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Ein süßer Traum (German Edition)

Ein süßer Traum (German Edition)

Titel: Ein süßer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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klagte, wusch Sylvia ihn gründlich. Rebecca wandte den Blick vom Beweis der Männlichkeit des Paters ab und murmelte immer wieder, es tue ihr leid. »Es tut mir so, so leid, Pater, es tut mir so, so leid.«
    Ein frisches Nachthemd. Limonade. Ein neuer Zyklus kündigte sich an – mit dem heftigen Zittern und Schwitzen, das die Malaria mit sich bringt, und er biss die Zähne zusammen und klammerte sich an die eisernen Stangen am Kopfende seines Bettes. Den Schüttelfrost, die Quartana, die Tertiana, das Zittern, die Starre, die Anfälle, das Beben dieser Krankheit, die vor nicht allzu langer Zeit noch in den Sümpfen von London und in den italienischen Sümpfen gebrütet hatte und die man neuerdings aus Sumpfgebieten in aller Welt mit nach Hause brachte, hatte Sylvia noch nie mit eigenen Augen gesehen, bevor sie hierhergekommen war, aber sie hatte im Flugzeug darüber gelesen. Und jetzt gab es anscheinend keinen Tag mehr, an dem nicht ein matter, erschöpfter Mensch auf den Schilfmatten unter den Grasdächern zusammenbrach und zitternd liegen blieb.
    »Nehmen Sie Ihre Tabletten?«, schrie Sylvia – man wird taub davon, von der Malaria oder von den Tabletten –, und Pater McGuire sagte, er nehme sie, aber weil er das Zittern drei- oder viermal jährlich bekomme, glaube er, dass Tabletten ihm nicht mehr halfen.
    Als dieser Anfall zu Ende war, war er von neuem durchnässt, und das Bett wurde wieder frisch bezogen. Rebecca zeigte, wie erschöpft sie war, als sie die Laken hinaustrug. Sylvia fragte, ob es im Dorf nicht eine Frau gebe, die bei der Wäsche helfen könne. Rebecca sagte, alle hätten zu tun. »Und was ist mit Ihren Schwestern?«, sagte Sylvia zu dem kranken Mann. Er sagte: »Ich glaube, das würde Rebecca nicht gefallen.« Rebecca war sehr auf ihre Stellung bedacht und wollte sie mit niemandem teilen. Sylvia hatte es aufgegeben, diese komplizierten Rivalitäten verstehen zu wollen, und schlug nun Aaron vor. Der Priester versuchte einen Witz zu machen: Aaron sei jetzt ein Intellektueller, und man könne ihn nicht bitten, so eine Arbeit zu tun. Er stand am Anfang eines Studiums bei Pater McGuire, das ihn zum Priester machen würde.
    Wäre Aaron sich zu gut dafür, die Bäume und das Gebüsch nach Mückenlarven abzusuchen? »Ich glaube, Sie werden feststellen, dass er sich zu gut dafür ist.« »Warum dann nicht die Nonnen?« Sylvia beherrschte sich und sagte nicht, dass sie offenbar nicht viel taten, aber Pater McGuire erklärte ihr, dass sie eine Larve nicht erkennen würden, wenn sie eine sähen. »Unsere guten Schwestern sind nicht gerade versessen auf den Busch.«
    Sylvia wusste: Mücken legen ihre Eier in jedem Gewässer ab, das sie finden können. Die schwarzen Larven sind in dieser Lebensphase schon so energiegeladen wie später, wenn sie jemanden suchen, den sie aussaugen können, und man findet sie in einem zusammengerollten alten, vertrockneten Papayablatt oder in einem verrosteten Keksdosendeckel, der versteckt unter einem Busch liegt. Am Vortag hatte sie Larven unter den gekrümmten Wurzeln einer Maispflanze in einer winzigen Höhlung gesehen, die ein Rinnsal gegraben hatte, das von einer Überschwemmung übrig geblieben war. Während sie zusah, saugte die Sonne das Wasser auf, und die Larven schienen verloren, also tötete sie sie nicht, aber zwei Stunden später kam ein Platzregen, und wenn sie nicht auf die Erde gespült worden waren, um dort zu sterben, würde sich der Kreislauf triumphierend schließen.
    Pater McGuire war anscheinend nur halb bei Bewusstsein. Sie dachte, dass es ihm schlechter ging, als er wusste – auf lange Sicht; diese Attacke würde er bald überstanden haben. Weil sein Gesicht gerötet war, konnte man nicht gut sehen, dass eine gewisse Blässe darunter lag, ein Gelbstich geradezu. Er war blutarm. Das kam von der Malaria. Er sollte Eisentabletten nehmen. Er sollte Ferien machen. Er sollte …
    Draußen in der Nacht wirbelten weiße Formen im Wind, den der kommende Regen brachte: die große Wäsche, die Rebecca zuvor gemacht hatte. Sylvia saß bei dem dösenden Mann, wartete auf den nächsten Paroxysmus und schaute sich in aller Ruhe im Zimmer um.
    Ziegelwände wie bei ihr, die gleiche Decke aus gespaltenem Schilfrohr, der Ziegelfußboden. In einer Ecke eine Statue der Jungfrau. An den Wänden wieder die Jungfrau, konventionelle Darstellungen, die von der italienischen Renaissance inspiriert waren, wenn auch nur entfernt, in Blau und Weiß und mit gesenktem Blick,

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