Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
Wahrheit auch nur im geringsten näherzukommen.
Anfangs ist Zweifel natürlich: Warum rezitieren wir? Warum schlafen wir sowenig? Warum sitzen wir mit geschlossenen Augen? Solche Fragen entstehen, wenn wir zu praktizieren beginnen. Wir müssen all die Ursachen, die zu Leiden führen, erkennen – das ist das wahre Dharma, das sind die Vier Edlen Wahrheiten; das wahre Dharma ist nicht irgendeine bestimmte Meditationsmethode. Wir müssen beobachten, was tatsächlich geschieht. Wenn wir die Dinge beobachten, werden wir erkennen, daß sie unbeständig und leer sind, und ein wenig Weisheit entsteht. Dennoch merken wir, daß Zweifel und Langeweile immer wieder zu uns zurückkehren, weil wir die Realität noch nicht wirklich erkennen, sie nicht klar sehen. Dies ist kein negatives Zeichen. All dies ist Teil dessen, womit wir arbeiten müssen, es geht um unsere eigenen Geisteszustände, unser Herz und unseren Geist.
Den Buddha suchen
Ajahn Chah ist in bezug auf das Kommen und Gehen seiner westlichen Schüler ungewöhnlich tolerant. Traditionellerweise wird ein neuer Waldmönch zumindest fünf Regenretreats mit seinem ersten Lehrer verbringen, bevor er seine asketische Wanderschaft beginnt. Ajahn Chah betont Disziplin als einen wesentlichen Teil seiner Praxis – genaues und sorgfältiges Umgehen mit den Mönchsregeln sowie Hingabe an das klösterliche Leben und die Gemeinschaft. Doch irgendwie ist das Reisen den westlichen Mönchen, als ob sie bevorzugte Kinder wären, mehr als sonst üblich erlaubt worden, damit sie auch andere Lehrer besuchen können. Wenn jemand abreist, wird normalerweise nicht viel Aufhebens davon gemacht; es gibt keine großartigen Andenken zu bewahren. Das Leben im Dharma ist unmittelbar, vollständig und vollkommen. Ajahn Chah hat einmal gesagt, daß von dort, wo er sitzt, »niemand kommt und niemand geht.«
Nach nur anderthalb Jahren der Praxis in Wat Pah Pong erhielt ein Amerikaner die Erlaubnis, auf Reisen zu gehen. Er wollte andere thailändische und birmanische Lehrer aufsuchen und bei ihnen lernen. Ein oder zwei Jahre später kehrte er zurück, erfüllt von Geschichten über seine Reisen, über die vielen Monate außergewöhnlicher, intensiver Praxis und über eine Reihe bemerkenswerter Erfahrungen. Nachdem er die üblichen Verbeugungen gemacht hatte, wurde er begrüßt, als sei er nie fort gewesen. Am Ende der morgendlichen Dharmadiskussion und der Gespräche Ajahn Chahs mit Mönchen und Besuchern, wandte sich Ajahn Chah ihm schließlich zu und fragte, ob er irgendein neues oder besseres Dharma außerhalb des Waldklosters gefunden habe. Nein, er habe viele neue Dinge in seiner Praxis gelernt, doch diese seien eigentlich auch in Wat Pah Pong zu finden. Das Dharma ist immer direkt hier, für jeden zu sehen und zu praktizieren.
»Ach ja«, lachte Ajahn Chah, »das hätte ich dir auch sagen können, bevor du gingst, doch du hättest es nicht verstanden.«
Dann ging der Mönch zur Hütte von Ajahn Sumedho, dem rangältesten westlichen Schüler Ajahn Chahs, und erzählte ihm all seine Geschichten und Abenteuer, sprach von dem neuen Verständnis, das er gewonnen hatte, und von seinen großen Einsichten in die Praxis. Ajahn Sumedho hörte in Ruhe zu und kochte Nachmittagstee aus den Wurzeln gewisser Waldpflanzen. Als die Geschichten zu Ende berichtet und die Erkenntnisse alle aufgezählt waren, lächelte Ajahn Sumedho und sagte: »Ah, wie wunderbar. Wieder etwas zum Loslassen.« Nur das, mehr nicht.
Aber die Menschen aus dem Westen kamen und gingen weiterhin, um diese Lektionen selbst zu lernen. Manchmal gab Ajahn Chah ihren Reisen seinen Segen; oft jedoch machte er sich über sie lustig.
Ein englischer Mönch, der unschlüssig auf seiner Suche nach dem perfekten Leben, dem perfekten Lehrer hin- und herschwankte und viel herumgekommen war, hatte sich mehrere Male ordinieren lassen, mehrere Male die Roben angenommen und wieder abgelegt. »Dieser Mönch«, tadelte Ajahn Chah schließlich, »hat Hundekot in seiner Mönchstasche, und er denkt, daß es überall schlecht riecht.«
Ein anderer Mönch aus England, der vieles ausprobiert hatte – er war vom Kloster zurück nach Europa gegangen, hatte Jobs angenommen, heiratete, wurde mehrmals Mönch -, saß eines Tages vor Ajahn Chahs Hütte. »Dieser Mönch sucht nach einer Schildkröte mit Schnurrbart«, erklärte Ajahn Chah der Versammlung. »Wie weit, denkt ihr, wird er reisen müssen, um sie zu finden?«
Aus Enttäuschung ging ein anderer
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