Ein schmutziges Spiel
der Sonne ab. »Neigen Sie die Hände ein bisschen, damit ich besser sehen kann.« Und dann sah ich es.
Das erste Bild zeigte Jared, den blondierten Apollo, der im Park intensiv sein Telefon studierte. Auf dem nächsten Foto redete er eindringlich mit Lili: Apollo beschwor Daphne. Und dann gingen Gott und Göttin gemeinsam davon.
Und dann war da noch ein viertes Foto, aus der Ferne aufgenommen: Jared und Lili, die zusammen in einen alten, lohfarbenen BMW stiegen. Da war er also, der Beweis, dass Jared Crowley Lili höchstwahrscheinlich ihrem Mörder ausgeliefert hatte.
»Shawna, verraten Sie mir was. Warum haben Sie all diese Bilder von Jared gemacht?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Erst wollte ich nur ein paar Bilder von ihm haben, wissen Sie? Aber dann, als er angefangen hat, mit Lili zu reden … ich schätze, ich war irgendwie eifersüchtig.« Sie blickte auf und musterte mich finster. »Jedenfalls ist das kein Verbrechen.«
»Nein, natürlich nicht.« Mir juckte es in den Fingern, das Telefon einfach zu schnappen und damit wegzulaufen. Stattdessen zog ich mein Notebook hervor. »Shawna, lesen Sie mir die Aufnahmezeit der vier letzten Fotos vor.«
»Das ist aber das Letzte, was ich Ihnen erzähle.« Shawna neigte den Kopf, fummelte an ihrem Telefon herum und sagte: »15:12 … 15:14 … 15:15 … 15:19.«
Mit zorniger Miene steckte sie das Telefon wieder in die Tasche. »So, jetzt lassen Sie mich in Ruhe. Und wenn Sie den Cops irgendwas erzählen, dann sind die Bilder in einer Sekunde gelöscht, das schwöre ich bei Gott.«
Ich musste mit Jared reden. Schnell. Shawna hatte keinen guten Grund, ihm unser Gespräch zu offenbaren, aber ich nahm an, das würde sie nicht davon abhalten.
Ich schaltete mein Telefon ein, ignorierte sechs neue Nachrichten und tippte meine Büronummer.
»Santa Barbara Investigations. Gabriela Gutierrez, PA von Jaymie Zarlin.«
»Bis Sie das alles aufgesagt haben, hat die Person am anderen Ende längst aufgelegt.«
»Miss Jaymie! Ich habe Sie den ganzen Tag noch nicht gesehen. Was gibt es?«
»Im Augenblick verfolge ich Jared Crowley in seinen Schlupfwinkel.«
»Jared Crowley. Moment mal.« Ich hörte, wie ihr Stuhl über den Eichenboden rutschte. »Okay, jetzt bin ich in der Küche und sehe mir die Wand an. Jared … puh, sieht unschuldig aus. Nett und adrett.«
»Das sind exakt die Typen, die man sich ganz genau ansehen sollte, Gabi. Ich habe ein paar Fragen an Mr Adrett. Holen Sie die Befragungsakte vom Tisch, ja? Ich brauche seine Adresse. Irgendwo an der Cota, glaube ich …«
»Cota, sind Sie sicher? Der würde da auffallen wie ein bunter Hund. Mit weißer Grundfarbe. Einen Moment. Die Akte liegt nicht auf dem Tisch, weil ich sie abgelegt habe, wie es sich gehört.« Ich hörte das Kreischen der Schublade des alten Aktenschranks. »Okay, ich habe sie. Sie haben recht, Jared Crowley, West Cota Street 441.«
»Verstanden. Danke.«
»Warten Sie, ich muss Ihnen noch was erzählen. Mrs Richter hat angerufen. Sie will wissen, ob Sie schon etwas über Minuet herausgefunden haben. Sie hat sich ziemlich besorgt angehört.«
»Wenn sie das nächste Mal anruft, sagen Sie ihr, ich hätte seine Witterung aufgenommen und würde der Spur folgen.«
Kapitel Zehn
Vielleicht hatte ich ein paar Fragen an Jared Crowley, vielleicht auch nicht. Was ich eigentlich wollte, war mit ihm reden, ein Gefühl für die Person bekommen, die sich hinter dem jugendlich frischen Gesicht und dem apollonischen Lockenschopf verbarg.
Ich erreichte den Vierhunderter-Block an der Cota, ging vom Gas und gondelte langsam weiter. Dies war ein jahrhundertealtes Wohnviertel voller kleiner Arbeiterhäuser, die nah an der Straße standen. Vielleicht war die Adresse falsch. Ein Geschäft belegte die Nummer 441. Ich parkte am Ende des Blocks und ging zurück, gut getarnt, so hoffte ich, durch eine Sonnenbrille und eine lässige Haltung.
Am der Straße zugewandten Fenster der Nummer 441, einem kleinen heruntergekommenen viktorianischen Gebäude, kauerte eine ältere Frau über einer Fabriknähmaschine. Die Schneiderin blickte gar nicht auf, als ich vorbeischlenderte. Was könnte eine Frau wie sie mit Crowley zu tun haben?
Eine rissige asphaltierte Einfahrt führte an der Seite des Hauses entlang. Ich schlenderte weiter bis zur Straßenecke und ging dann den Weg zurück, den ich gekommen war. Dieses Mal betrat ich die Einfahrt und folgte ihr bis zur Rückseite des Hauses.
Mehr als siebzehn Prozent der
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