Ein süßer Traum (German Edition)
sie zu sagen vermieden. Wenn es etwas gab, was dieser Buschdoktor so gut und besser als jeder gewöhnliche Arzt verstand, dann war es der Wert eines fröhlichen Gemüts; und es war offensichtlich, dass ein Großteil seines
muti
, der Sprüche und Praktiken diesem einen Zweck diente: ein optimistisches Immunsystem in Gang zu halten. Aber wenn sie und dieser gescheite Mann einen bestimmten Blick tauschten, dann bedeutete das, dass ihr Patient schon bald zwischen den Bäumen auf dem neuen Friedhof liegen würde, der im Grunde ein Aids- oder Slim-Friedhof war und ein ganzes Stück vom Dorf entfernt lag. Die Gräber wurden tief ausgehoben, denn man fürchtete, dass das Böse, das die Menschen getötet hatte, entkommen und andere angreifen könnte.
Clever – und nicht etwa Rebecca – hatte Sylvia erzählt, dass diese vernünftige und praktische Frau, auf die sie und der Priester sich verließen, daran glaubte, dass ihre drei Kinder gestorben waren und dass ein viertes krank war, weil die Frau ihres jüngeren Bruders, die sie schon immer gehasst hatte, einen stärkeren
n’ganga
als den örtlichen beauftragt hatte, die Kinder anzugreifen. Sie war unfruchtbar, das war das Problem, und sie glaubte, Rebecca wäre dafür verantwortlich und hätte für Talismane und Tränke und Sprüche bezahlt, damit sie kinderlos blieb.
Manche glaubten, sie wäre kinderlos, weil man in ihrer Hütte mehr gestohlene Dinge aus dem verlassenen Krankenhaus fand als in allen anderen. Ein Gegenstand galt unter den gestohlenen Gütern als gefährlichster, der Zahnarztstuhl, der früher mitten im Dorf gestanden hatte, wo die Kinder auf ihm spielten; aber dann hatte man ihn weggebracht und in eine Schlucht geworfen, um seinem bösen Einfluss zu entgehen. Grüne Meerkatzen spielten jetzt darauf, ohne Schaden zu nehmen, und einmal hatte Sylvia einen alten Pavian mit einem Grashalm im Maul darauf sitzen sehen, der sich nachdenklich umsah wie ein Großvater, der seine Tage auf einer Veranda zubringt.
Edna Pyne stieg in den alten Lastwagen, um zur Mission zu fahren, denn sie wurde verfolgt von etwas, das sie ihren schwarzen Hund nannte. Er hatte sogar einen Namen. »Pluto ist mir wieder auf den Fersen«, sagte sie dann, und sie behauptete, die beiden Haushunde Sheba und Lusaka wüssten, wenn ihr schattenhafter Verfolger anwesend war, und knurrten ihn an. Cedric lachte nicht über dieses Hirngespinst, auch wenn sie es ins Lächerliche zog, sondern sagte, sie sei mit ihrem abergläubischen Unsinn beinahe so schlimm wie die Schwarzen. Noch vor fünf Jahren hatte Edna auf den Farmen in der Nähe Freundinnen gehabt, die sie besuchen konnte, wenn sie traurig war, aber jetzt war niemand mehr da. Die ehemaligen Nachbarn hatten jetzt Farmen im australischen Perth, in Devon, oder sie waren nach Südafrika »entwischt« – sie hatten Simlia verlassen. Edna hungerte nach Gesprächen mit Frauen, denn sie hatte das Gefühl, in einer Wüste der Männlichkeit zu sein: ihr Mann, die Männer, die im Haus und im Garten arbeiteten, die Leute, die ins Haus kamen, Regierungsinspektoren, Landvermesser, Experten für Bewässerung und die neuen schwarzen Wichtigtuer, die immer mehr Bestimmungen verhängten. Alle waren Männer. Sie hoffte, dass Sylvia Zeit hatte für einen Schwatz, obwohl sie Sylvia nicht so gerne mochte, wie sie es verdient hätte. Sie war zu bewundern, ja, aber gleichzeitig war sie ein bisschen verrückt. Als sie zu Pater McGuires Haus kam, schien niemand da zu sein. Edna trat in das kühle, dunkle Innere, und da kam Rebecca aus der Küche und hielt einen Lappen in der Hand, der sauberer hätte sein können. Aber die Dürre setzte der Reinlichkeit auch in ihrem eigenen Haus Grenzen: Das Wasser im Bohrloch stand niedriger als je zuvor.
»Ist Doktor Sylvia da?«
»Sie ist im Krankenhaus. Da hat ein Mädchen Wehen. Und Pater McGuire hat den Wagen genommen und ist zu Besuch zu dem anderen Pater in der alten Mission gefahren.«
Edna setzte sich, als hätte man ihr einen Stoß gegen die Knie versetzt. Sie ließ den Kopf nach hinten gegen die Stuhllehne fallen und schloss die Augen. Als sie sie aufschlug, stand Rebecca vor ihr und wartete.
»Gott«, sagte Edna, »mir reicht’s, mir reicht’s wirklich.«
»Ich mache Ihnen Tee«, sagte Rebecca und wandte sich zum Gehen.
»Was meinen Sie, wie lange Doktor Sylvia braucht?«
»Ich weiß nicht. Es ist eine schwierige Geburt. Das Baby ist in der Steißlage.«
Auf diesen klinischen Ausdruck hin riss Edna
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