Ein Sehnen Im Herzen
London war. Er hatte sogar mit dem Gedanken gespielt, Emma im Heim ihrer Tante und ihres Onkels zu besuchen, da er davon ausging, dass selbst die Van Courts, so verstimmt sie über Emmas unbedachtes Verhalten auch sein mochten, es nicht übers Herz bringen würden, einer mittellosen Witwe die Tür zu weisen... und mittellos musste Emma sein, da Stuart abgesehen von seinem Gehalt nicht einen Penny besessen hatte. Das Gehalt eines Kaplans war, wie James wusste, ein Bettel im Vergleich zu dem Unterhalt, den er seinem halsstarrigen Cousin gezahlt hatte.
Nur der sanfte Hinweis von James' Mutter, dass sein Verhältnis zu Stuart und seiner Braut vor einem Jahr nicht gerade ungetrübt gewesen war und sein Besuch der Witwe weiteren Kummer bereiten könnte, hatte ihn davon abgehalten, zu den Van Courts zu gehen. Stattdessen hatten sich Mutter und Sohn darauf geeinigt, dass Lady Denham ihr Beileid aussprechen würde, während James sich auf den Weg nach Schottland machen sollte, um in Erfahrung zu bringen, wo sich Stuarts sterbliche Überreste befanden, und alles Erforderliche für ihre Verlegung zu arrangieren, da es natürlich nicht anging, dass jemand mit Marbury-Blut seine letzte Ruhestätte an einem anderen Ort als der Familiengruft auf dem Friedhof von Denham Abbey fand.
Ironischerweise war James über diesen Verlauf der Dinge geradezu erleichtert gewesen. Seine Aufgabe, so unerfreulich sie auch sein mochte, war ihm weit lieber als die seiner Mutter, obwohl er keineswegs sicher war, ob er der Begegnung mit Emma - und dem Schmerz, den sie mit Sicherheit litt - gewachsen war. Sie hatte jene Art blauer Augen, wie James sich nur zu gut erinnerte, die einiges bei einem Mann anrichten konnten, ganz besonders, wenn sie sich mit Tränen füllten...
Zu spät erkannte James, dass seine Erleichterung übereilt gewesen war. Lady Denham würde umsonst bei Emmas Verwandten vorsprechen; die Witwe hatte nicht Trost am Busen ihrer nicht allzu liebenden Familie gesucht. Nein, keineswegs. Stattdessen war sie in Faires geblieben und hatte ihren Brief offensichtlich irgendeinem Schotten mitgegeben, der nach London wollte, um in der großen Stadt sein Glück zu versuchen.
Jetzt musste James ihr doch gegenübertreten. Ihr und ihren blauen Augen. Sah in diesen Augen die Feindseligkeit, die sie vielleicht immer noch für ihn empfand.
Bestimmt kann sie diesen Groll nicht ewig nähren, sagte er sich. Emma Van Court war immer ein offenes, gewinnendes Mädchen gewesen, der warmherzigste, freundlichste Mensch, den er je gekannt hatte. Sicher war sie wegen einer Sache, die sich vor zwölf langen Monaten ereignet hatte, nicht mehr böse auf ihn.
Oder doch? Denn so warmherzig und freundlich sie auch gewesen war, sie hatte auch diesen erbitternd starrköpfigen Zug gehabt - eben jene Eigenschaft, die nach James' Überzeugung die Ursache für all den Ärger war.
Jetzt, da sie ihm gegenüber in der Kutsche saß, war es schwer zu sagen, was sie bei dem Wiedersehen mit ihm empfand. Was in ihrem Cottage vorgefallen war, hatte ihr mit Sicherheit nicht gefallen. Im Grunde konnte James es ihr nicht verübeln. Es schien, als wäre von dem Moment an, als er das lachhaft kleine Häuschen betrat, das sie und sein Cousin bewohnt hatten, alles drunter und drüber gegangen - nicht nur ihr Limoges-Porzellan. Zuerst hatte er gesehen, wie eine schöne Frau scheinbar von einem großen, grobschlächtigen - na ja, Bauernlümmel war der einzig passende Ausdruck - belästigt wurde, und sich ganz wie ein Ehrenmann verhalten. Sein Leben lang war er angehalten worden, das schwache Geschlecht zu beschützen, nur, um festzustellen, dass Emma offensichtlich keinen Schutz benötigte, und noch dazu nicht im Mindesten dankbar für sein Einschreiten war.
Alles, was er als Dankeschön bekommen hatte, waren wunde Fingerknöchel.
Da es für Emma nichts Besonderes war, ihre Meinung offen auszusprechen - eine der vielen Eigenschaften Emmas, die ihn einerseits irritiert und andererseits, das musste er zugeben, seltsam angesprochen hatte, da sie äußerst selten bei den jungen Damen der Gesellschaft vorkam, die ihm von übereifrigen Müttern aufgedrängt wurden -, hätte er sich nicht wundern sollen.
Trotzdem, dass sie nach einem derartigen Verlust, und er meinte nicht das Porzellan, so bissig sein konnte, war bestürzend. Er hatte Tränen erwartet. Bekommen hatte er alles andere als das.
Aber wann hatte Emma Van Court - Chesterton, korrigierte er sich energisch. Chesterton! - je
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