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Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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merkwürdigen Mischung aus Sorge und Sanftheit an, als würde sie ihn am liebsten vor alldem beschützen. »Früher habe ich mir immer vorgestellt, die Mächtigen wären anders, aber das stimmt meistens nicht. Niemand gesteht sich gern ein, dass sein eigenes Volk genauso gierig und grausam sein kann wie irgendein fremdes. Wir stellen alle möglichen geistigen Verrenkungen an, um einen Grund dafür zu finden, warum etwas in Wahrheit nicht dem äußeren Schein entspricht, aber wir täuschen nur diejenigen, die zum Narren gehalten werden wollen.«
    »Vielleicht habe ich es gewusst und nur vergessen«, murmelte Monk eingedenk seines Kampfes darum, sich selbst wieder kennenzulernen, Indizien über den Mann zusammenzusetzen, der er gewesen war, die guten Eigenschaften wie die schlechten. Damals war er auf so vieles gestoßen, bei dem es weit angenehmer gewesen wäre, es zu leugnen und einen Weg zu finden, es anders zu erklären als so, wie es auf den ersten Blick wirkte.
    Als hätte sie seine Gedanken gelesen oder vielleicht ähnlichen Erinnerungen nachgehangen, lächelte Hester ihn an. Es war ein wundersam schöner Moment des gegenseitigen Verstehens. Sein und ihr Schmerz wurden geteilt und verschmolzen zu etwas Tieferem und Friedlichem.
    Monk berührte Hester liebevoll, und ihre Hand schloss sich um die seine.
    Das Schweigen fand ein natürliches Ende.
    »Glaubst du, dass Joel Lambourn im Laufe seiner Untersuchung etwas entdeckt hat, das mehr umfasst als nur den Schaden, der beim unwissentlichen Gebrauch von Opium entstanden ist?«, fragte Hester. »Etwas, das streng genommen nicht zum Thema gehört, aber noch viel gefährlicher ist als die anderen Probleme?«
    Monk hatte bereits selbst darüber gerätselt. »Mir leuchtet nicht ein, warum seine Studie eine solche Brisanz haben soll, wenn sie nichts als Zahlen zum Missbrauch von Opium, zu Todesfällen bei Kindern und vielleicht noch hier und dort zu Süchtigen enthält«, brummte er. »Durch ihre Unterdrückung ließe das Arzneimittelgesetz sich vielleicht um ein Jahr verzögern, aber andere Forscher werden die gleichen Beweise finden. Und es gibt auch noch andere Medikamente, bei denen eine Regelung geboten ist. Opiumimporteure werden ehrlicher sein müssen; Apotheker werden beim Wiegen, Messen und Beschriften sorgfältiger arbeiten müssen; viele kleine Händler werden kein Opium mehr verkaufen können. Tausende werden jede Woche ein paar Pence verlieren. Würde einer von ihnen Lambourn deswegen ermorden? Oder gar Zenia Gadney wegen eines Parlamentsgesetzes auf solch abscheuliche Weise umbringen?«
    »Nein«, antwortete Hester ernst. »Wir haben irgendetwas übersehen. Jemand hat noch viel mehr zu verlieren als einen kleinen Profit.«
    »Wer?«, fragte Monk. »Die Vermögen aus dem Opiumhandel sind bereits verdient worden, und niemand hat deswegen seinen guten Ruf verloren.«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Gladstone meinte, manche Leute könnten in den Ruin gestürzt werden, wenn mehr Einzelheiten ans Licht kämen«, sagte Monk. »Hatte Lambourn irgendwo eine Gräueltat aufgedeckt, deren Enthüllung bestimmte Leute ihr Ansehen kosten würde?«
    Hester schüttelte den Kopf. »Unwahrscheinlich. Er brauchte sich doch gar nicht um den Schmuggel oder die Gewalt zu kümmern, wenn er beweisen wollte, dass Opium in frei erhältlichen Medikamenten zum Tod führen kann, weil die Leute die Höhe der Dosierung nicht kennen. Und dass es zu Sucht führen kann, wenn es nicht sorgfältig beschriftet ist und darum falsch eingenommen wird. Das war es doch, worum es ihm ging, oder?«
    »Könnte er zufällig auf etwas anderes gestoßen sein?« Monks Gedanken überschlugen sich. Es entsetzte ihn, dass er so wenig wusste. »Womöglich lügt jemand, weil er den Gedanken an die Schande für unser Land einfach nicht erträgt. Manche – was sage ich da? –, viele Leute würden lieber sterben wollen, als eine solche Erniedrigung ertragen zu müssen.«
    »Ich weiß.« Hester seufzte.
    Monk beobachtete ihr Gesicht, bemerkte die tiefe Sorge, die sich plötzlich darin spiegelte, und zu spät fiel ihm wieder ein, dass ihr Vater sich lieber umgebracht hatte, statt die Schande zu ertragen, in den Konkurs gegangen zu sein, weil Joscelyn Grey ihn um sein ganzes Geld betrogen hatte. Das war der erste Fall, den er in seinem neuen Leben nach dem Gedächtnisverlust übernommen hatte. Dabei hatten er und Hester sich kennengelernt. Allein schon deswegen hätte er mehr Einfühlungsvermögen zeigen müssen, statt

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