Ein prickelndes Spiel (German Edition)
nichts gesagt.” Er schwieg kurz. “Aber sie vermisst Griechenland. Wir leben ja auch hier, als seien wir immer noch in der Heimat. Wir kochen wie zu Hause, haben griechische Freunde und sehen sogar griechisches Fernsehen.”
Alex beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. Er wollte sich nicht eingestehen, dass das Ganze irgendwie paradox war. Gerade hatte er begriffen, wie nah er sich den Eltern fühlte, da wollten die Eltern ihn verlassen.
“Es ist schön dort. Ein herrliches Land.”
“So schlecht ist es hier auch nicht”, sagte Alex.
Sein Vater lächelte und legte ihm kurz die Hand aufs Knie. “Stimmt. Aber hier gibt es nicht die Ägäis und die schönen Strände. Hier kann ich noch nicht einmal einen vernünftigen Fisch kaufen, während ich dort jeden Tag die freie Auswahl habe.”
“Ich kann dir frischen Fisch vom Markt in Manhattan mitbringen.”
Aber George lachte nur leise.
“Alex?” Das war seine Mutter. Sie stand wieder an der Tür und gestikulierte.
“Was ist?”
“Hier ist jemand für dich.”
Wer kam ihn denn hier besuchen? Er wollte schon aufstehen, als sich die Tür öffnete und besagter Besucher in den Garten trat.
“Hallo, Alex”, sagte Nicole.
Vielleicht war das doch nicht so eine gute Idee gewesen.
Nicole unterdrückte den Wunsch, sich die rote Lockenperücke vom Kopf zu reißen. Sie war vollkommen falsch angezogen in ihrem Minirock im Leopardenmuster, dem gestreiften Top und den Modeschmuckklunkern. Die Sachen waren in dem Schließfach im Hauptbahnhof gewesen. Dort fuhr der Zug nach Astoria ab. Alex hatte ihr gesagt, dass er seine Eltern in Astoria besuchen würde, und die Adresse herauszufinden war kein großes Problem gewesen. Schließlich verwahrte er sein Adressbuch in der Küchenschublade.
Die großen Holzperlen, die mit einem feinen schwarzen Band um ihr Handgelenk gebunden waren, schlugen klackend zusammen, als sie nervös an ihrer Perücke zupfte. Sie hätte sich lieber als braves Mädchen verkleiden sollen, mit der braunen glatten Perücke und dem Sommerkleid mit Blumenmuster. Das wäre sehr viel passender gewesen.
Sie räusperte sich, während sämtliche Cassavetes sie mit großen Augen anstarrten. Passend wollte sie auch gar nicht sein, nein, sie wollte hier ein bisschen Chaos fabrizieren. Alex hatte es nicht anders verdient, denn hatte er ihr gestern nicht alles vermasselt? Und wenn sie auf diese Weise noch zeigen konnte, dass sie ganz sicher nicht der Typ war, den man zu Hause seiner Mutter vorstellte, umso besser.
Obgleich sie zugeben musste, dass sie momentan sogar sehr gern dieser Typ gewesen wäre, denn diese Familie wirkte einfach nur nett und normal.
“Entschuldige, dass ich zu spät komme, Baby”, sagte sie nachlässig, stolzierte auf ihren Stilettos auf Alex zu und küsste ihn mitten auf den Mund.
Der ältere Mann, der sicher sein Vater war, hüstelte leicht. “Möchtest du uns nicht vorstellen, Alex?”
Alex fuhr hoch, als sei er gewaltsam aus einem Albtraum gerissen worden. Nicole lächelte ihn an, drehte sich um und reichte George die Hand. “Hallo, ich bin Nikki. Nikki Bennett. Alex hat Ihnen doch sicher schon viel von mir erzählt.”
Die junge Frau lachte kurz auf, und Nicole drehte sich schnell zu ihr um. Sie wirkte amüsiert und neugierig, schien aber keinerlei Vorbehalte zu haben, und das gefiel Nicole sofort.
Die Frau trat einen Schritt vor. “Hallo, ich bin Athena, die Schwester von Alex. Nett, dich kennenzulernen, Nikki. Alex hat schon ewig keine Freundin mehr mitgebracht. Offensichtlich hat er ein sehr viel spannenderes Privatleben, als wir ahnen.”
Nicole lächelte. Ja, Athena war wirklich nett.
“Und Sie sind sicher Mrs Cassavetes. Freue mich, Sie kennenzulernen”, sagte sie und nahm einfach Helens Hand, die wie leblos herabhing. Sie schüttelte sie heftig. Alex’ Mutter stand doch hoffentlich nicht unter Schock? Offenbar war sie nicht begeistert sie zu sehen. Schade, dachte Nicole kurz. Irgendwie hatte sie gehofft, dass die Mutter sich von Minirock und Stöckelschuhen nicht abschrecken ließ.
Alex schien endlich seine Geistesgegenwart wiedergefunden zu haben, denn er packte Nicole beim Arm. “Entschuldigt uns bitte mal eben.”
Er zog Nicole so rücksichtslos ins Haus, dass sie Angst hatte, wegen der hohen Absätze das Gleichgewicht zu verlieren. Er knallte die Tür zu und schob sie durch das Wohnzimmer in den Flur, und Nicole befürchtete schon, er würde sie einfach aus dem Haus werfen. Stattdessen
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