Ein sicheres Haus
»Es ist alles ein bißchen kahl, fürchte ich.« Finn stand mitten im Zimmer, ohne sich umzusehen. Ihre Arme hingen seitlich herunter, die blassen Finger schlaff, als gehörten sie nicht zu ihr. Ich wies mit einer vagen Geste auf den Kleiderschrank und die kleine Kommode, die Danny in einem nahen Dorf für mich gefunden hatte. »Da kannst du deine Sachen unterbringen.«
Ich führte sie zurück auf den Korridor und sah etwas Kleines, Weißes, Rechteckiges auf dem Boden liegen. Ich bückte mich und hob es behutsam mit zwei Fingern auf.
»Und das, Finn, ist ein Papiervogel, den mein halb von mir getrennter Lebensgefährte Danny gemacht hat.« War er noch halb von mir getrennt, oder hatte er sich ganz gelöst? Ich schob den Gedanken für später beiseite. »Schau, ich kann ihn die Flügel bewegen lassen. Hübsch, findest du nicht? Wenn du ein paar Tage in diesem Haus wohnst, wirst du diese kleinen Kreationen überall finden: in deinen Kleidern, in deinem Haar, auf deiner Haut, in deinem Essen. Sie breiten sich einfach aus.
Männer, nicht?«
Ich redete weitgehend mit mir selbst.
»Das ist mein Zimmer. Und dies« – sie ging zwei Schritte hinter mir und blieb stehen, wenn ich stehenblieb – »ist das Zimmer meiner kleinen Tochter, Elsie.« Die Tür blieb in einem Durcheinander aus blondmähnigen Barbie-Puppen, Federmäppchen und Plastikponys stecken.
»Elsie ist die Abkürzung von Elsie.« Ich sah Finn an, aber sie lachte nicht – na ja, was ich gesagt hatte, war nicht besonders lustig –, nickte nur einmal kurz, was eher wie eine einzelne konvulsivische Zuckung aussah. Ich sah den Gipsverband um ihren Hals.
Unten zeigte ich Finn mein Arbeitszimmer (»Betreten verboten für jeden«), das Wohnzimmer, die Küche. Ich zog die Tür des Kühlschranks auf.
»Du kannst dir nehmen, was immer du willst. Ich koche nicht, aber ich kaufe ein.«
Ich zeigte ihr Tee und Kaffee und die Lücke, wo die Waschmaschine stehen würde, und ich erzählte ihr von Linda und Sally und unserer alltäglichen Routine. »Das wäre so ziemlich alles, bis auf den Garten natürlich« – ich deutete aus dem Fenster auf den schlammigen Boden, die Haufen welker Blätter, die nicht weggeräumt worden waren, die ausgefransten Kanten des kahl werdenden Rasens –, »in dem keiner gärtnert.«
Finn drehte den Kopf, aber ich wußte noch immer nicht, ob sie überhaupt irgend etwas sah. Ich schaute erneut in den Kühlschrank und nahm eine Packung Gemüsesuppe heraus.
»Ich werde uns etwas Suppe wärmen. Warum gehst du dich nicht oben im Bad frisch machen, und dann können wir zusammen zu Mittag essen.« Sie stand wie gestrandet in der Küche. »Oben«, sagte ich aufmunternd und zeigte in die Richtung, und dann sah ich zu, wie sie sich langsam umdrehte und die breiten, flachen Stufen hinaufging, eine nach der anderen, und auf jeder Stufe innehielt, so langsam wie eine sehr alte Frau.
Es gibt Trauma-Patienten, die wochenlang nicht sprechen; bei anderen stürzen die Worte heraus wie eine unaufhaltsame, schlammige Flut. Erst vor kurzem kam ein Mann in mittleren Jahren zu mir, nachdem er einen Eisenbahnunfall überlebt hatte.
Sein ganzes Leben lang war er zurückhaltend gewesen, zugeknöpft. Bei dem Unfall hatte er im Schock seinen Darm entleert (so hatte er sich ziemlich verlegen ausgedrückt), und das schien ihn ebenso tief getroffen zu haben wie all die Toten, die er gesehen hatte. Danach, als er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war er verbal inkontinent. Er erzählte mir, wie er in einen Laden gegangen und vor seiner Haustür gestanden war, wie er an der Bushaltestelle gewartet und jedem, der in seine Nähe kam, berichtet hatte, was ihm zugestoßen war. Er spielte die Szene immer und immer wieder durch, doch das Erzählen verschaffte ihm keine Erleichterung. Es war, als kratzte er sich an einer unerträglich juckenden Stelle. Finn würde reden, wenn ihr danach zumute war; wenn sie sprach, würde ich dasein, um ihr zuzuhören, falls sie mit mir sprechen wollte. Inzwischen brauchte sie einen festen Rahmen, in dem sie sich sicher fühlen konnte.
Ich beobachtete sie, als sie mit ihrem Löffel sehr kleine Mengen Suppe vorsichtig zum Mund führte. Worüber würde sie sprechen, wenn sie in der Lage wäre zu reden?
»Elsie kommt um sechs zurück«, sagte ich. »An manchen Tagen vielleicht auch früher; oft hole ich sie selbst von der Schule ab. Sie ist ganz aufgeregt über dein Kommen. Ich hab ihr nur erzählt, was wir auch anderen Leuten sagen
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