Ein reines Gewissen
heißt Innere?«
Fox nickte ebenfalls, bevor er sich Jude zuwandte. »Es tut mir so leid«, sagte er, während er ihre Hand drückte. »Bist du so weit in Ordnung?« Statt einer Antwort zitterte sie nur, und er fragte Breck, ob die Identifizierung schon stattgefunden habe.
»In zwei Minuten«, sagte Breck, der vorgab, auf die Uhr zu schauen. Fox wusste, was gerade hinter der Tür vor sich ging: Sie machten die Leiche so präsentabel wie möglich. Man würde nur das Gesicht sehen können, es sei denn, die Identifizierung erforderte die Aufdeckung eines Tattoos oder besonderen Merkmals.
»Wo hat man ihn gefunden?«, fragte Fox.
»Auf einer Baustelle am Kanal.«
»Wo sie die Brauerei abreißen?«
»Da hat er aber nicht gearbeitet«, erklärte Jude mit bebender Stimme. »Ich weiß nicht, was er da gemacht hat.«
»Wann wurde er gefunden?«, fragte Fox Breck, während er die Hand seiner Schwester etwas fester drückte.
»Heute früh. Zwei Jogger auf dem Leinpfad. Einer bekam Seitenstechen, weshalb sie anhielten. Haben Dehnungsübungen am Zaun gemacht oder so was. Da haben sie ihn dann entdeckt.«
»Und Sie sind sicher, dass es ... ?«
»Er hatte zwei Kreditkarten in der Tasche. Ich habe Ms. Fox eine Beschreibung des Toten und seiner Kleidung gegeben ...«
Jamie Breck hatte blondes, leicht lockiges Haar, ein mit Sommersprossen übersätes Gesicht und milchig blaue Augen. Er war zwei oder drei Zentimeter kleiner als Fox und hatte vermutlich nur zwei Drittel von dessen Taillenumfang. Der Anzug, den er trug, war dunkelbraun, das Jackett zugeknöpft. Fox versuchte, alles, was er über den Mann wusste, aus seinem Kopf zu verbannen: George Watson's College... beide Eltern Ärzte ...
wohnt in der Nähe des Supermarkts ... muss die mindestens fünfundzwanzig Aufnahmen noch liefern ... Er bemerkte, dass er Jude übers Haar strich.
»Sie haben ihn zusammengeschlagen«, sagte sie mit brüchiger Stimme. »Zusammengeschlagen und dann für tot gehalten und einfach liegen gelassen.« Fox suchte Bestätigung in Brecks Miene.
»Die Verletzungen deuten darauf hin«, war alles, was Breck sagte. Dann ging die Tür hinter ihnen auf. Die Leiche lag, bis auf das Gesicht verhüllt, auf einem Rollwagen. Selbst Haare und Ohren waren zugedeckt worden. Das Gesicht war zermatscht, aber erkennbar, sogar aus einiger Entfernung. Fox erblickte es vor seiner Schwester.
»Wenn du nicht möchtest, Jude«, warnte er sie vor, »kann ich das für dich tun.«
»Ich muss es selbst tun«, antwortete sie. »Ich muss ...«
»Sicher wollen Sie sie nach Hause begleiten«, sagte Breck zu Fox. Beide Männer hatten Plastikbecher mit Tee in der Hand. Sie standen im Angehörigenraum. Auf einen der Stühle hatte jemand einen Stapel Bilderbücher gelegt, und an der Wand hing ein Poster mit einer Sonnenblume. Jude saß etwas weiter weg, den Kopf gesenkt, ebenfalls einen Becher in der Hand; sie hatte nur nach Wasser verlangt. Sie warteten auf die Formulare, die sie würde unterschreiben müssen. Vince Faulkners übel zugerichtete Leiche war bereits unterwegs in den Autopsiesaal, wo zwei der städtischen Gerichtsmediziner sie sich vornehmen würden, während ihre Assistenten wiegen und messen, eintüten und kennzeichnen würden.
»Um wie viel Uhr hat man ihn gefunden?«, fragte Fox leise.
»Kurz nach sechs.«
»Um sechs ist es noch dunkel.«
»Da standen Straßenlaternen.«
»Wurde er dort angegriffen oder nur abgeladen?«
»Das kann doch alles warten, Inspector Fox ... Sie wollen jetzt sicher bei Jude sein.«
Fox heftete den Blick auf seine Schwester. »Sie hat eine Nachbarin«, hörte er sich sagen. »Alison Pettifer. Vielleicht könnte sie Jude nach Hause bringen und bei ihr bleiben.«
Breck straffte die Schultern. »Bei allem Respekt, ich weiß, dass Sie ranghöher sind als ich, aber ...«
»Verstehen Sie mich nicht falsch, DS Breck, aber ich würde gern den Tatort sehen.«
Breck schien einen Moment darüber nachzudenken, dann ließ er die Schultern wieder sinken. »Nennen Sie mich Jamie«, sagte er.
Fünfundzwanzig Aufnahmen, kam es Fox in den Sinn.
Es dauerte noch eine ganze Stunde, bis der Schreibkram erledigt und Alison Pettifer zu Hause abgeholt worden war. Fox schüttelte ihr die Hand und dankte ihr noch einmal dafür, dass sie ihn tags zuvor angerufen hatte.
»Und jetzt das«, mehr brachte sie nicht heraus. Mrs. Pettifer war eine große, schlanke Frau in den Fünfzigern. Sie übernahm die Regie, indem sie Jude dazu bewegte
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