Ein mörderischer Schatten (German Edition)
Licht im Bad aus. Sie gähnte und warf im Vorbeigehen einen Blick in die Küche auf ihre Uhr. Elf Uhr. Es war Wochenende und da Toni seit dem Vorfall mit der Ziege nicht mehr joggen ging, müsste sie eigentlich nicht so früh ins Bett gehen. Allerdings kam im Fernsehen nur noch ein schwedischer Krimi und die waren ihr zu duster. Da kam sie nur wieder auf dumme Ideen. Außerdem hatte sie jede Menge Schlaf nachzuholen. Seit zwei Tagen schlief sie endlich mal wieder fünf Stunden am Stück. Das war zwar nicht viel, aber im Gegensatz zu den endlosen Nächten, in denen sie in den letzten Wochen vor Angst und Unruhe alle paar Stunden aufgeschreckt war, wenn sie denn überhaupt hatte einschlafen können, nannte Toni das eine Verbesserung.
Si e stieg die Treppe hoch, sah leise nach ihren Kindern, kontrollierte zum wiederholten Male deren Fenster und betrat dann ihr Schlafzimmer. Sie tastete nach dem Lichtschalter und wie immer flog ihr Blick zuerst zum Fenster und dann zum Nachttischchen. Toni entspannte sich noch ein bisschen mehr, als alles so war, wie es sein sollte. Sie knipste ihr kleines Nachttischlämpchen an, löschte das große Licht und schlenderte zum Fenster. Auch dieses wurde überprüft, denn Toni schlief seit Wochen nur noch bei geschlossenem Fenster. Normalerweise brauchte sie ihre frische Luft, aber auf keinen Fall würde sie nachts das Fenster auflassen. Sie seufzte und griff nach den Vorhängen, um diese zuzuziehen, denn schließlich wollte sie morgen ausschlafen. Doch anstatt den Vorhang zu bewegen, krampfte sich ihre Hand in den weichen Stoff. Hatte sich da eben im Garten etwas bewegt? In nur einer Sekunde war all die Beruhigung und Zuversicht, die Toni in den letzten Tagen erlangt hatte, hinweggewischt. Ihr Herz klopfte heftig und ihre Angst wanderte in Sekundenbruchteilen in ihren Bauch. Ihr Magen krampfte sich zusammen und Toni ging, ohne den Blick vom Fenster abzuwenden, den Schritt seitlich zu ihrer Nachttischlampe. Sie löschte das kleine Lämpchen und stellte sich wieder vor das Fenster. Ihre Augen krampfhaft aufgerissen, ließ sie ihren Blick über den dunklen, einsamen Garten wandern. Von der linken Seite, wo ihr Grundstück an das ihres Nachbarn grenzte, über die große Rasenfläche in der Mitte bis zu dem großen Nussbaum auf der rechten Seite. Zum ersten Mal wünschte sie sich, nicht so einen großen Garten zu haben und die hohen Büsche und Bäume, die ihren Garten beinahe komplett einrahmten, fand sie nun auch nicht mehr gemütlich. Immer wieder wanderte ihr Blick zu dem Walnussbaum, wo sie gemeint hatte, eine Bewegung ausgemacht zu haben. Sie atmete tief ein. Der Mond schien und erhellte die Rasenfläche in blassem Licht. Sicher hatte sie sich das nur eingebildet. Trotzdem blieb Toni noch eine Weile reglos stehen und suchte den Garten ab. Einmal zuckte sie zusammen, als Mieze von nebenan den Garten durchquerte. Langsam entspannte Toni sich und wollte gerade vom Fenster wegtreten, als ihr Kopf zur rechten Seite ihres Gartens ruckte. Da war eine Bewegung gewesen. Tonis Atem stockte und ihre Finger krallten sich in das Fensterbrett. Langsam trat eine Gestalt hinter dem Nussbaum hervor. Toni wimmerte, als die dunkle Gestalt vorsichtig über den Rasen schritt und vor den Schuppen unter ihrem Fenster stehen blieb. Toni zog scharf die Luft ein und trat einen Schritt zurück. Konnte er sie sehen? Fassungslos starrte sie auf den Mann, der unter ihrem Fenster stand. Obwohl sein Kopf von dem Kapuzenpulli bedeckt wurde, wusste sie, dass er zu ihr hochsah. Toni schlug die zitternden Hände vor den Mund, um ihr Schluchzen zu unterdrücken. Weinend beobachtete sie, wie der Mann schließlich von seinem Platz vor dem Fenster wegtrat und schnell ihren Garten durchquerte und hinten in den Büschen verschwand. Toni wartete noch eine Weile, ehe sie sicher war, dass er endgültig über den Zaun geklettert und in dem dahinter liegenden Feld verschwunden war. Zitternd lief sie schließlich ins Erdgeschoss und kontrollierte noch einmal ihre Haustür und sämtliche Fenster. Aus ihrem Küchenfenster sah sie auf die dunkle, verlassene Straße und anschließend blickte sie aus dem Wohnzimmerfenster, von wo aus sie auf ihren Hof und die lange Einfahrt blicken konnte. Nebenan war alles dunkel. Auto und Motorrad standen in der Einfahrt, aber das hatte nichts zu bedeuten, denn heute war Freitag und Mark Fracht ging am Wochenende feiern und kam dann wohl zu Fuß nach Hause. Zumindest hatte sie ihn heute Abend zu Fuß
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