Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
überlegte, nicht ob , sondern wie sie die Nachricht ausrichten sollte, welche Formulierung eine Erfolgsaussicht bieten würde.
»Ich werde sie fragen«, bot sie schließlich an. »Bitte warte hier. Ich …« Sie schluckte mühevoll. »Ich möchte gern eine Szene vermeiden, die uns alle in Verlegenheit stürzen würde.«
Rathbone nickte. »Selbstverständlich.«
Es dauerte fast eine Viertelstunde, bis Mrs Ballinger zurückkehrte, ein klares Zeichen dafür, wie schwer es gewesen sein musste, Margaret zu überreden. Während Rathbone ihr mit Worten des Dankes durch den Flur folgte, wuchs sein Zorn auf Margaret – nicht seinetwegen, sondern im Namen ihrer Mutter. Er konnte bestenfalls ahnen, was für einen schlimmen Schlag erst die Schuld ihres Mannes und dann seine Ermordung für sie bedeutet haben mussten, ein Umstand, durch den alle Hoffnung auf eine Begnadigung vernichtet worden war. Nicht, dass tatsächlich irgendeine Aussicht auf Rettung bestanden hätte. Ballinger wäre so oder so durch die Schlinge des Henkers gestorben. Doch ihre ganze Welt war auf schreckliche Weise in sich zusammengestürzt. Sie hatte niemanden mehr, auf den sie sich stützen konnte, außer ihre Kinder. Das Scheitern von Margarets Ehe und deren Weigerung, die Schuld ihres Vaters zu akzeptieren, mussten Salz in ihren Wunden gewesen sein.
Margaret wartete in der Mitte des überfüllten Salons auf ihn. Sie war schlicht gekleidet. Wie ihre Mutter trug sie immer noch Schwarz, auch wenn es bei ihr durch Schmuck und eine perlenbesetzte Brosche aufgelockert wurde, was für ein mattes weißes Schimmern inmitten all des Dunkels sorgte. Wie immer stand sie in vollendeter Anmut da, den Kopf hoch erhoben, doch sie war magerer als beim letzten Mal und sehr bleich, fast farblos im Gesicht.
Sie begrüßte ihn nicht.
Sie zu fragen, wie es ihr ging, wäre auf absurde Weise förmlich gewesen. Außerdem hätte er damit eine Atmosphäre geschaffen, aus der sie nicht mehr herausgefunden hätten. Und da Margaret seit jeher bester Gesundheit gewesen war, hatten sie nie über dieses Thema geredet. Nein, ihre Nöte waren rein emotionaler Natur, und die konnte kein Arzt behandeln, geschweige denn heilen.
Rathbone fühlte sich unbeholfen und wusste, dass er in seinen tadellos geschneiderten Kleidern in diesem mit Familienfotografien zugepflasterten, trostlosen Raum völlig fehl am Platze wirken musste.
Welche aufrichtigen Worte konnte er äußern? Warum war er gekommen?
»Ich wollte mit dir sprechen …«, begann er. »Sehen, ob wir einander ein bisschen besser verstehen können, uns vielleicht auf eine Art Versöhnung zubewegen …« Er unterbrach sich. Margarets Gesicht gab nichts preis, und er fühlte sich närrisch und verletzlich zugleich.
Ihre blonden Augenbrauen wanderten nach oben. »Sagst du Dinge, von denen du glaubst, dass man sie sagen sollte, Oliver?«, fragte sie mit tonloser, leiser Stimme. »Soll dir das den Weg zu einer Selbstrechtfertigung ebnen, weil du mich mit einem reinen Gewissen von dir schieben willst? Schließlich musst du in der Lage sein, deinen Kollegen zu erzählen, dass du dich bemüht hast. Es würde ein schlechtes Licht auf dich werfen, wenn du irgendetwas unversucht ließest. Jeder würde verstehen, dass ein berühmter Anwalt wie du nicht mit der Tochter eines Verbrechers verheiratet sein möchte, aber das solltest du wenigstens nicht auf so verletzende Weise klarmachen.«
»Siehst du dich so: als die Tochter eines Verbrechers?«, fragte er in schärferem Ton, als er beabsichtigt hatte.
»Wir sprachen über dich«, erwiderte sie. »Du bist hierhergekommen, nicht ich zu dir.«
Auch das tat weh, selbst wenn er nicht hätte erwarten können, dass sie zu ihm kommen würde. Ob falsch oder richtig, es war immer der Mann, der die Initiative ergriff – außer bei Hester vielleicht. Hätte sie mit einem Menschen, der ihr etwas bedeutete, im Streit gelegen, wäre sie in jedem Fall zu ihm gegangen und hätte noch einmal mit ihm gesprochen, egal, ob sie im Recht war oder nicht. Das wusste er aufgrund seiner früheren Erfahrungen. Auch Hester machte Fehler, und es waren große Fehler, wie man sie zwangsläufig beging, wenn man nach der Devise »Alles oder nichts« lebte. Doch kleinlich war Hester nie gewesen. Umgekehrt war Rathbone derjenige gewesen, der einfach nicht wagemutig genug war, um sie zu verdienen. Rathbone war klar, dass er jetzt seinerseits nicht kleinlich reagieren sollte.
Er holte tief Luft. »Ich bin in der Hoffnung
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