Ein sicheres Haus
werden: daß du eine Studentin bist, die bei uns wohnt. Fiona Jones.«
Finn stand auf, und der Stuhl schabte geräuschvoll über die Fliesen der Küche, in der es viel zu still war; sie nahm ihren Suppenteller, noch halb voll, und trug ihn zum Spülbecken. Sie wusch ihn ab und stellte ihn auf das Abtropfbrett zwischen all das andere Geschirr. Dann setzte sie sich wieder an den Tisch, mir gegenüber, ohne mich anzusehen. Sie legte ihre Hände um die Tasse Tee, die ich ihr hingestellt hatte, und zitterte. Dann hob sie den Blick und starrte mich an. Es war das erste Mal, daß sie das tat, und es erschreckte mich. Ich hatte das Gefühl, als könnte ich in ihren Schädel hineinsehen.
»Du bist hier sicher, Finn«, sagte ich. »Du brauchst mir nichts zu erzählen, wenn du nicht willst; und du brauchst auch nichts zu tun. Aber du bist sicher.«
Der Sekundenzeiger auf der Küchenuhr, die grün leuchtenden Digitalziffern meines Radioweckers, das tiefe monotone Ticken der großväterlichen Pendeluhr im Hausflur, sie alle pflichteten mir bei, daß es ein langer, gedehnter Nachmittag war. Die Zeit, die sonst durch meine Tage gerast war, zog sich schmerzhaft träge in die Länge.
Ich ließ Finn ein heißes Bad ein und gab mein Lieblingsöl ins Wasser. Sie ging ins Badezimmer, verschloß die Tür. Ich hörte, wie sie sich auszog und in die Wanne stieg. Aber in weniger als fünf Minuten war sie wieder draußen und trug die gleichen Kleider wie zuvor. Ich bat sie, mir bei der Auswahl von Vorhängen für ihr Zimmer zu helfen. Wir knieten vor den Stoffstapeln, die ich unter meinem Bett hervorzog, wo ich sie aufbewahrte. Sie sah zu, wie ich die gefalteten Bahnen hochhob, und schwieg. Also wählte ich für sie etwas Fröhliches in mattem Rot, Gelb und Blau, obwohl es viel zu lang war für das kleine, quadratische Fenster, und hängte es auf. Ich ließ sie in ihrem Schlafzimmer, damit sie auspacken und vielleicht ein Weilchen allein sein konnte. Ehe ich aus dem Zimmer ging, sah ich, wie sie in den offenen Koffer und auf Kleidungsstücke starrte, die sich alle noch in der Verpackung befanden. Ein paar Minuten später kam sie wieder nach unten und stand in der Tür meines Arbeitszimmers, wo ich Ordner einräumte. Ich ging mit ihr hinaus in den Garten und hoffte, daß die Blumenzwiebeln, die der Vorbesitzer angeblich eingepflanzt hatte, durch den vernachlässigten Boden sprossen; aber alles, was wir fanden, waren ein paar Schneeglöckchen in einem gesprungenen Blumentopf.
Wir gingen wieder hinein, und ich schürte ein Feuer an (das im wesentlichen aus Zündwürfeln und fest zusammengeknülltem Zeitungspapier bestand). Sie saß eine Weile in meinem einzigen Sessel und starrte in die unregelmäßig züngelnden Flammen. Ich hatte mich neben ihr auf dem Teppich niedergelassen und studierte Schachaufgaben, die ich aus den Zeitungen dieser Woche ausgeschnitten hatte. Anatoly kam klappernd durch die Katzentür ins Wohnzimmer und stieß ein paarmal mit seiner feuchten Schnauze gegen meine angezogenen Knie; dann legte er sich zwischen uns. Zwei Frauen und eine Katze am Kamin; es war beinahe gemütlich.
Dann sprach Finn. Ihre Stimme war leise und heiser.
»Ich blute.«
Ich sah entsetzt auf ihren Hals, aber das meinte sie natürlich nicht. Sie hatte die Augenbrauen verwirrt hochgezogen.
»Das ist okay.« Ich stand auf. »Ich habe im Badezimmer jede Menge Tampax und Binden und alles. Ich hätte daran denken sollen, es dir zu sagen. Komm.«
»Ich blute«, sagte sie wieder, diesmal fast flüsternd. Ich ergriff ihre dünne, kalte Hand und zog sie auf die Füße. Sie war ein ganzes Stück kleiner als ich und sah schrecklich jung aus. Zu jung, um zu bluten.
»Das«, sagte Elsie, »ist eine Schulter.« Sie tunkte ihr dünnes Rechteck aus Toast in das flüssige Eigelb und saugte geräuschvoll daran; es lief über ihr Kinn wie gelber Leim. »Hast du Schultern?« Sie wartete nicht auf eine Antwort; es war, als hätte Finns Schweigen ihre Zunge gelöst.
»Wir hatten heute Chicken-Nuggets, und Alexander Cassell« –
sie sprach es Ale-xxonder aus – »hat seine in die Tasche gesteckt, und sie pappten zusammen.« Sie quietschte begeistert und saugte wieder an ihrem Toast. »Fertig. Willst du mitkommen und meine Zeichnung ansehen?« Sie rutschte von ihrem Stuhl. »Hier entlang. Meine Mummy sagt, daß ich besser zeichnen kann als sie. Meine Lieblingsfarbe ist Rosa und Mummys Schwarz, aber ich hasse Schwarz, nur Anatoly nicht, und dabei ist er ganz
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