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Ein Mord wird angekündigt

Ein Mord wird angekündigt

Titel: Ein Mord wird angekündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Ihnen alles erzählt, was sie weiß.«
    Der Inspektor errötete, und Sir Henry lachte leise.
    »Es könnte sehr wichtig sein«, meinte Miss Marple. »Vielleicht hat er ihr gesagt, wer es gewesen ist.«
    Rydesdale schaute sie verblüfft an.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ach, Verzeihung, ich drücke mich so ungeschickt aus. Ich meine, wer ihn dazu angestiftet hat.«
    »Sie glauben, dass ihn jemand angestiftet hat … ?«
    Sie riss erstaunt die Augen auf. »Aber selbstverstän d lich … ich meine … im Grunde genommen war er doch ein harmloser junger Mann, er hat ab und zu kleine B e trügereien gemacht, Schecks abgeändert, ein Schmuc k stück entwendet, einen Griff in die Portokasse gemacht und dergleichen. Er hat sich zusätzliches Taschengeld verschafft, um sich gut anzuziehen und mit einem Mä d chen ausgehen zu können … lauter solche Dinge. Und plötzlich nimmt er einen Revolver, macht einen Überfall, bedroht einen Haufen Leute in einem Zimmer, schießt auf jema n den … das sieht ihm doch gar nicht ähnlich … das ist doch unmöglich! Da stimmt etwas nicht!«
    »Vielleicht können Sie uns sagen, Miss Marple«, murrte Craddock, und seine Stimme klang plötzlich aggressiv, »was wirklich geschehen ist?«
    Überrascht wandte sie sich ihm zu.
    »Aber woher soll ich das wissen? Ich habe nur den Ze i tungsbericht gelesen, und da steht nicht allzu viel drin. Man kann sich natürlich seine Gedanken machen, aber ich habe ja keine Unterlagen.«
    »George«, fragte Sir Henry den Polizeichef, »würde es die Vorschriften verletzen, wenn wir Miss Marple den Bericht über die Vernehmungen der Leute in Chipping Cleghorn lesen ließen?«
    »Es mag die Vorschriften verletzen«, antwortete Ryde s dale, »aber bisher sind wir mit der Einhaltung der Vo r schriften nicht weit gekommen. Ich bin sehr neugierig auf das, was Miss Marple sagen wird.«
    Miss Marple schien ganz verwirrt zu sein, als Rydesdale ihr den Bericht reichte. Eine Weile herrschte Schweigen, während sie las.
    Schließlich legte sie den Bogen auf den Tisch.
    »Das ist höchst interessant«, erklärte sie mit einem leichten Seufzer. »Es geht alles so durcheinander, es scheint alles so unwichtig zu sein, und das, was nicht u n wichtig ist, kann man nur schwer ausfindig machen … es ist so, als sollte man in einem Heuhaufen eine Stecknadel suchen.«
    Craddock war enttäuscht, er ärgerte sich über sie und knurrte schroff.
    »Die Tatsachen sind ja klar. Obwohl die Leute einander widersprechen, haben sie doch alle eines gesehen: einen Mann mit einer Maske vor dem Gesicht, einem Revolver und einer Blendlaterne in der Hand, der die Tür öffnet und ruft: ›Hände hoch!‹«
    »Entschuldigen Sie bitte«, widersprach Miss Marple sanft, »die Leute konnten doch gar nichts gesehen h a ben … wenn ich richtig verstehe« – ihre Wangen hatten sich nun leicht gerötet, ihre Augen glänzten wie die eines Kindes –, »war doch das Licht ausgegangen, und die Ha l le war finster. Wenn also ein Mann in der Tür stand und mit einer starken Blendlaterne in das Zimmer leuchtete, konnten die Leute doch nur die Laterne sehen, nicht wahr?«
    »Das stimmt, ich habe es ausprobiert.«
    »Wenn also jemand behauptet, einen Mann mit einer Maske und weiterem Räuberzubehör gesehen zu haben, so schildert er lediglich das, was er erst wahrnahm, als das Licht wieder funktionierte. All diese Aussagen widerspr e chen also nicht der Annahme, dass Schwarz nur ein Strohmann gewesen ist.«
    Nachsichtig lächelnd fragte Rydesdale:
    »Wollen Sie etwa sagen, dass jemand anders ihn dazu überredet hätte, blindlings in ein Zimmer voller Me n schen zu schießen? Das wäre doch ein tolles Stück.«
    »Ich glaube, dass ihm jemand gesagt hat, es handle sich um einen Scherz«, entgegnete Miss Marple. »Er wurde natürlich dafür bezahlt. Er musste eine Anzeige in die Zeitung setzen, das Haus ausspionieren und am betre f fenden Abend mit einer Maske vor dem Gesicht und in einer schwarzen Pelerine dorthin gehen, eine Tür aufre i ßen, mit einer Blendlaterne die Leute anleuchten und: ›Hände hoch!‹ rufen.«
    »Und schießen?«
    »Nein, nein!«, widersprach sie. »Er hatte keinen Revo l ver!«
    »Aber alle sagen doch … «, begann Rydesdale.
    Miss Marple ließ ihn nicht aussprechen.
    »Das ist es ja. Niemand kann einen Revolver gesehen haben, selbst wenn er einen gehabt hätte, und ich glaube nicht, dass es der Fall war. Ich glaube, dass sich jemand in der Finsternis hinter ihn geschlichen und

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