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Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Titel: Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Berg
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Mann. Ein Fischer oder so was, der Tom ziemlich entsetzt anstarrt. Der alte Mann schüttelt den Kopf und geht schnell weg. Er hat Angst vor dem verrückten Touristen. Und Tom muß lachen, und das Denken geht echt leichter nach dem Schreien und Lachen auch, denn Tom denkt sich, daß sich schon alles finden wird und das Leben doch im Moment zu schön ist, um zu denken, wie es morgen sein könnte. Und auf dem Weg zu der Pension, in der Nora liegt, ist es Tom ganz leicht, und er nimmt sich vor, mit Nora von jetzt an immer zu reden. Über alles. Und keine Angst zu haben, vor Mißverstehen. Tom denkt sich, ich will mit ihr alles teilen, sie soll alles wissen von mir. Ich will keine andere Frau, denn eine andere Frau, das ist nur ein anderes Problem. In der Pension liegt Nora im Bett, und als Tom reinkommt, merkt er, daß über alles reden gar nicht so einfach ist. Tom fragt Nora: Du, was stellst du dir eigentlich so vor, für deine Zukunft. Ich meine, was willst du denn mal machen und so?
    Und Nora hört aus dieser Frage, ich will dich los sein. Und alles in ihr verkrampft sich. Und dann kommt da so ein Trotz, und sie sagt: Weiß nicht, irgendwas Freies. Vielleicht werde ich Schauspieler oder Maler. Und dann fragt Tom: Hast du denn Talent? Und das klingt für Nora wie: Trau ich dir nicht zu, du Flasche. Und Nora wird noch trotziger und sagt: Na klar habe ich Talent. Und Tom wundert sich, daß Nora so komisch ist, und hat aber keine Ahnung warum, und auch keine Ahnung, daß das ganze Gespräch in eine falsche Richtung läuft, wo er doch nur einfach mit Nora reden möchte und darauf hofft, daß sie ihn auch etwas fragt und er vielleicht mit ihr darüber reden könnte, daß er sich Sorgen macht, wie alles weitergehen soll. Und er fragt weiter, in der Hoffnung, daß jetzt ein Gespräch folgt: Und wie stellst du dir das so vor? Willst du in Deutschland an eine Schule oder wie?
    Nora hört: Deutschland. Hau ab und mach, was du willst.
    Und da springt Nora auf, und die ganze Angst, die ganze Zeit, daß Tom sie verläßt und daß sie wieder allein ist, die wird auf einmal ein großer Haß. Nora stopft ihre Sachen in eine Tasche, und Tom versteht so lange nicht, was sie da tut, bis sie in der Tür steht und ihn anschreit: Ich brauche dich nicht. Dich nicht. Niemanden. Und die Tür zuschlägt.
    Tom springt auf und läuft ihr hinterher. Aber es ist, als hatte sich Nora aufgelöst, in Haß und Trotz. Tom steht in diesem Hotelzimmer und versteht nichts. Er wollte doch nur reden, und die ist doch krank, murmelt Tom vor sich hin.
    Echt krank.
    NORA läuft so rum
    Sie weiß nur, daß sie sich bewegen muß, sonst passiert Mist. Jetzt bin ich also wieder allein, denkt sie, und kann sich nicht vorstellen, wie sie jetzt weiterleben soll, so allein. Nachdem jetzt ein paar Wochen ein Mensch da war.
    Einer zum Anfassen. Nora ist beschissen jung und hat noch nicht viel Übung darin, sich nach Schmerz zu schütteln und weiterzuleben. Und jeden Tag abzustreichen und zu wissen, daß der Schmerz immer ein bißchen weniger wird. Warten auf den Frieden und wissen, daß sich alles wiederholt. Immer dasselbe, aber das weiß Nora noch nicht. Sie denkt eben noch, daß ihr Leben jetzt den Sinn verloren hat, weiß noch nicht, daß es den nie hatte und sie jetzt nur deutlicher merkt, daß es keinen hat. Nora läuft so rum und weiß gar nicht, wer das ist, der sie bewegt. Nora überlegt, wie sie sich umbringen soll, und es fallt ihr nix Gescheites ein. Sie denkt an Hochhäuser, von denen sie runterspringen könnte, an Adern, die sie aufschneiden könnte, und an Eisenbahngleise, aber von all dem ist nichts in der Nähe außer den Adern. Aber wie bekommt man die wohl geöffnet? Nora guckt ihre Handgelenke an, aber Adern sieht sie da nicht. Und wie soll sie etwas aufmachen, was sie noch nicht mal sieht. Auf einmal wird Nora so müde, daß sie keinen Schritt weiterlaufen kann. Sich überhaupt nicht mehr bewegen kann. Sie läßt sich auf den Platz fallen, auf dem sie steht. Und das ist ein Stück staubigen Rasens an einer Fernverkehrsstraße. Nora ist schon ein gutes Stück aus der kleinen Stadt ohne Namen rausge-kommen. Jetzt sind da nur noch die Lichter zu sehen, weit weg. Ein Graben, in dem Papierfetzen liegen, widert sich neben der Straße her, und hinter dem Graben ist so ein rostiger Drahtzaun. Und da sitzt Nora und will sich nicht mehr bewegen. Vielleicht, denkt sie, vielleicht hört das Leben einfach auf, wenn ich mich nicht mehr bewege.
    Vielleicht kann

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