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Ein Tag wie ein Leben: Vom Krieg (German Edition)

Ein Tag wie ein Leben: Vom Krieg (German Edition)

Titel: Ein Tag wie ein Leben: Vom Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkadi Babtschenko
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Spezialeinheit der Luftlandetruppen. Später kam er nach Tadschikistan. Mit dem Zerfall der Sowjetunion quittierte er den Wehrdienst und arbeitete im Sicherheitsdienst für Lufttransporte und reiste um die halbe Welt – die russischen Unternehmen erschlossen sich damals aktiv den Westen, den Nahen Osten, Afrika. Er diente in der israelischen Armee und war viermal für die amerikanische Armee im Irak im Einsatz. Er ist Staatsbürger der USA . Kürzlich ist er in seine Heimat zurückgekehrt.
    Es geht ihm gut. Er hat eine Familie, zwei Söhne, ein Haus bei Moskau, in dem auch alte Kameraden von ihm wohnen. Wie ständiger Stationierungsort. Er ist unternehmerisch tätig und gerade dabei, eine eigene Organisation für Veteranen von Friedensmissionen zu gründen. Er befindet sich im dauerhaften Standby-Betrieb.
    Seinen wahren Namen will er nicht genannt wissen. Michail ist ein Pseudonym.
    «Wie bist du in den Irak gekommen?»
    «In den Neunzigern habe ich den Dienst quittiert und war als Sicherheitsmann für Lufttransporte tätig. Hab mich in der Welt herumgetrieben. Du weißt doch, damals wollten alle nach Amerika, dort eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Und wir flogen zum Arbeiten dorthin. Da habe ich mich bei der Marineinfanterie beworben. Offiziell gibt es bei denen keine Fremdenlegion, aber eine Art Anwerbung schon. Die USA haben schon vor dem elften September ziemlich aktiv Drittbürger eingesetzt, auch wenn das nicht groß hinausposaunt wurde. Damals interessierte sie Afghanistan – besonders Kandahar. Uns war es egal, wohin, Hauptsache, wir kriegen eine Green Card. Aber dieser Plan kam ins Stocken, die Staatsangehörigkeit wurde uns verweigert. Einmal hieß es, die Sprachkenntnisse reichen nicht, dann dies, dann jenes. Sie sind dort ganz sanft, sie sagen dir nicht: Verpiss dich, du Trottel. Sie sagen: Wir setzen uns mit Ihnen in Verbindung. Dann vergeht ein halbes Jahr, ein ganzes … Bis du kapierst, dass du durchs Raster gefallen bist.
    Wir sind zurück zu den Frachttransportern. Und in Afrika haben wir einen Amerikaner kennengelernt, einen ehemaligen Marineinfanteristen. Dieser Mann warb Leute für Jugoslawien an, für die internationalen Polizeikräfte. Früher hatte er auf dem Flughafen in Domodedowo gesessen. In Moskau sind wir uns dann wieder über den Weg gelaufen, er gab mir seine Telefonnummer und schlug vor, nach Italien zu fliegen, um dort alles konkret zu besprechen. Unser Kollege kam, wir haben unsere Papiere übergeben. In Italien stellte dieser Amerikaner uns die Frage: Wenn man euch sagt, ihr sollt auf eigene Kosten in irgendein Land fliegen und dort ein Interview machen, seid ihr bereit? Wir waren einverstanden. Wer gesagt hat: Nein, ich hab überhaupt kein Geld, der wurde rausgekickt. Nach einiger Zeit kam eine Einladung ins Konsulat.»
    «Das heißt, das alles war ganz offiziell?»
    «Schwer zu sagen, offiziell, nicht offiziell? Ganz Russland stand doch unter Kuratel: Was die dort gesagt haben, wurde gemacht. Anwerbezentren gab es nicht nur in Moskau, auch in Saratow, in Smolensk. Das wussten alle. Meine Kameraden zum Beispiel wurden in Italien angeworben, in Rimini, unter der Anzeigetafel auf dem Bahnhof. Sie wurden in einen Laster gesetzt und zur Militärbasis gebracht. Am Ende landeten auch sie in Bahrein, dort befinden sich das Hauptrekrutierungslager und das Ausbildungszentrum. Von dort ging es dann weiter nach Kalifornien.
    Aber ich dachte nicht, dass etwas daraus wird. Das zog sich über mehrere Jahre hin. Mal kamen irgendwelche E-Mails. Dann wieder Anrufe, um etwas zu klären. Ein Typ rief an – ich sollte Englisch mit ihm sprechen. Er fragte irgendeinen Scheiß, und ich antwortete ihm. Er dachte von mir bestimmt: Was für ein Trottel. Und ich dachte das Gleiche von ihm.
    Das erste konkrete Gespräch war in Jacksonville im Staate Florida, dann in den Arabischen Emiraten, in Dubai. Dann in Bahrein. Dort einen Monat körperliche Ausbildung und Prüfung auf Kommunikationstauglichkeit. Die Auslese war ziemlich hart. Heute nehmen sie jeden, auch wenn er fast kein Englisch kann; damals war die Auswahl sehr streng.
    Ich kam in eine Einheit, die nach dem ersten Irakkrieg aufgelöst wurde. Aber weil ich nach dem zweiten Monat abreiste, um hier an der Akademie zu studieren, ist mir Afghanistan erspart geblieben, nur die anderen wurden hingeschickt. Nach Kandahar, Schindant und Mazar-i-Scharif. In Mazar-i-Scharif ist ein Junge von uns gefallen. Ich wurde einer Untereinheit zugeteilt, die

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