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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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Emmanuel ihnen nicht.
    Gebückt verließen sie das Gelände und liefen zurück zu dem hohen Knüppelzaun, wo Shabalala geduldig zwischen den Autos wartete. Piet schob Dickie zu ihrem Wagen und drehte sich dann zu Emmanuel um.
    »Sie fahren zurück in die Stadt«, wies er ihn an. In seinen Knopfaugen blitzte Genugtuung auf. »Ihre Aufgabe bei den Ermittlungen ist die Geschichte mit dem Spanner. Schon vergessen?«
    »Es ist Sonntag. Ich glaube nicht, dass es viel Zweck hat, die Sache heute weiter voranzutreiben.«
    »Sie sind doch so ein religiöser Mensch, oder? Jetzt haben Sie Gelegenheit, es noch pünktlich bis zum Gottesdienst zu schaffen. Da wollten Sie doch hin, oder?«
    »Amen«, sagte Emmanuel und lief hinüber zu Constable Shabalala, der ein paar Schritte zurückgetreten war, um den Holländern Platz zu machen. Die Geschichte mit dem Spanner war sein einziger Vorwand, um noch in der Stadt zu bleiben und damit nahe genug am eigentlichen Geschehen. Darauf musste er sich konzentrieren und eine Faust in der Tasche machen.
    »Die Kirche der Farbigen«, fragte er Shabalala, »wo liegt die?«
    »Da gehen Sie am Laden vom alten Juden vorbei. Die Kirche von den ma’Coloutini liegt am Ende der Straße.«
    »Jetzt los.« Dickie scharrte mit den Hufen wie ein Renn-Nilpferd, das im Hauptrennen des Derbys mitlaufen durfte.
    Shabalala zögerte. »Sind Sie heute Nachmittag auf der Wache?«
    Es war keine Frage, sondern eine Bitte.
    »Ich komme«, sagte Emmanuel, während Dickie schon den Motor aufheulen ließ. Das Chassis des Chevrolet sackte um gut fünfzehn Zentimeter nach unten, als Shabalala sich in den Wagen setzte. In dem Fahrzeug befanden sich jetzt so viele Muskeln, dass man damit bequem einen Stahlträger in Form hätte hämmern können.
    Piet lehnte sich aus dem Fenster. »Sie fahren zuerst«, befahl er. »Wir kommen Ihnen nach.«
    Emmanuel gehorchte. Die Geheimpolizisten wollten dabei zusehen, wie er sich mit eingezogenem Schwanz davonmachte. Das bereitete ihnen Vergnügen. Es war nicht schwer, ihnen zu geben, was sie wollten. Er stieg in den Packard und fuhr zurück in die Stadt.
    Emmanuel ging die Polizeiakten durch. Als er beim Buchstaben Z angelangt war, hatte er immer noch nichts gefunden. Keine Akte unter P wie Perverser oder V wie Voyeur. Keinerlei Akte über irgendeine der Frauen im Laden des alten Juden oder Zweigman selbst. Nicht einmal eine protokollierte Zeugenaussage, die belegte, dass es den Fall überhaupt gegeben hatte.
    Er durchwühlte alles noch einmal und zog dabei willkürlich einzelne Akten heraus. Viehdiebstahl. Eine Messerstecherei. Die üblichen Kleinstadtquerelen. Er suchte nach Donny Rooke und fand ihn: Verdacht auf die Herstellung und Verbreitung ungesetzlicher Erzeugnisse. Die Fotos von den Mädchen waren als Beweisstücke vermerkt, nicht aber der Fotoapparat.
    Emmanuel schloss den Aktenschrank. War es möglich, dass man die Anzeigen der farbigen Frauen nicht ernst genug genommen hatte, um sie schriftlich zu fixieren? Oder waren die Akten entfernt worden? Donny Rookes gestohlener Fotoapparat bewies, dass der Captain sich nicht gescheut hatte, Beweismittel zu konfiszieren, wenn es ihm passte.
    Die Security Branch und die National Party wollten der Öffentlichkeit einen geachteten weißen Polizisten präsentieren, der in Ausübung seiner Pflicht getötet worden war. Was sie nicht wollten, war irgendetwas, das diese Version in Frage stellte. Unter den neuen Rassengesetzen hatte alles schwarz oder weiß zu sein. Grauzonen gab es nicht mehr.
    Körperliche Einschüchterung, Diebstahl und möglicherweise die Einführung pornographischen Materials. Captain Pretorius mochte vielleicht den Anschein eines einfachen Afrikaanders erweckt haben, aber unter der Oberfläche verbarg sich ein sehr viel komplexeres Bild.
     
    Das kleine Gotteshaus quoll schier über von Kirchgängern. Bis auf die Vortreppe, die zu den geöffneten Türen hochführte, standen die Familien, alle im besten Sonntagsstaat herausgeputzt. Der allzu frühe Tod des Captains war gut für’s Geschäft. Eine Orgel quäkte Näher, mein Gott, zu dir, und die farbige Gemeinde erhob sich zum letzten Lied. Ein Zwillingspärchen in gepunkteten Kleidern riss sich aus den Armen der molligen Mutter los und rannte auf den Kirchhof. Am Rand eines Beetes legten die beiden sich hin und spähten in die Pflanzen. Unter einem Margaritenbusch lag der alte Soldat Harry und schlief tief und fest.
    Emmanuel lehnte sich an die Mauer, die das

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