Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
dringende Angelegenheit handeln würde.
Er wurde in ein blassgrünes Empfangszimmer mit Blick auf die Straße geführt. Die Vorhänge waren halb zugezogen, sodass die Stühle im Schatten standen und der gemusterte Teppich in einen warmen Lichtfleck gebadet war. Der Kamin war nicht eingeschürt worden, aber wahrscheinlich empfing Mrs Lambourn gegenwärtig auch nicht viele Besucher.
Monk dankte dem Dienstmädchen. Als sie gegangen war und die Tür hinter sich zugezogen hatte, blickte er sich im Zimmer um. Die Wände waren gesäumt von Bücherregalen, allesamt voll. Er stellte sich vor eines und studierte die Titel. Sie behandelten eine ganze Bandbreite von Themen, nicht nur Medizin und Medizingeschichte, sondern auch Historisches über Großbritannien, China (was er nun wirklich nicht erwartet hatte) und mehrere erst kürzlich erschienene Werke über die moderne Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika.
An der Wand gegenüber entdeckte er Philosophisches, die Werke von Shakespeare, Miltons »Das verlorene Paradies« und Gibbons »Verfall und Untergang des Römischen Reiches«. Sogar eine Reihe von Romanen gab es.
Monk las noch die Buchrücken, als Dinah Lambourn eintrat. Das gedämpfte Klicken beim Schließen der Tür ließ ihn herumfahren.
»Bitte verzeihen Sie mein Eindringen«, entschuldigte er sich. »Sie haben eine höchst interessante Büchersammlung!«
»Von meinem Mann«, sagte sie leise und stellte sich vor. Unter normalen Umständen wäre sie eine Schönheit gewesen. Sie war groß und hatte ein ausdrucksstarkes Gesicht mit hohen Wangenknochen, das jetzt verletzlich, von Kummer gezeichnet, ja, verwundet wirkte. Das Schwarz ihrer Kleidung wurde von keinerlei Schmuck aufgelockert. Ihr volles dunkelbraunes Haar war bis auf das Dunkelblau ihrer Augen das einzige Farbige an ihr.
Ihre Gefühle waren schier mit Händen zu greifen, sodass Monk aufs Neue Gewissensbisse befielen, weil er sie mit einer derart quälenden Frage belästigte. Was für ein Mensch war Joel Lambourn gewesen, dass er eine Frau wie sie einfach zurückgelassen hatte, um auf der anderen Seite des Flusses und weiter westlich im Limehouse-Viertel eine so glanzlose Person wie Zenia Gadney aufzugabeln? Wozu, um Himmels willen? War er schwach und fühlte er sich von der schillernden Dinah an den Rand gedrängt? Konnte er ihre Bedürfnisse nicht erfüllen, weder physisch noch emotional, und brauchte er eine schlichte, gewöhnliche Frau, die nichts von ihm verlangte? Oder wagte er einfach nicht, sie zu kritisieren?
Oder hatte er eine dunkle Seite, von der Dinah nichts wissen durfte?
Sie wartete immer noch auf Monks Erklärung. Dieser wiederum zögerte. Wie konnte er es ihr beibringen, ohne ihr dabei allzu große Schmerzen zuzufügen? Dennoch musste sie die Wahrheit erfahren.
»Kannten Sie eine Frau namens Zenia Gadney, die in der Copenhagen Place in Limehouse lebte?«, fragte er leise.
Sie blinzelte, als hätte die Frage sie verwirrt. Dann stand sie einen langen Moment regungslos da; offenbar durchforschte sie ihre Erinnerung. »Nein, der Name sagt mir nichts«, antwortete sie schließlich. »Aber Sie haben in der Vergangenheitsform gesprochen. Ist ihr denn etwas zugestoßen?«
»Leider, ja. Das ist eine sehr unerfreuliche Angelegenheit, Mrs Lambourn. Möchten Sie sich vielleicht lieber setzen?« Das sagte er in einem Ton, der mehr nach einer Bitte statt nach einem Rat klang.
Langsam leistete sie der Aufforderung Folge. Ihr Gesicht war noch blasser geworden, ihre Augen bohrten sich in die seinen. »Ihr ist also etwas passiert. Das tut mir leid.« Das war nur ein leises Murmeln, doch es verriet Gefühle, die über bloße Höflichkeit hinausgingen.
»Haben Sie nicht gesagt, dass Sie sie nicht kennen?« Schon hatte sich etwas Eisiges in seine Stimme geschlichen.
»Was hat das damit zu tun?« Sie hob das Kinn. »Es tut mir trotzdem leid, wenn ihr etwas zugestoßen ist. Aber warum sind Sie hier ? Limehouse ist Meilen entfernt und auf der anderen Seite des Flusses. Ich weiß nichts darüber.«
»Ich glaube, dass Ihr Mann sie kannte.«
Fast hätte sie die Fassung verloren. »Mein Mann ist tot, Mr Monk«, sagte sie mit belegter Stimme. »Und dieser Mrs … Gadney bin ich nie begegnet.«
»Ich weiß, dass Ihr Mann tot ist, Mrs Lambourn, und das tut mir zutiefst leid.« Er wollte sich aufrichtig entschuldigen und nicht nur sein Beileid zu ihrem Kummer bekunden, den zu verschlimmern er im Begriff stand, doch in dieser Situation schienen ihm
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