie war auch dankbar für die Jahre der Liebe und Unterstützung, die sie von ihrem Vater erhalten hatte. Am liebsten hätte sie den älteren Mann umarmt, doch sie wollte ihr Make-up und ihre Frisur nicht ruinieren. Ein einziges Mal wollte sie wirklich perfekt aussehen. Das hatte nichts mit ihrem Selbstwertgefühl zu tun, das war völlig intakt. Nein, sie wollte in diesem wunderschönen Kleid für sich selbst würdevoll zum Altar schreiten, nicht Cesarios wegen.
Denn schließlich würde sie eines Tages ihrem Kind die Fotos von der Hochzeit zeigen. An diesem Gedanken hielt sie sich fest – das ultimative Ziel war ein eigenes Kind, und das war auch alles, was wichtig war. Nur half ihr das nicht unbedingt, sich zu beruhigen, wenn sie an die Hochzeitsnacht und die Intimitäten dachte, die sie mit einem Mann teilen würde, der sie nicht liebte.
In ihrem Magen begann es zu flattern, wenn sie sich vorstellte, dass Cesario ihre Narben zum ersten Mal sehen würde. Ihrer Meinung nach waren sie gar nicht so schlimm, und wenn es dunkel genug war, würde er sie vielleicht gar nicht bemerken. Andererseits … ein Perfektionist wie er, gewöhnt an die schönsten Frauen der Welt, würde vielleicht von diesen Narben abgestoßen werden …
Als der Wagen kam, um sie abzuholen und zur Kirche zu bringen, musste Jess die aufflammende Panik niederkämpfen. Sie schalt sich für ihre Unsicherheit. Sie suchte ja schon im Voraus nach Problemen!
Die kleine Kirche von Charlbury St Helens war zum Bersten voll. Das Herz schlug Jess bis zum Hals, als sie vom Portal aus den Blick über die voll besetzten Bänke gleiten ließ. Als ihre Augen dann auf der großen Gestalt vorn am Altar haften blieben, fehlte ihr schlagartig die Luft zum Atmen. Cesario sah so überwältigend gut aus! Und plötzlich loderte der heiße Wunsch in ihr auf, diese Hochzeit wäre eine echte, eine Trauungszeremonie, die zwei Menschen verband, die sich gegenseitig das Versprechen auf eine gemeinsame Zukunft gaben. Diese emotionslos und aus rein praktischen Gründen getroffene Vereinbarung mit Cesario hatte überhaupt nichts mit der eigentlichen Bedeutung des Gelübdes zu tun. Plötzlich fühlte Jess sich unendlich einsam und verloren, und Tränen stiegen ihr in die Augen.
„Deine Braut sieht umwerfend aus“, raunte Stefano, der an Cesarios Seite stand, ihm zu.
Und Cesario hörte auf, den Ungerührten zu spielen, und drehte sich um, um sich selbst davon zu überzeugen. „Umwerfend“ tat der Erscheinung, die Jessica bot, nicht annähernd Genüge. Das glitzernde lange Kleid mit der schulterfreien Korsage schmiegte sich um ihre zierliche Gestalt, ihre Augen schimmerten wie flüssiges Silber, die vollen roten Lippen bebten leicht, und das Diadem strahlte aus ihren dunklen Locken. Den Mann, der sie am Arm zum Altar führte und der Diebe in sein Haus gelassen hatte, bemerkte er nicht einmal.
Jess’ Blick traf auf Cesarios funkelnde dunkle Augen, und etwas, das sie an einen elektrischen Schock erinnerte, fuhr durch ihren Leib. Atemlos wandte sie den Blick von ihm ab und konzentrierte sich gänzlich auf den Priester, der wohlwollend lächelnd zu den Eröffnungsworten anhob.
Es war eine kurze Zeremonie. Jess hatte etliche dieser Hochzeiten in den vergangenen Jahren miterlebt. Nur
Weitere Kostenlose Bücher