Ein nackter Arsch
Simarek zu erzählen, dass er für Freitagabend eine Verabredung mit Schwester Sybille hatte, als das Handy des Kommissars klingelte. Der Anruf war nur von kurzer Dauer, dann sagte der Kommissar zu Fabio, der am Steuer saß: „Gib Gas, Ralf Bergmann wartet im Kommissariat auf uns.“
Eine knappe halbe Stunde später fuhr Fabio den alten Peugeot vor das Kommissariat. Simarek und Trulli sprangen aus dem Wagen, beide neugierig, was Ralf Bergmann zu erzählen hatte. So wie Simarek den diensthabenden Kollegen am Telefon verstanden hatte, war Ralf Bergmann freiwillig aufgetaucht und hatte direkt nach Kommissar Robert Simarek gefragt. Offenbar hatte Ralf Bergmann also nicht vor, abzutauchen, jedenfalls nicht mehr. Simarek und Trulli nahmen die Treppe zum ersten Stock mit simultanen Schritten, wobei der Kommissar etwas aus der Puste geriet, weshalb er kurz vor dem Eingang zu den Büros seiner Abteilung stehen blieb und die Hand hob. „Phhh… eine Sekunde“, keuchte er.
„Kannst gerne mal mit mir zum Laufen gehen“, sagte Fabio und grinste. „Nimmste auch ab von.“
„Sport ist Mord“, kalauerte Simarek und merkte zu spät, dass sich das reimte.
„Und Turnen füllt Urnen“, antwortete Fabio.
Nur gut, dass drinnen Ralf Bergmann wartete, dachte der Kommissar und öffnete die Tür.
Ralf Bergmann sah mit seinen blonden Haaren und einer vom Profil her fast griechischen Nase aus wie die jüngere Ausgabe seines Bruders. Er hatte allerdings deutlich mehr Farbe im Gesicht und an den Armen, auch wenn er im Moment etwas bleich wirkte. Der Kommissar deutete das als Reaktion auf die Situation, in der sich Ralf Bergmann nun befand. Er wirkte nervös und tippelte mit den Fingern auf dem Tisch, auf dem schon das Aufnahmegerät für das Verhör bereitstand. Simarek ging auf Ralf Bergmann zu, schüttelte ihm die Hand und setzte sich auf den freien Stuhl gegenüber. Fabio Trulli blieb an die Wand gelehnt stehen. Dann nahm Simarek ein Formular, das auf dem Tisch lag, drückte den Aufnahmeknopf und sagte:
„Donnerstag, 17. Oktober 2002, sechzehn Uhr dreißig. Nach erkennungsdienstlicher Behandlung Verhör mit Ralf Bergmann, geboren am 12. Juni 1964 in Ensheim, wohnhaft in Forbach, Rue de la Republique 132.“
Ralf Bergmann nickte nur, und für einen Moment herrschte absolute Stille im Raum.
Dann sagte Simarek: „Am besten, Sie erzählen einfach.“
„Sie werden mir das kaum glauben, aber ich habe mit dem Tod von Alfons Schmidtbauer nichts zu tun. Ich versuch alles zu erklären, aber es ist scheißkompliziert.“ Ralf Bergmann fuhr sich durch die Haare. Er überlegte augenscheinlich, wo er anfangen sollte.
Simarek lehnte sich zurück und meinte lakonisch: „Wir haben Zeit.“
Ralf Bergmann schluckte und wagte dann einen neuen Versuch. „Ich habe vorhin mit Wolfgangs Frau telefoniert. Die war völlig aufgelöst. Und Sie müssen mir glauben, Wolfgang hat nichts mit der Sache zu tun. Er weiß davon gar nichts.“
„Wovon?“ Simarek spielte den Naiven, ein Versuch, der misslang, weil Ralf Bergmann gar nicht versuchte, zu pokern.
„Na davon, dass ich seinen Wagen geliehen habe, in der Nacht von Freitag auf Samstag.“
„Aha, kleine Spritztour gemacht oder was?“
„Nein, ’ne Leiche entsorgt. Oh Gott, so was gibt’s sonst nur in schlechten Filmen. Aber ich habe keine andere Möglichkeit gesehen.“
„Moment! Sie geben also zu, Alfons Schmidtbauer zuerst getötet und dann an die Saar gefahren zu haben?“ Fabio Trulli zog seine Schlüsse manchmal zu voreilig. Simarek sah gespannt zu Ralf Bergmann.
„Quatsch, quatsch, quatsch, quatsch! Ich hab den doch nicht umgebracht. Der war tot. Und ich hab Panik gekriegt. Was weiß ich. Und als ich dann am Montag in den Nachrichten gehört habe, dass man Schmidtbauer an der Saar gefunden hat, da bin ich erst recht durchgedreht und habe erstmal Urlaub genommen. Und als ich heute wiederkomme, wird plötzlich von Mord gesprochen. Ich bin total verwirrt. Deshalb bin ich ja auch hier. Das war doch kein Mord, der war einfach tot in der Sauna.“ Ralf Bergmann wirkte verzweifelt.
„Mal langsam“, beschwichtigte Simarek. „Ich fasse mal zusammen: Sie haben das Auto von Ihrem Bruder geliehen, als der betrunken in seinem Haus auf dem Teppich lag. Dann haben Sie die Leiche von Schmidtbauer an die Saar gefahren. Aber warum um alles in der Welt haben Sie sie da so drapiert?“
„Hä? Ich habe die Leiche da gar nicht… wie sagten Sie… drapiert. Ich weiß gar nicht, wovon Sie
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