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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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wenn Sie sich einbilden, daß ich die Geschichte erfunden habe, um Sie zu trösten, dann irren Sie sich gewaltig, Herr Doktor! Und wenn Sie mir jetzt nicht endlich erklären, worum es geht und was Ihnen oder dem Emir und seinen Millionen passiert ist, dann...!« Sie sprach nicht aus, was dann geschehen würde, auf jeden Fall aber schien es etwas Schreckliches zu sein...
    »Sie wissen es wirklich nicht?« stammelte der Doktor.
    »Nein, nein und nochmals nein!« schrie Fräulein Faber und paukte bei jedem Nein mit der Faust auf die Sessellehne.
    Der Doktor wanderte quer durch die Küche zum Fenster hinüber und vergaß, daß er in den Filzpantoffeln von Herrn Wisbeck und den aufgerollten Hosen keine besonders glückliche Figur machte. Der Himmel war noch immer trüb, aber es regnete nicht mehr, und das Wasser zog in die Kanäle ab. »Der Scheck des Emirs von Khoranshar ist ein Fetzen Papier. Eine Gaunerbande hat das Konto des Emir auf der Zentralbank abgehoben und ist mit dem Geld getürmt. Und der Emir tobt und weigert sich, dem Hotel oder mir oder wem er etwas schuldig sein mag, auch nur einen Pfennig zu bezahlen.« Sein Atem beschlug die Scheibe, und er malte mit dem Finger ein Männchen mit Hut und Spazierstock auf das Glas.
    »Das kann doch nicht wahr sein!« sagte Fräulein Faber wie betäubt.
    »Es ist die Wahrheit, die volle Wahrheit und nichts als die Wahrheit!« versicherte der Doktor feierlich und legte die Hand auf eine imaginäre Bibel, als stände er in einem amerikanischen Kriminalfilm als Kronzeuge des Anklägers vor dem Richter.
    Was für ein Mann! dachte Fräulein Faber mit einer Mischung von Respekt und Mitgefühl. Daß er es fertigbrachte, nach dem schweren Schock, den er doch fraglos erlitten haben mußte, zu scherzen!
    »Sie müssen mir die Geschichte schon genau erzählen, Herr Doktor«, bat sie und ließ sich in dem Sessel nieder, als versagten ihr die Beine den Dienst. Und sie hörte atemlos zu, als der Doktor die Ereignisse des Vormittags zu berichten begann und zum Schluß auch auf die beiden Telefongespräche zu reden kam, die er mit der Zentralbank und mit Herrn Steinrück geführt hatte.
    »Und damit war der Traum vom Reichtum ausgeträumt«, schloß er heiter, als hätte er ihr nichts weiter als die humorige Geschichte eines gelungenen Gaunerstreichs erzählt, in der er selber eine komische kleine Nebenrolle spielte.
    Fräulein Faber saß mit gefalteten Händen klein und kraftlos in ihrem Sessel und starrte in ihren Schoß. Sie schwieg lange.
    »Und Sie glaubten wirklich«, sagte sie schließlich ohne den Kopf zu heben, »daß ich die Absicht gehabt hätte, Sie mit meiner dummen Geschichte zu trösten?«
    »Sie müssen zugeben, daß dieser Gedanke nicht sehr abwegig war. Oder finden Sie nicht, daß Ihre Geschichte und meine Geschichte sich decken wie zwei kongruente Dreiecke?«
    Fräulein Faber sprang auf, lief zum Sekretär hinüber, zog das Blatt mit einem Ruck aus der Maschine und zerriß es in hundert kleine Fetzen.
    »Aber Fräulein Faber, was tun Sie da?«
    »Ich könnte mich wegen dieser blöden Geschichte ohrfeigen!« sagte sie wild. »Es ist, als hätte ich mit ihr das ganze Unglück herauf beschworen! «
    Der Doktor stieß sich vom Fenster ab, um sich Fräulein Faber zu nähern. In seinen Augen lag ein zärtlicher Schimmer, und er hob die Arme, als hätte er die Absicht, Fräulein Faber tröstend an seine Brust zu ziehen. Aber er stolperte über einen Pantoffel von Herrn Wisbeck und hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten...
    »Schluß damit!« sagte er verwirrt und laut und energisch noch einmal: »Schluß damit! Kein Wort mehr über Ihre und kein Wort mehr über meine Gschichte! Ich bin ja nun wirklich nicht zu Ihnen gekommen, um mich bei Kuchen und Tee auszuweinen! Mein Besuch hat einen anderen Zweck. Ich habe ihn schon zu Anfang angedeutet. Kurz und gut, meine Praxis spielt sich so gut ein, daß ich allein nicht fertig werden kann. Und so frage ich Sie nun, Fräulein Faber, ob Sie es trotz Ihrer anderweitigen Verpflichtungen schaffen würden, mir halbtags zu helfen?«
    Fräulein Faber hielt die Schnitzel des vernichteten Manuskripts noch immer in der Hand. Sie angelte mit dem Fuß nach dem Papierkorb unter der Schreibplatte und ließ sie hineinregnen.
    »Als Sprechstundenhilfe?« fragte sie unentschlossen. »Aber Herr Doktor, ich habe von Ihrem Job doch keine blasse Ahnung.«
    »Ich verlange von Ihnen ja auch keine Kieferoperationen, sondern jene Hilfeleistungen, die Sie

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