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Ein süßer Sommer

Ein süßer Sommer

Titel: Ein süßer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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alte Bock sie angefasst hatte. Ich würde ihn abknallen, mir eine von der Berettas aus dem Waffenschrank der Agentur nehmen und so lange abdrücken, bis das Magazin leer war und der Schmerz nachließ. Hamacher schlug mit der Faust auf den Tisch. Seine Stimme klang ebenfalls nach Donnergrollen.
    «Was hast du dir dabei gedacht? Du kennst die Familie, hast mit denen schon Tee getrunken. Was ist das für eine verfluchte Geschichte? Gerswein ihr Vater? Dass ich nicht lache. Ihre Mutter ist Anfang sechzig.» Noch während er das sagte, drückte er auf die Gegensprechanlage und verlangte mit dem nächsten Atemzug, Frau Grubert solle die Abschrift der Bandaufnahme vom . Juli hereinbringen. Das war der Mittwoch gewesen, den Candy mit Gerswein in seinem Ausweichquartier verbracht hatte. Und Hartmut Bender hatte mitgehört und aufgezeichnet. Abgetippt las es sich relativ harmlos. Von Candy zählte ich insgesamt achtmal das Wort
    «nicht». In Verbindung mit Gersweins verbalen Reaktionen und den diversen anderen, vom Band übernommenen Geräuschen ergab sich daraus, dass er ihr immerzu an die Wäsche wollte, und sie ließ ihn nicht. So hatte Hartmut Bender es mir ja auch erzählt. Aber von sterbenden Robbenbabys oder der japanischen Walfangquote war nicht die Rede gewesen. Einmal fragte Gerswein:
    «Was ist denn los mit dir?» Ein andermal stellte er fest:
    «Am Samstag hat es dir doch gefallen.» Nicht sehr einfallsreich, fand ich. Und Candy konterte:
    «Ich hatte zu viel getrunken.» Mir wurde speiübel. Ich sah sie noch einmal vor dem Toilettenbecken auf dem Boden knien und sich das Herz aus dem Leib würgen.
    «Es sind die Schnecken, Mike.» Irrtum, es war ein Wurm gewesen, ein widerlicher, steifer Wurm, der sich in ihre Eingeweide gebohrt hatte. Ich sah sie in der Duschkabine stehen, wo sie wohl versucht hatte, ihn sich wieder vom und aus dem Leib zu waschen. Und später dann in meinem Bett.
    «Halt mich fest, Mike.» Wäre es nicht so verdammt persönlich gewesen, ich hätte sie bewundert, doch wirklich, das hätte ich, sie bewundert für die reife schauspielerische Leistung. Was war ich denn in der Nacht für sie gewesen? Ein Radiergummi? Manchmal zeichnen Kinder irgendwelche Figuren in ihre Schulhefte, obwohl sie wissen, dass es sich nicht gehört. Und dann greifen sie eben zu einem Gummi. Kein schmeichelhafter Vergleich für mich, aber wahrscheinlich ein treffender.
    «Wohnt sie noch bei dir?», wollte Hamacher wissen. Ich nickte gegen die Sturzflut in meinem Schädel an.
    «Du fährst jetzt auf der Stelle nach Hause», polterte er,«und holst diese Scheherezade her, zusammen mit ihren Fotos und dem Märchenbuch.» Das überlegte er sich jedoch schnell anders, kam wohl zu der Erkenntnis, dass es ein großer Fehler wäre, mich jetzt allein loszuschicken. Weil ich sie vielleicht tot geprügelt hätte. Weil ich sie liebte, wie ich noch nie vorher eine Frau geliebt hatte. Weil sie mit Gerswein geschlafen haben musste, schon an dem Samstagabend, weil sie nun mit ihm in die Karibik fliegen wollte. Weil sie mich belogen hatte, von hinten bis vorne belogen, betrogen und schamlos ausgenutzt. Dass ich eines Tages so denken würde, hatte sie ja gesagt. Und das war ausnahmsweise mal die Wahrheit gewesen.

125. Kapitel 
    Ich kam mir so hilflos vor, hing in der Luft, strampelte mit den Beinen, hatte keinen Boden mehr unter den Füßen. Hamachers Wutausbruch verklang. Er sah, was er mit der Bandabschrift angerichtet hatte, und rief noch einmal über die Gegensprechanlage nach Frau Grubert. Sie sollte umgehend Uli Hoger aus seinem wohlverdienten Urlaub reißen. Außerdem sollte sie das gesamte Material bringen, das Philipp Assmann in Hamburg zusammengetragen hatte. Er hatte noch nicht die Zeit gehabt, alles durchzuschauen, und meinte nun, es gäbe vielleicht einen Hinweis auf ein weiteres Familienmitglied. Ich schätze, damit wollte er mich nur ablenken. Bis zu Uli Hogers Eintreffen gingen wir Philipps Berichte und die von ihm gemachten Fotos durch. Es half nicht viel gegen diesen Schmerz, der mir auch völlig neu war. Fünf Personen lebten normalerweise in der schönen, alten Villa in Blankenese. Rüdiger und Helen, Edgar und Margarete und Candy. Candys Mutter hieß Margarete, und das nicht erst seit gestern, sondern seit Jahr und Tag. Candys Vater hieß Edgar, war siebenundsechzig Jahre alt und Meeresbiologe, seit zwei Jahren im Ruhestand. Candy hatte zwei Brüder. Rüdiger, der ältere, und Tom, der jüngere, der mit seiner

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