Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
ihm zu sprechen. Sein Vertrauen zu ihr war ein Kompliment für sie. Er behandelte sie von gleich zu gleich, und daher hatte falscher Schein in ihrem Gedankenaustausch nichts zu suchen.
»Sie kannten ihn sehr gut«, schloss Hester.
Winfarthing lächelte, denn er hatte bemerkt, dass sie seinem Kommentar über sie ausgewichen war und dabei einige Eleganz bewiesen hatte. »Er gehörte zu den Männern, die einem gestatten, sie so kennenzulernen, wie sie sind, sofern sie Respekt vor einem haben«, erklärte er und musste aus Verlegenheit über seine Rührung mehrmals heftig blinzeln. »Es schmeichelt mir sehr, dass er mich mochte. Das war das schönste Kompliment, das er mir machen konnte. War mir mehr wert, als hätte er mir gesagt, ich sei ein großer Arzt – was ich nicht bin. Und widersprechen Sie mir jetzt nicht, meine Liebe! Meine medizinischen Kenntnisse sind hinreichend … jetzt vielleicht etwas veraltet. Es ist vielmehr meine Menschenkenntnis, die Sie bewundern, und meine Fähigkeit, das Beste aus anderen herauszuholen.«
Sie blickte ihm fest in die Augen und nickte. Auch in diesem Punkt verdiente er, von ihr die Wahrheit zu erfahren. »Erzählen Sie mir mehr über Dr. Lambourn«, bat sie ihn.
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar, woraufhin es noch verwegener aussah. »Warum? Was kann Ihnen das jetzt noch bedeuten? Er lebt nicht mehr, der bedauernswerte Mann.«
»Kannten Sie auch seine Frau?« Erneut wich sie seiner Frage aus.
»Ich bin ihr einmal begegnet.« Er studierte aufmerksam Hesters Gesicht, wie um darin ihre eigentlichen Gedanken zu lesen. »Prächtige Frau, gut aussehend. Und wieder: Warum? Ich kann genauso beharrlich fragen, wie Sie mir ausweichen, und das wissen Sie genau.«
»Sie glaubt nicht, dass er sich das Leben nahm«, antwortete Hester.
»Wieder einer von Ihren ›verlorenen Fällen‹?« Winfarthing zuckte mit den massigen Schultern. »Mir fällt es auch schwer, das zu glauben, aber es heißt, dass alle Indizien dafür sprechen. Was könnte es sonst gewesen sein? Niemand klettert in der Nacht auf einen kahlen Hügel und durchtrennt sich versehentlich die Pulsadern, Mädchen. Das wissen Sie doch genauso gut wie ich.«
Hester kam sich albern vor, doch sie war nicht bereit aufzugeben. Wenn Winfarthing Dinah nicht glaubte, wer dann? »Wie wichtig war seine Untersuchung über den Verkauf und Gebrauch von Opium?«, wollte sie wissen. »War wirklich ein Arzneimittelgesetz für den Opiumverkauf geplant?«
Winfarthing runzelte die Stirn. »Ist es das, was er betrieb? Für wen? Er selbst war natürlich unbedingt für ein solches Gesetz!«
»Und Sie?«, drängte Hester.
»Dass Sie das noch fragen müssen, ist eine Beleidigung für mich!«, sagte er scharf, auch wenn sein Gesichtsausdruck keinen Zorn verriet. »Aber ein solches Gesetz muss auf Fakten beruhen, nicht auf religiösen oder finanziellen Interessen. Opium in der einen oder anderen Form ist für die meisten das Einzige, was gegen Schmerzen hilft. Das ist allseits bekannt. Gott allein weiß, wie viele Menschen damit durch den Tag – oder die Nacht – kommen.« Ihm war anzumerken, dass er das schweren Herzens sagte.
»Soviel ich weiß, ging es ihm bei sämtlichen Heilmitteln, die Opium enthalten – und das sind Hunderte –, um …«, begann sie.
»Mindestens! Wenn nicht Tausende«, fiel er ihr ins Wort.
»Um eine gesetzliche Regulierung der Herstellung und die Verpflichtung, auf dem Etikett die genaue Menge und angemessene Dosierung anzugeben.«
»Ah!« Winfarthing seufzte. »Armer Lambourn. Dann hatte er geballte wirtschaftliche Interessen gegen sich. Im Opiumimport steckt eine Menge Geld. Selbst das Vermögen einiger unserer angesehensten Familien ist darauf aufgebaut, wissen Sie das?«
»Genug, um zu versuchen, Dr. Lambourns Untersuchung zu unterdrücken?«
Seine Augenbrauen schossen in die Höhe. »Ist es das, was Sie vermuten? Politischer Druck? Da täuschen Sie sich.« Er richtete sich in seinem Stuhl kerzengerade auf. »Joel Lambourn hätte sich von keinem Menschen der Welt dazu bringen lassen, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Er mag in politischer Hinsicht naiv gewesen sein, aber er war ein erstklassiger Wissenschaftler, und – was noch wichtiger ist – er liebte seine Familie. Nie hätte er sie auf diese Weise im Stich gelassen. Wie Sie am Anfang gesagt haben, kann es einen Menschen zerstören, wenn die Person, die er am meisten liebt und von der er abhängig ist, davonschleicht und sich umbringt.« Erneut
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