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Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Titel: Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simona Ahrnstedt
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mindestens eine deiner Wunden muss genäht werden.»
    Beatrice schlug die Augen auf. «Nein, geh nicht weg», flüsterte sie. «Bitte nicht. Ich will nicht allein bleiben.»
    «Dann musst du mir erlauben, dich zu untersuchen», beharrte er. «Ich werde ganz vorsichtig sein, aber ich muss nachsehen, ob du dir etwas gebrochen hast.»
    Ihr krampfhafter Griff um die Decke lockerte sich, und Seth ließ die Hände vorsichtig über ihre Beine gleiten, während er ihren Oberkörper dabei anstandshalber zudeckte.
    Sie schien sich langsam wieder aufzuwärmen, und ihr Puls wurde kräftiger. Konzentriert setzte er seine Untersuchung fort, tastete vorsichtig ihren Bauch ab und befühlte dann ihren Brustkorb und die Schultern. Als er ihr rechtes Schlüsselbein streifte, wimmerte sie leise. Mit geübten Fingern untersuchte er ihren Kopf und fand eine riesige Beule, aber keine weiteren offenen Wunden. Am schlimmsten hatte es ihren Arm erwischt, an dem sie eine nicht besonders lange, dafür aber sehr tiefe, unregelmäßige Wunde hatte. Sie musste sich an einem Stein aufgerissen haben.
    «Ich glaube nicht, dass du dir etwas gebrochen hast», sagte er zum Schluss. «Aber wahrscheinlich hast du dir das Schlüsselbein angeknackst. Und in den nächsten Tagen wirst du wohl eine Menge blaue Flecken kriegen.» Bekümmert sah er sie an. «Die Wunde an der Stirn muss gereinigt werden, das kann ich hier machen. Aber der Arm müsste genäht werden.»
    «Kannst du das denn nicht tun?», flüsterte sie.
    Er schüttelte den Kopf. «Ich habe kein Schmerzmittel in meiner Tasche.»
    «Wie viele Stiche wären es?», wollte sie wissen.
    «Zwei, vielleicht drei.»
    «Das schaffe ich ohne Betäubung», behauptete sie. «Sieh einfach zu, dass du sie sauber hältst. Und sei so schnell wie möglich. Du musst von beiden Enden nach innen nähen, so wird es am besten», schloss sie ihre Anweisungen und machte die Augen wieder zu.
    Seth starrte sie ungläubig an.
    Beatrice öffnete die Augen erneut und sah ihn an. «Was ist? Traust du dich nicht?»
    Er schüttelte den Kopf und fragte sich, ob er recht gehört hatte. Diese Frau war wahnsinnig. Ächzend stand er auf und holte ein kleines Paket aus seiner Satteltasche. Ihre Wunde würde er schon sauber halten, aber er dachte nicht im Traum daran, sie ohne Betäubung zu nähen. Er öffnete das wasserdicht verpackte Paket und musterte den Inhalt. Nadel, Faden, Verbandszeug und eine kleine Flasche reiner Alkohol – alles, was man brauchte. Er schnaubte. Wie kam er dazu, auch nur über so etwas nachzudenken? Seufzend schraubte er das Fläschchen auf und säuberte seine wenigen Instrumente, während er mit gerunzelter Stirn auf seine Hände starrte. Natürlich hatte er in Kriegszeiten auch ein paar Leute notdürftig zusammengeflickt, aber das hier … Verdammt noch mal. Er drehte sich um und sah, dass sie ihn beobachtete. Sie hatte wieder etwas Farbe im Gesicht, und ihr Atem schien stabiler. Trotzdem war es wahnwitzig – er war schließlich kein Arzt. «Bist du sicher?», fragte er und hoffte, dass sie Nein sagen würde.
    Beatrice nickte.
    «Ich mache es, so schnell ich kann. Wenn du es nicht aushältst, sag Bescheid», hörte er sich sagen und fragte sich, ob er jetzt auch verrückt geworden war.
    Beatrice sank in die Kissen zurück. Er fasste ihren zierlichen Arm und untersuchte die Wunde sorgfältig. Dann säuberte er sie gründlich mit Alkohol. Wahrscheinlich wäre es besser, wenn er ihr den Alkohol direkt einflößen würde, dachte er grimmig, als er ihr die Nadel ins Fleisch stach.
    Beatrice schrie so gellend auf, dass Seth zurückfuhr. Das war wirklich einer der schlechtesten Einfälle, die er in seinem Leben gehabt hatte. «Wenn du so schreist, schaffe ich das nie.» Ihm brach der Schweiß aus.
    «Entschuldige, ich war nicht darauf vorbereitet, dass es so wehtun würde», stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. «Mach weiter, ich werde jetzt ganz still sein.» Er sah sie skeptisch an.
    «Ich hab schon Schlimmeres erlebt», flüsterte sie und schloss die Augen wieder.
    Heilige Mutter Gottes! Seth holte zitternd Luft, starrte auf seine Nadel und überlegte, wann er zum letzten Mal in einer derart absurden Situation gewesen war. Er sah Beatrice an. Woher kam dieses Vertrauen? Er hatte nichts getan, um ihr Vertrauen zu verdienen. Aber wenn sie es wagte, dann konnte er schlecht dahinter zurückstehen. Doch es gab Grenzen, und das hier – Seth sah sich in der Hütte um, betrachtete die Nadel in

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