Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
behaupten Sie, dass er sich umbrachte, weil eine bedeutende und sehr umfangreiche Studie, die er angefertigt hatte, zurückgewiesen worden war und er mit der Arbeit noch einmal von vorn anfangen musste. Ich versuche nun zu ergründen, ob es sich tatsächlich so verhielt oder nicht. Ich beabsichtige, andere Zeugen aus seinem Fachgebiet aufzurufen, damit sie sich zu diesem Sachverhalt äußern.«
Getuschel erhob sich im Saal. Pendock drosch mit seinem Hammer so wütend auf das Pult, dass schlagartig völlige Stille einkehrte. »Sir Oliver! Wir verhandeln gegen die Angeklagte wegen des Mordes an Zenia Gadney-Lambourn, nicht wegen des Todes von Joel Lambourn, der bereits gerichtlich als Selbstmord bestätigt worden ist. Seine Gründe dafür, so tragisch sie auch sein mögen, haben hier keine Relevanz.«
»Mylord, ich stelle den Antrag, beweisen zu dürfen, dass sie von dringender Relevanz sind, und ich werde die Geschworenen davon überzeugen!«, rief Rathbone tollkühn.
»So, so«, knurrte Pendock skeptisch. »Wir warten voller Ungeduld. Fahren Sie bitte fort.«
Mit pochendem Herzen wandte sich Rathbone wieder an Dinah.
»Ich weiß, dass es Ihnen schwerfällt zu glauben, dass Dr. Lambourn sich das Leben genommen hat. Aber war er in der Woche, bevor seine Leiche entdeckt wurde, irgendwann auffallend bekümmert, wütend oder unentschlossen hinsichtlich seiner nächsten Schritte? Wirkte er verändert?«
Coniston rutschte vor, ohne sich zu erheben, blieb aber sprungbereit auf der Stuhlkante sitzen.
Dinah verstand Rathbones Wink. »Ja. Etwas fiel mir zwei oder drei Tage vor seinem Tod auf, als er nach Befragungen in der Hafengegend heimkam. Er war verzweifelt wegen etwas, das er in Erfahrung gebracht hatte.«
»Erzählte er Ihnen, was das war?«, fragte Rathbone.
Im Saal herrschte Stille. Niemand wagte zu atmen. Die Geschworenen verharrten regungslos auf ihren Stühlen.
»Nein«, hauchte Dinah, um dann mit einiger Anstrengung lauter zu werden. »Ich habe ihn gefragt, aber er sagte, es sei zu entsetzlich, als dass er mit jemandem darüber reden könne, solange er nicht wisse, wer dahinterstecke. Ich habe nachgebohrt, aber er beharrte darauf, dass es etwas sei, wovon ich um meiner Sicherheit willen nichts wissen solle, so schrecklich sei das Leid der Betroffenen. Es würde mich Tag und Nacht in meinen Träumen und Gedanken verfolgen, mein ganzes Leben lang.« Die Tränen strömten ihr über das Gesicht. »Ich sah, wie bekümmert er war, und begriff, dass er die Wahrheit sagte. Ich habe ihn nicht wieder gefragt. Mir ist nicht klar, was für ihn leichter gewesen wäre: mein Wissen oder meine Ahnungslosigkeit. Ich habe es nie erfahren, weil er zwei Tage später tot war.«
»Könnte das an der Zahl der Todesfälle in einer bis dahin nicht erfassten Gegend gelegen haben, verursacht durch eine versehentliche Überdosierung von Opium?«, fragte Rathbone.
Dinah schüttelte den Kopf. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Wäre etwas Schreckliches vorgekommen, zum Beispiel auffallend viele Tote in einem bestimmten Gebiet, dann hätte doch sicher Mr Herne Aufklärung über die Einzelheiten verlangt, und es wäre nicht mehr geheim gewesen. Nein, es muss sich um etwas anderes gehandelt haben.«
»Ich verstehe, was Sie meinen«, stimmte Rathbone ihr zu. »Kündigte er Ihnen zu irgendeinem Zeitpunkt an, was er in dieser schrecklichen Angelegenheit, die so viel Leid gebracht hatte, zu unternehmen gedachte?«
Dinah verfiel in Schweigen.
Einer der Geschworenen rutschte unbehaglich hin und her, ein anderer beugte sich vor, als wollte er Dinah näher betrachten.
Coniston starrte Rathbone an, dann blickte er zum Richter auf.
Rathbone hätte gern gewusst, ob Barclay Herne anwesend war. Doch er stand mit dem Rücken zum Zuschauerraum und wagte nicht, sich umzudrehen.
»Ich versuche, mir ins Gedächtnis zu rufen, was er zu mir gesagt hat«, erklärte Dinah schließlich. »Die Worte an sich und das, was er gemeint haben könnte. Er war sehr bekümmert und aufgeregt.«
»Wusste er, wer in diese Gräueltaten verwickelt war?«, hakte Rathbone nach. »Oder äußerte er sich über die Natur dieser Entdeckung?«
»Nur insofern, als dass sie mit Opium zu tun hatte«, antwortete Dinah leise. »Und dass die Sache ihm dringend am Herzen lag.«
Jetzt konnte Coniston sich nicht mehr zurückhalten. »Mylord! Wir haben in keiner Weise festgestellt, dass es eine Gräueltat aufzudecken galt, sondern lediglich, dass etwas geschehen war, über das
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