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Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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niemanden, was die East India Company in China anstellt.« Er schnippte verächtlich mit den Fingern. »Was die meisten von uns betrifft, könnte China genauso gut auf dem Mond sein – wären da nicht Seide, Tee und Porzellan. Aber was dort ansonsten passiert, ist dem Mann auf der Straße vollkommen egal. Diebstahl? In jedem moralischen Sinn ist ohnehin alles Diebstahl: Korruption, Gewalt, die Vergiftung einer halben Nation, weil wir die Mittel und den Wunsch haben, es zu tun, und weil es absurd hohe Profite einbringt.«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Hester zum wiederholten Mal, eine Spur verzweifelter jetzt. »Es muss doch etwas geben, das uns ans Herz geht. Wir können Menschen aus fremden Ländern abschlachten und Wege finden, das vor uns zu rechtfertigen, aber unseresgleichen können wir nicht ausrauben und auch ganz gewiss nicht betrügen.«
    »Sind Sie sicher, Hester?«, fragte er leise. »Wie kommen Sie darauf, dass Lambourn etwas dieser Art entdeckt hatte? Über wen? Es ist allgemein bekannt, dass wir unter den Chinesen Opium verbreitet haben, um damit den Luxus zu bezahlen, den wir von ihnen kaufen: Seide, Porzellan und vor allem Tee – danach sind wir süchtig. Sie wollten es sich nur mit Silber bezahlen lassen, aber wir haben keines. Also haben wir sie süchtig nach Opium gemacht und es uns mit Silber bezahlen lassen, um es ihnen gegen noch mehr Tee zurückzugeben, wenn wir nicht gleich direkt getauscht haben. Der Unterschied ist, dass wir den Tee legal importieren und er uns nicht schadet. Das Opium schmuggeln wir dagegen nach China, und es bringt die Bevölkerung langsam um. Sie wandern durch Höhlen der Seele, ›die kein Mensch ermessen kann, in sonnenloses Meer‹. Lesen Sie Coleridge, Kubla Khan , oder de Quincey!«
    Über dieses Thema hatte Hester auch schon eine Weile nachgedacht, war sich aber nicht schlüssig, wie sie ihre Frage dazu formulieren sollte oder welche Antwort sie eigentlich suchte. Sicher wusste sie nur, dass sie Winfarthing volles Vertrauen schenkte.
    »In sonnenloses Meer«, wiederholte sie. »Das klingt nach Gefängnis, nach Ertrinken. Wie schlimm ist echte Abhängigkeit von Opium?«
    Er musterte sie unverwandt. Seine Augen verengten sich. »Warum fragen Sie das? Warum jetzt?«
    »Wir rauchen es nicht wie die Chinesen, sondern nehmen es in Form von Medikamenten ein, die daneben noch alle möglichen anderen Bestandteile enthalten«, antwortete sie zögernd. »Es ist das einzige Mittel gegen wirklich schlimme Schmerzen.«
    »Das weiß ich, Mädchen. Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ich habe im Hafenviertel eine Frau kennengelernt, die eine Klinik für schwerverletzte Dockarbeiter und Seeleute betreibt. Sie hat mir eine Spritze mit einer daran befestigten Kanüle gezeigt, über die Opium direkt ins Blut befördert werden kann. Auf diese Weise können Schmerzen schneller und länger betäubt werden. Größere Wirkung bei geringerer Dosierung.«
    Winfarthing nickte bedächtig. »Und noch größere Abhängigkeit«, knurrte er. »Was sonst! Passen Sie auf, Hester. Passen Sie nur gut auf! Opiumsucht ist eine schlimme Angelegenheit. Sie haben recht: Sie ist ein Meer, in dem Millionen gleichzeitig ertrinken können und trotzdem jeder für sich allein untergeht. Erst nimmt man es gegen die Schmerzen, dann, um bis zum nächsten Tag durchzuhalten, und am Ende, um den Wahnsinn abzuwehren. Gute Menschen wenden es bei anderen an, um unerträgliches Leiden zu lindern, böse erzeugen damit eine Leidenschaft, aus der sich nur die Wenigsten befreien können.«
    »Wer hat diese Nadeln?«, wollte Hester wissen.
    »Das weiß ich nicht. Sie?«
    »Nein. Ich weiß nicht einmal, ob es viele oder wenige gibt. Und ich habe nicht den Schimmer einer Ahnung, ob das vielleicht mit Dr. Lambourns Tod zusammenhängen könnte. Niemand scheint zu wissen, was in dieser Untersuchung …«
    Plötzlich streckte Winfarthing sich. »Ist es das, worum sich diese Angelegenheit Ihrer Meinung nach dreht? Weder das Arzneimittelgesetz noch die Opiumkriege, sondern die Tatsache, dass jemand eine Krankheit erzeugt, die nur er behandeln kann?«
    »Das weiß ich nicht«, gestand Hester. »Aber die Opiumkriege sind auch ohne alles andere hässlich genug!«
    »Meine Liebe, die Menschen hören nicht, was sie nicht hören wollen«, erinnerte Winfarthing sie sanft. »Man wird Sie eine Lügnerin, eine Vaterlandsverräterin nennen, wenn Sie so etwas auch nur andeuten. Und die wahren Täter wird man verteidigen, weil es uns nicht

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