Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot
weg, diese Sachen, flössen wahrscheinlich auf dem Fußboden. Sie stand da, in dem vollen Cafe. Hörte keinen Ton. Kam irgendwie auf einem Stuhl zum Sinken. Ihre Hände zitterten, brachten den ganzen Rest in eine ungeordnete Bewegung. Sie wußte da schon, obwohl das Gehirn weg war, daß sie so nie mehr einen sehen, nie mehr einen wollen würde. Er kam dann zu ihr, wollte ihre Nummer haben. Ihre Hand bewegte sich, schrieb eine Nummer, sie konnte ihrem Hirn nicht einmal die Information geben, wie er aussah. Dann ging er weg. Für sie gab es nichts mehr zu erledigen. Sie fuhr nach Hause, in einem Taxi. Ein bißchen was in ihr dachte: So fangen große Lieben an. Ein bißchen in ihr dachte: Vielleicht bin ich bald nicht mehr alleine, vielleicht habe ich auch einen zum Teilen. Und kein Hirn mehr da, das sich über sich lustig machen konnte. Als sie nach Hause kam, hätte es ihr genügt zu schlafen, von ihm zu träumen, aber er hatte schon auf ihr Band gesprochen, und sie rief ihn zurück. Seine Stimme war sehr hoch für einen Mann, und noch immer fiel ihr nicht ein, wie er aussah. Eine halbe Stunde nachdem sie sich geduscht hatte und umgezogen, angezogen wie eine Braut, stand er vor ihr. Er war klein.
Ihre Augen funktionierten wie Augen von Fliegen, sahen lauter Teile, gaben aber kein Ganzes. Sie und der Mann liefen in ihrer Wohnung herum. Der Mann redete wirr, wie unter Drogen. Vielleicht war er unter Drogen, sie war es auf jeden Fall. Nach zehn Minuten lagen sie auf ihrem Bett.
Wenn ihre Augen schon nicht arbeiteten, dann mußten ihre Hände das erledigen. Noch keiner hatte sich so angefaßt. Unfremd. Vertraut und schön und warm, und sie schliefen dann miteinander. Einige Male. Für Bettina war es mit noch keinem so gewesen, und deshalb dachte sie, das müsse für ihn auch so sein. Irgendwann in der Nacht ging er, und Bettina schlief kurz und ruhig. Sie wußte, daß er wiederkommen würde. Er kam. Sie sahen sich noch drei Tage lang. Am dritten wußte sie noch nichts über ihn. Sie wußte ein bißchen, wie er aussah. Klein und scharfen Falten, nicht ein schöner Mann, sie wußte nichts von ihm, außer, daß sie ihn wollte. Halten, wärmen, wollte. Am vierten Tag kam sie zu ihm. Er packte große Taschen. Ganz endgültig packte er sie. Er fuhr weg. Und sie saß vor ihm und wußte zum erstenmal, was Demütigung war. Es war einem Menschen alles schenken zu wollen, was man hatte, was man war. Und zu sehen, wie der Mensch sich abwen-det. Die Geschenke nicht will. Die Hände nicht aus den Taschen nehmend. Er fuhr dann weg, und Bettina konnte ihn nicht vergessen. So sehr sie sich auch sagte, daß es ein Erlebnis war, das ihr doch zeigte, was möglich ist, wollte sie wie alle Menschen mehr. Wollte Unendlichkeit. Wollte nicht begreifen, daß nichts Unendliches da ist. Nirgendwo.
Sie aß nicht mehr, arbeitete nicht mehr, lebte nicht mehr, von dem Tag, als er wegfuhr. Nach drei Wochen, als es ihr noch immer nicht gelungen war, sein Bild abzutreiben, dachte sie an Murti. War zu ihm gegangen. Bettina glaubte nicht an Zaubereien. Nicht an Wiedergeburt und Uterus-atmung. Aber sie war im Wahn. Murti hatte sie gewarnt.
Das Universum kannst du auf Dauer nicht betrügen, hatte er gesagt, es holt sich alles zurück. Ich kann machen, daß er wieder kommt, ich kann machen, daß er bei dir ist, aber ich kann dir nicht das Versprechen geben, daß er dich lieben wird. Hatte er gesagt. Und es war Bettina alles egal. Sie wollte ihn nur wiederhaben. Ihn anfassen, ihn ansehen.
Murti sprang noch ein bißchen herum und sang Lieder.
Dann gab er Bettina ein Pulver, das sie sich in die Hand geben sollte, bevor sie ihm die reichte, und das Amulett, das ihn an sie binden würde. Und dann ging Bettina nach Hause, um auf ihn zu warten.
NORA fährt Auto
Normalerweise ist es total lässig, neben wem im Auto zu sitzen und so. Ich gucke dann raus und kann denken. Ich meine, denken ist vielleicht was anderes. Ich erinnere mich dann immer an vergangene Sachen. Oder träume, was noch kommt. Ich glaube, das ist nicht denken. Also, ich wollte sagen, daß ich eigentlich sehr gerne im Auto mitfahre. Bei Tom liegt die Sache ein bißchen anders. Ich kann jetzt gar nicht genau sagen, was das ist, aber ich finde es sehr schwierig, normale Sachen mit jemandem zu machen, in den man verliebt ist. Einkaufen gehen, essen, aufs Klo oder so Sachen. Die gehören nicht in eine Verliebtheit.
Das ist zu sehr Mensch, und Verlieben ist nichts Mensch-liches. Verlieben ist was
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