Ein Pirat zum Verlieben
Halt zu haben, sah Tess die Machete dicht hinter Danes Rücken. Wieder griff sie auf ihre Fähigkeiten als Hochleistungssportlerin zurück.
Mit einem gellenden »Hur-ra-a-a!« stieß Tess sich ab und segelte mit den Füßen voran durch die Dunkelheit. Ihre Fersen prallten auf den turbanumwickelten Kopf, und sie konnte noch ein Unheil verkündendes Knacksen hören, bevor sie ihr Schwung hoch in die Luft trug und in ein versengtes Segel krachen ließ wie eine Fliege an eine Klatsche. Tess, die sich krampfhaft an dem Tau festhielt, als sie hilflos in der Luft hin und her baumelte, schüttelte benommen den Kopf und ließ sich hinuntergleiten. Im nächsten Moment wünschte sie, sie wäre oben geblieben. Der Mann mit dem Turban lag neben dem Spill. Sein Hals war in einem unnatürlichen Winkel verdreht.
Dane erhaschte einen Blick auf die Machete und ihren toten Besitzer. »Sie kämpfen wie ein Mann ohne Ehre, Bennett«, knurrte er. »Und heute Nacht werden Sie als Mann ohne Ehre sterben.« Getrieben von Rachegelüsten, schoss Danes muskulöser Arm vor. Seine Faust krachte in Bennetts Kiefer, schleuderte den Mann an die Reling und ließ ihn beinahe über Bord gehen. Es ist noch nicht vorbei, dachte Dane. Ich habe noch nicht genug Blut geschmeckt.
Bennett starrte in diese unbarmherzigen Augen und sah sein Todesurteil in ihnen. Der Mann ist besessen, mit dem Teufel im Bunde, und er hat von Anfang an Katz und Maus mit mir gespielt. Zum Teufel mit dir, Phillip, und deiner Arroganz!
Dane, der das Scharmützel leid war, stürzte sich erbittert auf den Mann, Stoß, Parade, Stoß. Der erste ritzte die Wange des Mannes, der zweite schlitzte seinen Rock von der Schulter bis zur Hüfte auf. Blut strömte über die gelbe Seide. Bennett kochte. Seine gepuderte Perücke rutschte ihm immer wieder in die Stirn, bis er sie ins Meer schleuderte. Der Anblick seines kahlen Schädels amüsierte Dane, was den Engländer noch mehr in Rage brachte. Bennett hieb in wilder Raserei durch die Luft, wobei er viel zu weite Ausfälle machte.
Dane, der den anderen ein paar Schritte näher kommen ließ, stieß dabei mit jemandem zusammen.
»Tut mir schrecklich Leid, dieses prachtvolle Duell zu unterbrechen, Blackwell, aber der Kahn hier brennt.« Ihre Worte klangen fieberhaft, angstvoll.
Danes Augen weiteten sich leicht, als er die vertraute Stimme hörte, und sein Herz setzte einen Schlag aus. Wie zum Teufel war sie hierher gekommen?, fragte er sich, während er sie rasch hinter sich zog und seinen Degen so dicht vor Bennetts Gesicht hielt, dass der Mann zurückschrak.
»Du hast nicht mehr Verstand, als Gott einer Erbse gegeben hat, Mädchen«, knurrte er, bevor er mit der Spitze seiner Klinge mehrere Knöpfe von Bennetts Hemd löste.
»Ich bin beeindruckt, Blackwell, aber …« Sie schluckte und ihr Blick flog zu den Flammen, die an der Brigg leckten. Das Schiff schaukelte hin und her; der Großmast kippte vornüber und seine Bram landete krachend im Wasser. »O Gott! Siehst du nicht, was ich meine?«, schrie sie und packte ihn hinten am Hemd.
»Streichen Sie die Flagge, Bennett«, verlangte er mit kalter Stimme.
»Nein, Blackwell, niemals!« Bennett machte einen Ausfall und zielte auf Danes Herz.
Es geschah im Bruchteil eines Augenblicks. Dane fing den Stoß ab, bewegte sein Handgelenk und machte drei scharfe Drehungen. Bei der vierten flog Bennetts Degen senkrecht in die Luft. Wie in Zeitlupe drehte er sich einmal um sich selbst, bevor er im Meer versank. Gleich darauf lag Danes Degenspitze unter Bennetts Kinn. Der andere hielt den Atem an.
»Bitten Sie um Pardon?«, fragte Dane. Tess keuchte erschrocken, und er wich einen Schritt zurück, wobei er mit seiner freien Hand das Messer abfing, das auf seinen Magen zielte. Bevor Bennett etwas erwidern konnte, stieß Dane ihm den Degen tief ins Herz. Bennett sank lautlos aufs Deck.
Tess drehte sich der Magen um, als Dane die Klinge grob aus Bennetts Brust riss, sie an der gelben Jacke des Mannes abwischte und dann in die Scheide steckte. Er packte sie am Arm und zog sie von dem hässlichen Anblick des Toten weg, den sie mit offenem Mund anstarrte.
»Wo zum Teufel willst du hin?«, rief sie und riss sich los, als er zum Niedergang des brennenden Schiffs lief. »Das Schiff sinkt!« Männer sprangen über Bord, und Tess verspürte den nahezu unbezähmbaren Drang, ihrem Beispiel zu folgen.
»An Bord befinden sich Karten und Logbücher, die ich unbedingt haben muss«, sagte er und stieg die Leiter
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