Ein toter Taucher nimmt kein Gold
an.
»Ja. Sie sind meine Lebensversicherung. Da auf diesem Schiff jeder nur an die Vernichtung des anderen denkt, sind wir zwei unter Wasser die sichersten Menschen auf der Welt. Dafür wird Hans sorgen.« Er blickte hinüber zu Damms, der ruhiger atmete. Pascale saß neben ihm und streichelte ihm Stirn, Gesicht und Brust. Es lag so viel Zärtlichkeit in ihren Händen, daß es Chagrin übel wurde vor Eifersucht und Wut.
»Die Weiber 'raus!« sagte Chagrin hart. »Nach hinten, in meine Wohnung. Wir Männer bleiben hier allein. Los, keine Diskussionen. Ellen, kochen Sie etwas! Und vergessen Sie nicht: Ich habe Hans und Peter bei mir und eine entsicherte Waffe. So schnell kann gar kein anderer sein, wie ich schieße. Also keine faulen Tricks, liebe Freundinnen …«
Später, am Abend, als das Meer von der untergehenden Sonne blutig war und der Himmel wie ein ausbrechender Vulkan loderte, saßen Faerber und Chagrin neben Peters Bett und spielten Poker. Die beiden Mädchen waren an Deck, Pascale am Bug, Ellen am Heck, jede für sich allein. Sie hatten einander nichts zu sagen, und wenn sie miteinander gesprochen hätten, wären es nur Bosheiten geworden.
Damms war noch immer bei Besinnung. Er sah dem Poker zu und schien sich langsam, aber sicher, zu erholen. Doch Faerber traute dem Zustand nicht. Plötzlich konnte nach dieser kurzen Phase des Wohlbefindens der endgültige Zusammenbruch kommen. Die medizinische Behandlung, die Damms jetzt genoß, war mehr als kläglich, sie war primitiv.
Plötzlich – Faerber hatte gerade eine Royal Flush in der Hand – sagte Peter ganz deutlich:
»Das ist die Rache des Admirals da Moya …«
»Red nicht solchen Blödsinn, Peter!« antwortete Faerber. »Du weißt, daß das ein billiger Aberglaube ist.«
»Denk an das Geheimnis um das Grab des ägyptischen Pharaos Tut-ench-Amun. Alle, die seine Grabkammer betreten hatten, starben später unter rätselhaften Umständen. Der Fluch des Pharaos, sagen die Ägypter. Hier ist der Fluch des Admirals. Ich habe ihm sein goldenes Medaillon, seinen Talisman, weggenommen …«
Chagrin warf seine Karten hin. »Wo ist das blöde Ding?« rief er. »Himmel noch mal, diesen Aberglauben fordere ich zum Duell! Wo ist es?« Er sah sich um, entdeckte die goldene Kette mit dem Medaillon an einem Nagel an der Wand, nahm sie ab und hängte sich die Kette um den Hals. Das große, handgearbeitete Medaillon mit dem Bild Karls V. lag auf seiner nackten Brust. Peter Damms starrte Chagrin lange an, dann sagte er, so laut er konnte: »Von jetzt an sind Sie ein toter Mann, Chagrin! Denken Sie an meine Worte.«
Chagrin lachte schallend, aber in seinem Inneren bohrte ein merkwürdiges Gefühl. Doch Angst, dachte er. Verdammt, nein, das gibt's nicht bei mir. Er legte die rechte Hand auf das Medaillon, griff mit der linken nach dem Kartenstapel und grinste Faerber an. »Los, weiterspielen!« rief er mit krampfhafter Fröhlichkeit. »Der dritte Mann spielt mit. Herr Admiral, welche Karte? Wieviel? Faerber, der Admiral will drei Karten, sagt er …«
Und tatsächlich spielte Chagrin für sich und Admiral da Moya, der als Geist zwischen ihnen zu sitzen schien. Und der Admiral gewann zehn Spiele hintereinander, bis Chagrin die Karten mit einem Fausthieb vom Tisch fegte und sagte:
»Schluß! Ich bin müde!«
Es klang wie eine Kapitulation.
In der Nacht legten drei Boote längsseits der Nuestra Señora an. Pedro Dalingues befehligte das Unternehmen selbst. Er hatte noch sieben andere Gauner von der Küste mitgebracht. Sie waren nun zwölf Mann und kamen sich sehr überlegen vor.
Es war ihr Unglück, daß Chagrin nicht schlafen konnte und mit sich rang, das Medaillon des Admirals wieder an den Nagel in der Kajüte zu hängen. Aber dann dachte er daran, wie höhnisch ihn Faerber anfeixen würde und wie selbst der sterbende Damms seine Freude daran haben würde. Er biß die Zähne zusammen, hielt das Medaillon in Augenhöhe und sagte laut: »Admiral, mit mir nicht! Ab morgen holen wir die Schätze 'rauf, und dann kommst du dran. Das verspreche ich dir! Du kommst in eine goldene Kiste und wirst in deinem geliebten Spanien mit allen Ehren begraben! Zufrieden? Dann hör aber auch auf, uns auf der Seele zu liegen …«
Er ging hinüber zu Faerbers Kajüte, sah, daß Hans und Damms schliefen, und beschloß, zu dem Heckaufbau zu gehen, um nach den Frauen zu sehen.
Gerade als er aus dem Kabinengang auftauchte, schoben sich die Köpfe von Jesus Maria und einem anderen
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