Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
günstig stimmen. Er hat es sich in den Kopf gesetzt, dass ich Ihnen dabei geholfen habe, Cafferty zu erwischen. Die einzige Möglichkeit, seine Meinung zu ändern, besteht darin, mit ihm darüber zu reden.«
»Manchmal sind Sie gescheiter, als gut für Sie ist.« Er schwieg kurz. »Sie sollten aber trotzdem mit ihm reden.Wenn das Konsulat anfängt, auf seine diplomatische Immunität zu pochen, hat die SCD mehr in der Hand als wir.«
»Nämlich?«
»Nämlich Beziehungen zu Special Branch und Geheimdienst.«
»Machen Sie hier einen auf James Bond?«
»Es gibt nur einen James Bond, Shiv«, sagte er, in der Hoffnung auf einen Lacher, der allerdings ausblieb.
»Ich werd’s mir durch den Kopf gehen lassen«, sagte sie, »wenn Sie mir versprechen, dass Sie binnen fünf Minuten aus dem Krankenhaus verschwinden.«
»Schon unterwegs«, log er und legte auf. Er hatte einen trockenen Mund, und er nahm an, dass der Patient nichts dagegen haben würde, wenn er sich einen Schluck Wasser genehmigte. Auf dem Nachtschränkchen standen eine durchsichtige Plastikkanne und ein Glas. Rebus trank zwei Gläser und beschloss dann, einen Blick ins Nachtschränkchen zu werfen.
Er hatte nicht erwartet, dort Caffertys Armbanduhr, Brieftasche und Schlüssel zu finden. Aber da sie nun einmal da waren, öffnete er die Brieftasche und stellte fest, dass sie fünf Zehn-Pfund-Scheine, zwei, drei Kreditkarten und ein paar Zettel mit Telefonnummern, die Rebus überhaupt nichts sagten, enthielt. Die Uhr war natürlich eine Rolex, und er wog sie in der Hand, um sich zu vergewissern, dass es sich um eine echte handelte. Dann hob er die Schlüssel auf, ein halbes Dutzend. Sie klirrten und klimperten, als er sie in der Hand wog.
Hausschlüssel.
Ließ sie klirren und klimpern und starrte unverwandt auf Cafferty.
»Was dagegen?«, fragte er leise. Und dann: »Hatte ich auch nicht angenommen …«
Das Glück schien auf seiner Seite zu sein: Niemand hatte sich die Mühe gemacht, die Alarmanlage einzuschalten, und Caffertys Leibwächter war anderweitig beschäftigt. Sobald er sich im Haus befand, checkte Rebus als Erstes die Ecken der Zimmerdecke nach Überwachungskameras ab. Keine da, also schlenderte er ins Wohnzimmer. Es war ein viktorianisches Haus mit hohen Decken und verschnörkelten Stucksimsen. Cafferty hatte angefangen, Kunst zu sammeln, große, hingeklatschte Gemälde, die Rebus in den Augen wehtaten. Er fragte sich, ob da wohl auch ein paar Roddy Denholms darunter waren. Die zugezogenen Vorhänge ließ er zu, schaltete dafür das Licht an. Fernseher und Hi-Fi sowie drei Sofas. Auf der Marmorplatte des Couchtisches lediglich ein paar alte Zeitungen und eine Brille – der Gangster war zu eitel, um sie außerhalb seiner vier Wände zu tragen. Rechts neben dem Kamin gab es eine Tür, die Rebus öffnete. Caffertys Sprit-Schrank, groß genug, um einen Doppelkühlschrank, mehrere Weinregale und ein zusätzliches Regal mit Spirituosen zu beherbergen. Er widerstand der Versuchung, schloss die Tür und ging zurück in den Flur. Weitere Türen: eine riesige Küche; ein Wintergarten mit einem Billardtisch; Wäschezimmer; Bad; Arbeitszimmer; noch ein – weniger förmliches – Wohnzimmer. Er fragte sich, ob der Mann wirklich gern in so einem Riesenkasten wohnte.
»Klar tut er das«, beantwortete er sich seine Frage selbst. Die Treppe war breit und von einem Läufer bedeckt. Nächster Stock: zwei Schlafzimmer mit jeweils eigenem Bad; ein Heimkino mit einem in die Wand eingelassenen 42-Zoll-Plasma-Bildschirm; und etwas, das wie ein Abstellraum aussah, voll von größtenteils leeren Kisten und Kartons. Auf einem Karton lag ein Frauenhut, darunter Fotoalben und Schuhe. Das, vermutete Rebus, war alles, was von der verblichenen Mrs. Cafferty übriggeblieben war. An einer Wand hing eine Dartscheibe, von einem Ring von Einstichlöchern umgeben: Jemand musste offenbar noch an seiner Wurftechnik arbeiten. Rebus vermutete, dass die Dartscheibe, seit der Raum seine Identität gewechselt hatte, nicht mehr in Gebrauch gewesen war.
Die letzte Tür, die vom Treppenabsatz abging, führte zu einer engen Wendeltreppe. Weitere Zimmer im Obergeschoss des Hauses: Eines enthielt einen mit einem Tuch verhängten Snooker-Tisch, das andere eine gut bestückte Bibliothek. Rebus erkannte die Regale – er hatte sich bei Ikea die gleichen gekauft. Die Bücher waren größtenteils staubige Paperbacks, Thriller für den Herrn und Liebesschmöker für die Dame. Es gab auch ein
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