Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)
ich mir schon gedacht«, meinte Simon und verzog das Gesicht. »Was hast du gemacht? Das Mädchen kompromittiert?«
»Tja …«
»Also nicht.«
»Das ist eine lange Geschichte. Es reicht zu erwähnen, dass wir Gegenstand einer Wette mit ein paar Leuten aus London wurden. Ich folgte ihr zur Landpartie der Bramfields, und wir verbrachten ein paar sehr angenehme Tage damit, einander zu ärgern. Nur gingen wir zu weit und wurden ertappt.«
»Ertappt wobei?«, wollte Simon wissen.
»Nur beim Küssen. Aber offensichtlich waren wir bereits in den Tagen zuvor etwas indiskret gewesen, denn Bramfield drängte uns zu einer sofortigen Heirat.«
»Leo.« Simon nahm einen Schluck von seinem Brandy und fuhr sich dann mit einer Hand durchs Haar. »Verdammt.«
Leo beugte sich über den Tisch. »Du denkst wahrscheinlich, nach Louisa sollte ich meine Lektion gelernt haben, doch Susanna hat etwas, das mich richtiggehend den Kopf verlieren ließ. Man hätte mich nicht dazu zwingen müssen, sie zu heiraten – ich wollte es. Sie musste vielmehr gezwungen werden.«
»Warum nur«, warf sein Bruder trocken ein.
»Ich habe sie entführt, ehe sie sich aufs Land zurückziehen konnte, und brachte sie nach Gretna Green. Das war nicht gerade ein vielversprechender Anfang.«
»Jetzt klingt sie dem Anschein nach sehr glücklich.«
»Ich glaube, das ist sie auch – ich hoffe es zumindest«, fügte Leo hinzu. Er erinnerte sich an seine Erleichterung, als er bei Simons und Louisas Ankunft sehen konnte, wie glücklich die beiden nach wie vor wirkten. Eigentlich schienen sie einander sogar noch mehr zu lieben. »Die Sache ist die: Woher weiß ich, wie man ein guter Ehemann wird? Wir hatten ja nicht gerade das beste Beispiel für die perfekte Ehe vor Augen.«
»Keiner führt die perfekte Ehe. Es gibt immer Momente, in denen man Kompromisse schließen muss, und einer ist meist enttäuscht. Diese Erfahrung dann zu teilen – das ist es, was zählt.«
»Solch weise Worte aus dem Mund meines Bruders.«
»Ich hätte nie gedacht, dass du mich einmal so etwas fragen würdest«, gestand Simon.
Leo gab nur ein Brummen von sich. Es fiel ihm schwer einzugestehen, wie unsicher die Ehe einen Mann machen konnte, selbst einen so arroganten und selbstbewussten Kerl wie ihn. »Simon, was Mutter und Vater angeht – haben die eigentlich immer schon gestritten? Selbst in deiner frühesten Kindheit?«
»Ja, aber ich kann dir nicht sagen, wann das genau war. Ich war vier, als du geboren wurdest, und eigentlich setzt meine Erinnerung erst da ein.«
»Tja, ich war wohl von Anfang an unvergesslich«, murmelte Leo. »Und davor weißt du von nichts mehr?«
Simon zuckte die Achseln. Ein nachdenklicher Ausdruck lag auf seinem Gesicht, die blinden Augen waren blicklos in die Ferne gerichtet. »Du weißt ja, dass sie uns meist unserem Kindermädchen überließen.«
»Damals fanden sie uns offenbar völlig uninteressant.«
Simon lachte, bevor seine Miene wieder ernst wurde. »Jetzt, wo du verheiratet bist, versuche nicht an jede Einzelheit der Ehe unserer Eltern zu denken. Du kannst durchaus eine glückliche Ehe führen trotz des negativen Beispiels, das sie uns gegeben haben. Schau Louisa und mich an!«
»Vielleicht wollte ich lange nicht heiraten, weil ich der Meinung war, es nicht besser machen zu können«, meinte er nachdenklich.
»Du weißt, dass das nicht stimmt. Ich kann deine Frau zwar nicht sehen, jedoch ihre Stimme hören. Du hast sie glücklich gemacht, Leo, und das will eine Menge heißen.«
Obwohl ihm noch viele Fragen auf der Zunge lagen, brachte er es nicht über sich, seinen Lehrer zu erwähnen und Simons ohnehin gespanntes Verhältnis zu seiner Mutter zusätzlich zu belasten. Damit aber blieben für ihn die bohrenden Fragen. War er schuld an den Eheproblemen der Eltern?
An diesem Abend ging Leo im Schlafzimmer auf und ab, ohne Susannas prüfende Blicke zu bemerken. Sie spürte, dass ihm etwas auf der Seele lag und das Gespräch mit seinem Bruder keine Klarheit gebracht hatte.
»Louisa ist ein wundervoller Mensch«, meinte Susanna schließlich unverbindlich.
Er schob den Vorhang zur Seite und schaute nach draußen in die Dunkelheit. »Das ist sie.« Er drehte den Kopf, um seine Frau anzusehen, und zog dabei mit einem leicht ironischen Lächeln die Augenbrauen hoch. »Ist es ein seltsames Gefühl, eine Frau um sich zu haben, der ich einmal nachgestiegen bin? Glaub mir, außer euch beiden gibt es keine andere, die ich beinahe kompromittiert
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