Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Pendock, dann Rathbone an.
Runcorn blickte zu den Geschworenen hinüber und lächelte.
Einer von ihnen rutschte auf seinem Stuhl herum.
»Bleiben Sie beim Thema, Sir Oliver«, sagte Pendock schließlich. »Ob Mr Coniston Einspruch erhebt oder nicht – wenn Sie davon abweichen, werde ich Ihnen Einhalt gebieten.«
»Danke, Mylord«, brachte Rathbone hervor, dem es nur mit Mühe gelang, die Fassung zu wahren. Einmal mehr wurde ihm eindringlich bewusst, dass Pendock ihn mit Habichtsaugen auf den geringsten Protokollfehler hin beobachtete. Was immer der Grund sein mochte, was immer Dinah Runcorn gesagt haben mochte, Pendock würde die Verteidigung mit jedem rechtlich zulässigen Mittel behindern.
Rathbone nahm einen neuerlichen Anlauf. »Sie wurden mit der Untersuchung von Dr. Lambourns Tod beauftragt, als seine Leiche am One Tree Hill entdeckt wurde.« Obwohl er diese Worte an Runcorn richtete, blickte er dabei die Geschworenen an.
»Ja«, bestätigte Runcorn. »Ein Mann, der seinen Hund spazieren führte, sah Lambourns Leiche mehr oder weniger gegen einen Baum…«
Coniston erhob sich. »Mylord, Mr Runcorn unterstellt, dass …«
»Ja, ja!«, stimmte Pendock ihm zu. Er wandte sich zum Zeugenstand um. »Mr Runcorn, hüten Sie bitte Ihre Zunge. Unterstellen Sie nicht etwas, wovon Sie nichts wissen. Äußern Sie sich einfach zu dem, was Sie gesehen haben, ist das klar?«
Das war bis zum Äußersten getriebene Bevormundung. Rathbone sah, wie sich Runcorns Gesicht rot verfärbte, und betete zu Gott, dass er nicht die Beherrschung verlor.
»Ich war im Begriff zu sagen: ›gegen einen Baumstamm gelehnt dasaß‹«, stieß Runcorn zwischen aufeinandergepressten Zähnen hervor. »Wäre er nicht abgestützt gewesen, wäre er umgefallen. Er war ohnehin schon leicht zur Seite gekippt.«
Pendock entschuldigte sich nicht, doch Rathbone sah seinem Gesicht an, dass er sich über sich selbst ärgerte. Auch die Geschworenen mussten das bemerkt haben.
Rathbone verkniff sich ein Grinsen. »Er war tot?«, fragte er.
»Ja. Sogar schon kalt«, bestätigte Runcorn. »Aber die Nacht war frostig gewesen, und es ging ein leichter Wind, der für die Jahreszeit zu kalt war. Seine Handgelenke waren an der Innenseite aufgeschnitten, und es sah so aus, als wäre er verblutet.«
Pendock beugte sich vor. »›Sah so aus‹? Wollen Sie zu verstehen geben, dass das nicht der Fall war, Mr Runcorn?«
»Nein, Mylord.« Runcorns Miene gab keine Regung preis. »Ich versuche lediglich, die Dinge so auszudrücken, wie sie mir zu dem Zeitpunkt bewusst waren. Der Polizeiarzt hat das dann bestätigt. Bei der Autopsie kam später heraus, dass er auch eine beträchtliche Dosis Opium eingenommen hatte, die aber nicht ausgereicht hätte, ihn zu töten. Ich vermutete damals, dass es vielleicht die Schmerzen beim Aufschneiden der Handgelenke betäuben sollte.«
»Damals?«, fragte Rathbone eilig dazwischen. »Erfuhren Sie später etwas Genaueres? Der Polizeiarzt konnte Ihnen doch sicher nicht die Gründe für die Einnahme des Opiums mitteilen, sondern nur die bloße Tatsache?«
Runcorn starrte Rathbone eindringlich an. »Nein, Sir. Ich habe nur meine Meinung geändert. Ich glaube nicht, dass Lambourn sich die Pulsadern aufgeschnitten hat. Ich vermute, dass das Opium dazu diente, ihn schläfrig zu machen, seine Reaktionen zu verlangsamen, ihn vielleicht sogar zu betäuben, damit er sich nicht wehren konnte. Bei einer Selbstverteidigung entstandene Wunden würden sich bei mutmaßlichem Selbstmord nur schwer erklären lassen.«
Coniston stand schon wieder auf.
Pendock blitzte Runcorn an. »Mr Runcorn! Ich werde keine wilden und unbeweisbaren Spekulationen in diesem Gericht dulden! Das ist nicht die Wiederaufnahme eines bereits abgeschlossenen Verfahrens mit amtlichem Urteil – eine Tatsache, von der ich weiß, dass sie Ihnen sehr wohl bekannt ist. Wenn Sie etwas Relevantes über die Ermordung Zenia Gadneys zu bieten haben, dann sagen Sie uns das bitte. Alles andere ist hier nicht statthaft. Haben Sie verstanden?«
»Ja, Mylord«, sagte Runcorn selbstbewusst. Mit erhobenem Haupt stand er da, den Blick nach vorn gerichtet. »Aber da wir jetzt wissen, dass Zenia Gadney auch Joel Lambourns Frau war, ein Fakt, der uns bei seinem Tod nicht bekannt war, scheint sein Ende so kurz vor dem Mord an Zenia Gadney doch eine Reihe von Fragen aufzuwerfen. Es fällt schwer, einen Zusammenhang von vornherein zu bestreiten.«
»Natürlich gibt es einen Zusammenhang!«,
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