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Ein sicheres Haus

Titel: Ein sicheres Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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in allen Zeitungen. Und alles.« Vage wies sie auf das Fenster, auf die Welt dort draußen. »Und Samantha sitzt hier so ruhig wie nur etwas, und dabei will ich ihr doch nur helfen. « Sie machte eine Pause, und vielleicht hätte ich mich vorgebeugt und sie umarmt, aber ich sah, wie sie sich einen Ruck gab und das sagte, was sie sich vorgenommen haben mußte, nicht zu sagen. »Es ist ja nicht so, als ob Samantha das zum erstenmal passiert wäre.«
    »Joan …«
    »Ist schon gut, Dad«, sagte ich und meinte es ernst. Der Schmerz, daß meine Mutter so etwas zu mir sagte, war so intensiv, daß er fast wie eine perverse Lust wirkte.
    »Elsie sollte überhaupt nicht hier sein«, sagte meine Mutter.

    »Sie sollte mit zu uns kommen.«
    Sie erhob sich halb, als wollte sie sich auf der Stelle mit meiner Tochter auf den Weg machen.
    »Nein«, sagte ich. »Elsie bleibt hier.« Wie auf ein Stichwort erschien Elsie im Wohnzimmer, ihre letzten Smarties kauend.
    Ich hob sie auf meinen Schoß und legte das Kinn auf ihren Kopf.
    Es klopfte an der Tür.
    »Wer ist da?« rief ich.
    »Ich. Michael.«
    Ich ließ ihn ein und machte schnell die Tür hinter ihm zu. Er zog seinen Mantel aus, und ich sah, daß er alte Jeans und ein verblichenes Baumwollhemd trug, aber sonst sah er entspannt aus, gelassen.
    »Ich habe Räucherlachs und dunkles Brot und eine Flasche Sancerre mitgebracht, ich dachte, wir könnten … oh, hallo, Mrs. Laschen, Mr. Laschen.«
    »Sie gehen gerade, Michael«, sagte ich.
    »Aber Samantha, wir sind doch eben erst …«
    Mein Vater nickte meiner Mutter heftig zu und nahm ihren Arm.
    Schweigend half ich ihnen in die Mäntel und lotste sie zur Tür.
    Meine Mutter drehte sich nach Michael und mir um. Ich weiß nicht, was mich mehr beunruhigte, ihre Verwirrung oder ihre Zustimmung.

    An diesem Abend wartete Elsie in meinem Bett auf mich. Als ich unter die Decke schlüpfte, bewegte sie sich, schlang einen Arm wie einen Tentakel um meinen Hals, bettete ihr Gesicht an meine Schulter, seufzte. Und darin, mit der wunderbaren Leichtigkeit, die Kinder besitzen, machte sie die Augen zu und schlief wieder ein. Ich lag lange wach. Draußen herrschte mondlose Finsternis. Alle waren nach Hause gegangen; ich hörte nur den Wind in den Bäumen und ein- oder zweimal den schwachen Schrei eines Vogels draußen auf dem Meer. Ich legte eine Hand auf Elsies Brust und spürte ihren Herzschlag. Ab und zu murmelte sie etwas Unverständliches.
    Michael war an diesem Abend nicht lange geblieben. Er hatte den Wein geöffnet und mir ein Glas eingeschenkt, das ich in mich hineinschüttete, ohne etwas zu schmecken, als wäre es Schnaps. Er hatte Butter, die er mitgebracht hatte, auf dunkle Brotscheiben gestrichen und mit Räucherlachs belegt, der mich schrecklich an rohes Menschenfleisch erinnerte, also knabberte ich nur ein bißchen an der Kruste herum. Wir redeten nicht viel.
    Er erwähnte ein paar Einzelheiten von der Konferenz in Belfast, von denen er glaubte, sie könnten mich interessieren. Ich sagte nichts, sondern starrte in die sterbende Glut des Feuers, das mein Vater angezündet hatte. Anatoly strich mit seinem schwarzen Fell um unsere Beine und schnurrte laut.
    »Es wirkt so irreal, so unglaublich, nicht?« sagte er. »Ich kannte Finn seit Jahren«, sagte er. »Seit Jahren.«
    Ich antwortete nicht. Ich konnte nicht einmal nicken.
    »Ja, also.« Er stand auf und zog seinen Mantel an. »Ich gehe jetzt, Sam. Werden Sie schlafen können? Soll ich Ihnen etwas geben?«
    Ich winkte ab. Als er fort war, ging ich nach oben. Ich hielt Elsie an mich gedrückt und starrte mit großen, trockenen Augen in die Dunkelheit.

    25. KAPITEL
    »Das ist eine schlimme Sache, diese Selbstmorde.«
    »Ich werde damit fertig.«
    »Schlimm für uns, meine ich.«
    »Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
    Geoff Marsh fingerte an seinem Krawattenknoten herum, als könne er allein durch Berührung feststellen, ob er in der Mitte seines Halses saß. Dieses Treffen war vierzehn Tage zuvor vereinbart worden, um über mögliche neue Geldquellen, die sich eröffnet hatten, zu sprechen. Wir waren bei einer Tasse Kaffee zusammengesessen, und ich war schon aufgestanden, um zu gehen, als er mich wieder bat, Platz zu nehmen, und anfing, besorgt auszusehen.
    »Das hätte zu keinem schlechteren Zeitpunkt passieren können«, sagte er.
    Ich unterdrückte eine Erwiderung und schwieg.
    »Sie hätten es uns sagen sollen, Sam.«
    »Was hätte ich Ihnen sagen sollen, Geoff?«
    Geoff griff

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