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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
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sich mit leisem Stöhnen auf und streckte ihre kurzen Beine aus. »Mary hatte seitdem nicht mehr richtig mit ihnen gesprochen. Sie wollte sich bei ihnen bedanken. Bist du fertig mit deiner Broschüre?«
    Â»So gut wie. Hör mal, wegen der Angaben – ich meine, die persönlichen Angaben – frühere Arbeitsverhältnisse? Oder soll ich mich auf die Winterdown beschränken?«
    Â»Ich glaube, du brauchst nicht mehr anzugeben als deine jetzige Arbeitsstelle. Aber warum fragst du nicht Minda? Sie …«, Tessa gähnte, »hat das doch auch schon gemacht.«
    Â»Ja«, sagte Colin. Er wartete, blieb neben ihr stehen, aber sie bot nicht an, ihm zu helfen oder auch nur zu lesen, was er bisher geschrieben hatte. »Ja, das ist eine gute Idee«, sagte er lauter. »Ich werde Minda bitten, es sich anzusehen.«
    Sie brummte, rieb sich die Knöchel, und er verließ das Zimmer, voll verletztem Stolz. Seine Frau konnte nicht ahnen, in welchem Zustand er sich befand, wie wenig Schlaf er bekam oder wie sich sein Magen von innen auffraß.
    Tessa hatte nur so getan, als schliefe sie. Marys und Gavins Schritte hatten sie zehn Minuten zuvor geweckt.
    Tessa kannte Gavin kaum. Er war fünfzehn Jahre jünger als ihr Colin, aber das größte Hindernis, sich näher kennenzulernen, war immer Colins Eifersucht auf Barrys andere Freundschaften gewesen.
    Â»Er gibt sich erstaunliche Mühe mit der Versicherung«, hatte Mary am Telefon zu Tessa gesagt. »Er ruft da jeden Tag an, nach allem, was ich mitbekomme, und sagt mir ständig, ich solle mir keine Sorgen wegen der Gebühren machen. O Gott, Tessa, wenn die nicht zahlen …«
    Â»Gavin wird das schon für dich regeln«, hatte Tessa sie beruhigt. »Da bin ich ganz sicher.«
    Es wäre nett, dachte Tessa, steif und durstig auf dem Sofa, wenn Colin und sie Mary zu sich hätten einladen können, damit sie mal aus dem Haus kam und auch etwas aß, aber es gab ein unüberwindbares Hindernis. Mary fand Colin schwierig und anstrengend. Diese unangenehme und bisher verborgene Tatsache war allmählich im Kielwasser von Barrys Tod aufgetaucht, wie Treibgut, das von der Ebbe freigelegt wurde. Es war mehr als deutlich zu erkennen, dass Mary nur Tessa wollte. Sie scheute vor jedem Vorschlag zurück, dass Colin ihr bei etwas helfen könnte, und vermied es, zu lange am Telefon mit ihm zu reden. Sie hatten sich über die Jahre so oft zu viert getroffen, und Marys Ablehnung war nie spürbar gewesen. Barrys gute Laune hatte immer alles überdeckt.
    Tessa musste die neuen Umstände mit großem Feingefühl handhaben. Sie hatte Colin erfolgreich davon überzeugt, dass Mary in Gesellschaft anderer Frauen am glücklichsten sei. Nur bei der Beerdigung hatte das nicht geklappt, denn Colin hatte Mary aufgelauert, als sie alle die Kirche verließen, und ihr unter heftigem Schluchzen zu erklären versucht, dass er für Barrys Sitz im Gemeinderat kandidieren würde, um Barrys Arbeit fortzusetzen und dafür zu sorgen, dass Barry auch im Tod ein Gewinner wäre. Tessa hatte Marys entsetzten Gesichtsausdruck gesehen und Colin weggezogen.
    Ein- oder zweimal hatte Colin erwogen, zu Mary zu gehen und ihr all seine Wahlunterlagen zu zeigen, sie zu fragen, ob Barry damit einverstanden gewesen wäre. Er hatte sogar die Absicht geäußert, sich bei Mary zu erkundigen, wie Barry seine Wahlwerbung angegangen war. Schließlich hatte Tessa ihm nachdrücklich klargemacht, dass er Mary nicht wegen des Gemeinderates bedrängen dürfe. Das hatte er ihr übel genommen, aber es war besser, dachte Tessa, dass er wütend auf sie war, statt Marys Kummer noch zu vergrößern oder sie dazu zu bringen, Colin etwas direkt abzuschlagen, wie bei seinem Wunsch, Barrys Leiche sehen zu dürfen.
    Â»Aber die Mollisons!«, rief Colin, als er mit einer Tasse Tee in der Hand wieder ins Zimmer kam. Tessa hatte er keine angeboten. In diesen kleinen Dingen war er oft egoistisch, zu sehr mit seinen eigenen Sorgen beschäftigt, um es wahrzunehmen. »Sich ausgerechnet von denen zum Essen einladen zu lassen! Die sind gegen alles, wofür Barry stand!«
    Â»Das ist ein bisschen melodramatisch, Col«, sagte Tessa. »Außerdem hat sich Mary nie so sehr für Fields interessiert wie Barry.«
    Aber für Colin war Liebe nichts anderes als grenzenlose Loyalität und uneingeschränkte

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