Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
worden war. Die Schmerzen waren schier unerträglich. Eine Zeit lang wurde mir das Opium gespritzt, bis die Knochen wieder verheilt waren. Doch nun, da ich die Schmerzen fast vergessen habe, wünschte ich, ich hätte das Opium nie gesehen, nie davon gehört. Mir graut vor der Hölle des Entzugs, und nur die Aussicht auf den Trost durch die nächste Dosis Opium hält mich am Leben.«
»Wo erhalten Sie es?«, fragte Rathbone.
»Von einem Mann, der es mir in so reiner Form verkauft, dass ich es mir in die Venen spritzen kann.«
»Ist es teuer?«
»Ja.«
»Wie können Sie es sich leisten?«
»Ich habe alles verloren, was ich hatte: mein Haus, meine Familie, meine Praxis. Jetzt muss ich den Befehlen dieses Mannes gehorchen und es an andere verkaufen, die ebenfalls seine Sklaven geworden sind. Manchmal wäre ich lieber tot.« Nichts Melodramatisches, kein Selbstmitleid klang in seinen Worten durch. »Für jene anderen wäre das jedenfalls besser und für mich vielleicht auch.«
Wie gerne hätte ihm Rathbone Trost gespendet, wenn auch nur, um ihn in seiner Würde zu bestätigen, doch war hier nicht der Ort dafür. »Kennen Sie den Namen dieses Mannes?«, fragte er.
»Nein. Sonst würde ich ihn Ihnen sagen.«
»Wirklich? Was würde dann aus Ihrer Quelle?«
»Sie würde versiegen, was nun wohl ohnehin geschehen wird, da ich hier aussage. Ich glaube wirklich nicht, dass mir noch daran liegt.«
Rathbone senkte den Blick. »Ich habe keine Worte, um Ihren Schmerz zu lindern. Das Beste, was ich tun kann, ist, Ihnen dafür zu danken, dass Sie gekommen sind, um vor diesem Gericht auszusagen – noch dazu zu einem so hohen Preis. Bitte warten Sie, falls Mr Coniston Sie etwas fragen möchte.«
Coniston erhob sich langsam. »Mr Doulting, erwarten Sie nun, dass wir Ihnen diese furchterregende Darstellung auf Ihr bloßes Wort hin glauben? Nach Ihrem eigenen Eingeständnis sind Sie der Knecht dieses Mannes und bereit, für Ihre Dosis Opium alles zu tun.«
Doulting musterte ihn mit müder Verachtung. »Wenn Sie Zweifel an mir haben, dann gehen Sie doch in die dunklen Gassen und Gossen, wo die Verlorenen und Sterbenden hausen. Dort werden Sie andere finden, die Ihnen dasselbe erzählen werden. Um Himmels willen, Mann! Schauen Sie mich doch an! Vor dem Opium war ich ebenso angesehen wie Sie und hatte es genauso gut. Ich besaß Rang und Namen, ein Zuhause, einen Beruf. Ich strotzte vor Gesundheit. Ich schlief nachts in meinem eigenen Bett, und beim Aufwachen freute ich mich auf den kommenden Tag. Jetzt wünsche ich mir nur noch Erlösung – und den Tod.«
Von der Galerie schwappte ihm eine Welle der Anteilnahme in Form von Seufzern und Gemurmel entgegen. Das beeinträchtigte Coniston so sehr, dass er nicht mehr fortfahren konnte. Jemand forderte ihn mit einem Zuruf auf, sich zu setzen.
Pendock schlug mit seinem Hammer auf das Pult. »Ruhe!«, donnerte er. »Ich bestehe auf Ruhe! Danke, Mr Coniston. War das alles?«
»Ja, Mylord, danke.«
Pendock warf Rathbone einen Blick zu. »Sir Oliver, Sie können morgen Ihr Schlussplädoyer halten. Für heute vertagt sich das Gericht.«
Vom späten Nachmittag bis in den Abend hinein saßen Rathbone, Monk, Hester und Runcorn um den Küchentisch und planten bei Speisen und Tee den letzten Prozesstag. Draußen prasselte Schneeregen gegen die Fensterscheiben, während der Herd den Raum in eine Insel der Wärme verwandelte. »Die Indizien könnten für einen Freispruch wegen ›begründeter Zweifel‹ reichen«, murmelte Rathbone niedergeschlagen. »Was wohl besser ist, als ich es vor ein, zwei Tagen noch zu hoffen wagte. Aber ich will ihre Unschuld beweisen. Ihr Leben wird für immer ruiniert sein, wenn wir nicht mehr erreichen.«
»Und Lambourns Name ist auch nicht wiederhergestellt«, ergänzte Monk.
Hester schien die auf der Anrichte aufgereihten Teller anzustarren, doch ihr Blick verlor sich weit dahinter. Schließlich richteten sich ihre Augen wieder auf Rathbone. »Glauben Sie, dass Lambourn wusste, wer das war?«, fragte sie ihn mit einem fast unmerklichen Kopfschütteln. »Denn das muss doch so gewesen sein, nicht wahr? Oder wenigstens nahm derjenige an, er wüsste es. Aus diesem Grund wurde er ermordet. Ein anderer ist kaum denkbar. Wenn er seine Studie eingereicht und ein Regierungsmitglied sie gelesen hätte, insbesondere Mr Gladstone, wäre der Verkauf von Opium sicher schnell verboten worden. Das bedeutet, es ist jemand, den er persönlich kannte.«
Rathbone nahm dies
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