Ein Mörder unter uns
daraus, daß jemand in ihrem Zimmer gewesen war und die
Pralinen dort hinterlassen hatte, während sie weg war. Was für eine Szene!« Joe
schüttelte in stummer Bewunderung den Kopf. »Ich sehe ihn noch in der Halle
stehen, der Hoteldirektor und sein gesamtes Personal um ihn herum, um ihn zu
beruhigen. Irving schrie sich die Lunge aus dem Leib — man muß ihn vier
Häuserblocks weit gehört haben. >Das bedeutet, daß kein Gast in diesem Hotel
sicher ist! Wir können alle in unseren Betten ermordet werden! Weder Miss Duane
noch ich bleiben eine Minute länger hier !< Für
einen so kleinen Burschen hat Irving wirklich allerhand Puste —«
»Hm«, brummte ich. »Alle drei
Anschläge auf Babs Leben können also belegt werden? Ein ganzer Haufen Zeugen
können für die ersten beiden Fälle aussagen, und vermutlich gibt es ungezählte
Leute, die den toten Hund gesehen haben ?«
»Bestimmt«, sagte er
hilfsbereit.
»Sie haben mir den ganzen Tag
verdorben, Joe«, sagte ich düster. »Es war Lesters inbrünstiger Glaube und
meine innige Hoffnung, daß alle drei Anschläge nichts als die Ausgeburt von
irgendeiner furchtbaren Phantasie seien — Ihrer vielleicht oder der Babs’ oder
sogar der Hoyts . Aber nun muß ich mich mit der
Tatsache abfinden, daß jemand sie umbringen will; und es besteht kein logischer
Anhalt, weshalb sich ein solcher Versuch nicht wiederholen sollte .«
Ein Ausdruck der
Niedergeschlagenheit breitete sich schnell auf dem Gesicht des Produzenten aus,
und schließlich sanken alle seine Kinne herab. »Verdammt !« sagte er gefühlvoll. »Es tut mir leid, Rick, wirklich. Aber ich habe Ihnen die
Wahrheit erzählt. Sie können alles nachprüfen, wenn Sie wollen. Ich gebe Ihnen
die Namen der Zeugen, und Sie können sie jederzeit sprechen .«
»Danke, Joe«, sagte ich, noch
immer vor mich hin brütend. »Tun Sie das, und ich werde mich wenigstens mit
einigen von ihnen unterhalten, nur um mich davon zu überzeugen, daß Sie nicht
lügen. — Es sei denn, Sie hätten sie bestochen, was ich bezweifle .«
Sein Gesicht verfärbte sich in
ein mattes Rot. »Irgendwie hatte ich mir eingebildet, Sie verließen sich auf
mein Wort, Rick .«
»Das war ein wenig einfältig
von Ihnen, Joe«, sagte ich.
Wieder trat dieser gehetzte
Ausdruck in seine Augen, und dann zwang er sich zu einem Lächeln. »Schwamm
drüber, Rick. Sie haben recht — es war wirklich einfältig von mir. Sie haben
keinerlei Grund, mir das, was ich Ihnen erzählt habe, zu glauben, daraufhin,
wie ich mich Lester gegenüber — äh — geäußert habe. Daran hätte ich denken
sollen .«
»Wußten Sie, daß Babs Duane
keine Pralinen mag ?«
»Ob ich...?« Er blinzelte
heftig. »Nun, natürlich. Diese ganzen Jahre über hat sie allen Leuten erzählt,
daß sie seit ihrem siebzehnten Lebensjahr kein Pfund zugenommen hat, weil sie
eines Nachts eine Fünfpfundpackung Pralinen verschlungen hatte und ihr
daraufhin eine Woche lang schlecht war, daß sie seither niemals mehr eine
Praline gegessen habe, sondern das Zeug hasse. >Warum geben Sie Ihre Angewohnheiten
nicht auf, Joe, und nehmen einen Zentner ab ?< Und
das zu mir, der ich nie im Leben auch nur ein Bonbon gegessen habe!«
»Sie hat das also immer an die
große Glocke gehängt ?«
»Und ob«, sagte er verbittert.
»Wenn ich diese Geschichte einmal von ihr gehört hätte — gut! Aber ich habe sie
tausendmal gehört. Fragen Sie jemanden, der Babs Duane kennt, und er weiß, wie
sehr sie Süßigkeiten haßt! Wenn Sie mich fragen, so möchte ich behaupten, daß
es niemand auf der ganzen weiten Welt gibt, der nicht darüber Bescheid weiß .«
»Mit einer Ausnahme«, sagte ich
scharf.
»Hm?« Er blinzelte wieder.
»Der Bursche, der die
vergifteten Pralinen in ihr Hotelzimmer gestellt hat.«
FÜNFTES KAPITEL
P atrick Wells betrachtete sein
sensibles, jedoch männliches Profil mit offensichtlicher Befriedigung im
Spiegel der Garderobe, strich sich dann eine elegante Locke dichten schwarzen
Haares zurecht , bevor er sich in seinem Stuhl
umdrehte, um mich anzusehen.
»Ich verstehe Ihre Fragen
ausgezeichnet, Mr. Holman «, sagte er gut gelaunt, »einschließlich
der, die Sie bis jetzt noch nicht gestellt haben — nämlich, ob ich noch so
kräftig an der Angel meiner mir entfremdeten Gattin zapple, daß ich ohne
weiteres ihr zuliebe eine rivalisierende Schauspielerin umbringen würde .«
Ich zuckte die Schultern. »Joe Friberg hat gesagt, sie hätten mit beiden Händen nach der
Gelegenheit
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