Ein reines Gewissen
hättet.« »Ist Breck nicht zu Hause?«, wollte Kaye wissen. »Im Büro«, bestätigte Fox.
»Hat Gilchrist den Einsatz deswegen plötzlich abgeblasen?«, fragte Naysmith. »Könnte er es gewusst haben?«
»Unwahrscheinlich«, antwortete Fox nach längerer Überlegung.
Freitag, 13. Februar 2009
11
Am nächsten Morgen kam er früh ins Büro, aber in Raum 2.24 war niemand. Unten in der Kantine traf Fox auf Annie Inglis, die mit hängenden Schultern vor einem schwarzen Kaffee saß; ein angegessenes Rühreibrötchen hatte sie beiseitegeschoben.
»Sie sehen schlecht aus«, äußerte er, während er sich einen Stuhl herzog und sich ihr gegenüber hinsetzte.
»Duncan«, sagte sie und rieb sich übers Gesicht.
»Was hat er gemacht?«
»Eigentlich nichts. Er ist einfach in diesem Alter ...« »Aufstand gegen Mum?«
Sie lächelte müde. »Er bleibt abends lange weg, länger als mir lieb ist. Am Ende kommt er zwar immer nach Hause ...« »Aber Sie bleiben seinetwegen auf?«
Sie nickte. »Und wenn ich ihn am nächsten Morgen für die Schule wecken muss, komme ich mir immer vor, als versuchte ich, einen Toten wiederzubeleben.«
»Treibt er sich mit den falschen Leuten rum?«
Wieder musste sie lächeln, diesmal über seine Formulierung. »Für mich als Mutter zählt jeder zu den falschen Leuten.«
»Stimmt.«
»Ich glaube, sie trinken ein bisschen ... Nehmen hin und wieder Drogen.« »Bis zum Rausch?«
Sie schüttelte den Kopf. »Duncan erscheint mir nur manchmal etwas ...«- sie suchte nach der richtigen Beschreibung - »... angesäuselt. Außerdem sagt die Schule, dass seine Leistungen nachgelassen haben und er keine Hausaufgaben mehr macht.«
»Und nächstes Jahr steht die mittlere Reife an?«
»Im Prinzip schon, nur dass man es heute nicht mehr so nennt.« Sie streckte sich ein wenig, um ihre Lebensgeister wieder zu wecken, und griff nach dem Kaffee. »Das ist jetzt schon der dritte.«
»Möchten Sie einen vierten?«
Doch nachdem sie die Tasse geleert hatte, schüttelte sie den Kopf.
»Trifft er seinen Vater?«, fragte Fox, aber sie hatte nicht die Absicht, darauf zu antworten.
»Wollten Sie irgendetwas von mir, Inspector?«, fragte sie stattdessen.
»Ja, aber das kann warten.«
»Sagen Sie's mir. Hilft vielleicht, mein Gehirn in Gang zu setzen.«
»Sie wissen, dass die Überwachung gestern Abend abgeblasen wurde?«
Sie schaute ihn an. »Nein«, antwortete sie.
»Es ist nur ... Sie waren so erpicht darauf, weiterzumachen. Deshalb habe ich mich gefragt, was sich da verändert haben könnte.«
»Ich habe Gilchrist heute Morgen noch nicht gesehen.«
»Sie waren gerade dabei, den Abhörwagen fertigzumachen, als Gilchrist einen Anruf bekam und meinem Mitarbeiter erklärte, der Einsatz fände nicht statt.«
»Ich werde ihn fragen, wenn ich ihn sehe. Vielleicht ist etwas dazwischengekommen.«
»Vielleicht«, räumte Fox ein.
»Ich werde ihn fragen«, wiederholte Annie Inglis.
»Gut.« Fox erhob sich wieder. »Sind Sie sich sicher, dass Sie keinen Kaffee mehr wollen? Oben machen wir nämlich besseren, mindestens vier Sterne.«
»Das riechen wir immer, wenn wir vorbeigehen.«
»Sie können jederzeit hereinschauen.«
Sie dankte ihm. »Malcolm ... Was ich über Duncan gesagt habe ...«
»Ich schweige wie ein Grab«, versicherte Fox ihr, bereits zum Gehen gewandt.
Im Büro der Inneren war inzwischen McEwan eingetroffen.
»Haben Sie uns etwas mitgebracht?«, fragte Fox ihn.
McEwan schnaubte und erkundigte sich dann, ob während seiner Abwesenheit alles ruhig gewesen sei.
»Die reinste Friedhofsruhe«, bemerkte Fox auf dem Weg zur Kaffeemaschine. Es war jedoch kaum noch Kaffee in der Dose. Er überlegte, ob er noch einmal hinunter in die Kantine gehen sollte, entschied sich aber dagegen. Es gab ja Teebeutel, und er konnte Wasser kochen. Allerdings war keine Milch da. Er sah auf die Uhr. Naysmith hatte heute Morgen keine Entschuldigung, keinen nächtlichen Überwachungseinsatz als Erklärung für eine Verspätung. Er würde innerhalb der nächsten Viertelstunde eintrudeln.
»Der Hauptsitz der Royal Bank of Scotland hat seinen eigenen Starbucks«, bemerkte McEwan, als könnte er seine Gedanken lesen.
»Wir sind nicht die RBS«, entgegnete Fox. »Seien wir dankbar für das, was wir haben.« »Wie war die Konferenz?« »Langweilig.«
»Ist diesen Sommer mit Krawallen zu rechnen?«
»Manche Experten scheinen davon auszugehen. Steigende Arbeitslosigkeit ... Unzufriedenheit ... Menschen
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